Von der Laufmaschine bis zum Hightech-Mobil
Das Fahrrad wird 200 Jahre alt

Abbil­dung aus der tech­ni­schen Beschrei­bung der Lauf­ma­schine von Karl von Drais, publi­ziert im Herbst 1817. Damit Nach­bauer es nicht allzu leicht hat­ten, ver­deckte der Fah­rer auf der Zeich­nung mit sei­nem Bein die Bremse. | Foto: Technisches Museum „‚2 Räder – 200 Jahre“,Ausstellung des TECHNOSEUM in Mannheim“
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  • Abbil­dung aus der tech­ni­schen Beschrei­bung der Lauf­ma­schine von Karl von Drais, publi­ziert im Herbst 1817. Damit Nach­bauer es nicht allzu leicht hat­ten, ver­deckte der Fah­rer auf der Zeich­nung mit sei­nem Bein die Bremse.
  • Foto: Technisches Museum „‚2 Räder – 200 Jahre“,Ausstellung des TECHNOSEUM in Mannheim“
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Die Chinesen haben das Rad erfunden. Das war vor inzwischen mehr
als 6.000 Jahren. Und dann kam: Karl von Drais, badischer Erfinder und
der Urvater des Fahrrades...

1816 war das Jahr ohne Som­mer. Grund: der Aus­bruch des Vul­kans
Tam­bora im heu­ti­gen Indo­ne­sien. Die­ser hatte fatale
Fol­gen für das Klima in Europa und brachte nied­rige
Tem­pe­ra­tu­ren, Hagel­schlag, Dau­er­re­gen und
Über­schwem­mun­gen. Mis­sern­ten, Hun­ger­s­nöte und
extreme Teue­run­gen von Lebens­mit­teln folg­ten, die
Fut­ter­mit­tel­knapp­heit führte zu einem mas­sen­haf­ten
Pfer­dester­ben.

Aus die­ser Not her­aus erfand der gebür­tige Karls­ru­her Karl
Drais (1785-1851) im Jahr 1817 die „Drai­sine“, auch
Lauf­ma­schine genannt und Ur-Form des heu­tige Fahr­rads. Diese
Ur-Form hatte keine Pedale, ähn­lich dem Lauf­rad für Kin­der,
der Vor­trieb erfolgte mit den Bei­nen, ein beque­mer Sat­tel und
eine beweg­li­che Lenk­stange sorg­ten für die Balance.

Die erste offi­zi­ell über­lie­ferte, von den dama­li­gen
Medien und einem stau­nen­den Pub­li­kum beach­tete
„Jung­fern­fahrt“ erfolgte am 12. Juni 1817 in Mann­heim.
Nach­dem Drais lange getüf­telt und pro­biert hatte, wagte er an
jenem Tag eine Tour von sei­nem Wohn­haus in den Mann­hei­mer
Qua­dra­ten zum etwa sie­ben Kilo­me­ter ent­fern­ten
Schwet­zin­ger Relais­haus (heute Mann­heim-Rheinau). Für seine
Jung­fern­fahrt (hin und zurück) benö­tigte er eine knappe
Stunde, das ent­spricht einer Durch­schnitts­ge­schwin­dig­keit
von etwa 15 Kilo­me­ter pro Stunde. Eine durch­aus
bemer­kens­werte Leis­tung, denn immer­hin wog sein sper­ri­ges
und noch mit metall­be­schla­ge­nen Holz­spei­chen­rä­dern
aus­ge­stat­te­tes Lauf­rad satte 22 Kilo­gramm.

Rasante Entwicklung

Nach­dem Karl Fried­rich Drais im Jahr 1817 durch die Erfin­dung
der Lauf­ma­schine das Trans­port­we­sen nach­hal­tig prägte,
folgte eine recht lange Pause in der Geschichte der
Fahr­ra­d­ent­wick­lung: Erst 1867 stell­ten die
fran­zö­si­schen Kut­schen­bauer Pierre Michaux und des­sen
Sohn Ernest auf der Pari­ser Wel­taus­stel­lung das soge­nannte
Velo­ci­ped vor. Ihre Kon­struk­tion ver­fügte über eine am
Vor­der­rad ange­brachte Tret­kur­bel und wurde zum
Ver­kaufs­er­folg.

1870 ging die Ent­wick­lung wei­ter, aus dem Velo­ci­ped wurde
das Hochrad. Die­ses ver­fügte vorne über einen sehr viel
grö­ße­ren Rad­um­fang. Daher erfor­derte das Radeln noch mehr
Geschick­lich­keit und vor allem einen sport­li­chen
Gleich­ge­wichts­sinn. Das Hochrad setzte mit
Hart­gum­mi­be­rei­fung, Stahl­felge und Spei­chen erste
Stan­dards. Die Mischung aus sport­li­cher Her­aus­for­de­rung
und einem recht hohen Preis mach­ten das Hochrad zu einem
bevor­zug­ten „Spiel­zeug“ und
„Demons­tra­ti­ons­ob­jekt“ für Wohl­ha­bende. Das
ver­hin­derte lei­der, dass das Rad bereits Ende des 19.
Jahr­hun­derts all­tags­taug­lich wurde.

