Nachruf
Abschied von „Husky“

So werden ihn die meisten Frechener in Erinnerung behalten: Wilhelm „Husky" Linz und sein geliebter Steinadler „Donnervogel".  | Foto: Archiv/Michael Offizier
  • So werden ihn die meisten Frechener in Erinnerung behalten: Wilhelm „Husky" Linz und sein geliebter Steinadler „