Der wirk­li­che Durch­bruch in der Fahr­ra­d­ent­wick­lung
folgte einige Jahre spä­ter mit der Rück­kehr zum Nie­der­rad:
zwei gleich große Räder, die den Schwer­punkt etwas wei­ter nach
hin­ten ver­la­gern, Antrieb mit Kette, Hebel­über­set­zung,
die Sitz­höhe nied­rig. Das Sicher­heits-Nie­der­rad – mit der
Grund­form des heu­ti­gen Fahr­rads – wurde 1885 paten­tiert.
1890 wurde der noch heute gül­tige Dia­man­t­rah­men
ein­ge­führt, der durch wenig Mate­ri­al­ein­satz und Gewicht
grö­ßere Sta­bi­li­tät bie­tet.

Industrielles Erfolgsprodukt

Bereits Ende des 19. Jahr­hun­derts ent­sprach die Form des
Fahr­rads der heu­ti­gen. Dank der zuneh­mend indus­tri­el­len
Seri­en­fer­ti­gung in Deutsch­land, euro­päi­schen
Nach­bar­län­dern und den USA sowie einer
kon­kur­renz-beding­ten Preis­re­duk­tion wurde das Fahr­rad
nach und nach zum All­tags­ver­kehrs­mit­tel für die gesamte
Bevöl­ke­rung. Das Fahr­rad war nun auch für die zahl­rei­che
Indus­trie­ar­beiter­schaft und Land­ar­beiter­schaft der
Grün­der­zeit erschwing­lich und spielte im Mili­tär sowie in
der Wirt­schaft eine große Rolle, dort ins­be­son­dere als
Las­ten­fahr­rad sowie Werks- und Dienst­fahr­rad. Auch die Post
setzte mas­sen­haft Fahr­rä­der für die Brief­ver­tei­lung
ein. 40 Jahre lang prägte es dank sei­ner wei­ten Ver­brei­tung
das gesamte Stra­ßen­bild und bestimmte den Ver­kehrs­fluss.
Die­ser frühe Sie­ges­zug des Fahr­rads in der Grün­der­zeit
wurde auch vom Rad­sport stark beflü­gelt.

Erst im 2. Welt­krieg ging die Fahr­rad­pro­duk­tion stark
zurück. Doch bereits 1948 war wie­der das frü­here
Pro­duk­ti­ons­ni­veau erreicht, mit der Ein­füh­rung der
Deut­schen Mark stie­gen die Pro­duk­ti­ons­zah­len wei­ter
sprung­haft an.

Erst in den 1970er-Jah­ren kam es zu einer all­mäh­li­che
Renaissance des Fahr­rads, die sich bis heute fort­setzt. Der Grund
dafür: Das Gesund­heits- und Umwelt­be­wusst­sein in der
Bevöl­ke­rung wuchs. Das brachte den Auto­ver­kehr zuneh­mend an
seine Gren­zen, Ver­kehrs­be­ru­hi­gung sollte hel­fen sowie
kom­mu­nale Rad­ver­kehrs­för­de­rung.

Die Wer­be­wirt­schaft ent­deckte das Fahr­rad als Sym­bol für
Jugend­lich­keit, Frei­heit und Indi­vi­dua­li­tät. Das Image
des Fahr­rads bes­serte sich.

Auch Wei­ter­ent­wick­lun­gen am Fahr­rad tru­gen zum Wan­del
bei: Gang­schal­tun­gen wur­den ver­bes­sert, die
elek­tri­sche Antriebs­un­ter­stüt­zung kam dazu, es wur­den
ver­schie­dene Fahr­rad­t­y­pen auf den Markt gebracht,
modi­sche Akzente im Fahr­rad­de­sign wur­den gesetzt. Durch die
Stei­ge­rung der Wert­hal­tig­keit und des Prei­ses war das
Fahr­rad wie­der popu­lä­rer, erzielte neue Ver­kaufs­re­korde
und ver­dop­pelte in kür­zes­ter Zeit sei­nen Markt­an­teil.

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Abbil­dung aus der tech­ni­schen Beschrei­bung der Lauf­ma­schine von Karl von Drais, publi­ziert im Herbst 1817. Damit Nach­bauer es nicht allzu leicht hat­ten, ver­deckte der Fah­rer auf der Zeich­nung mit sei­nem Bein die Bremse. | Foto: Technisches Museum „‚2 Räder – 200 Jahre“,Ausstellung des TECHNOSEUM in Mannheim“
Erfinder Karl Friedrich Drais. | Foto: TECHNOSEUM / Klaus Luginsland
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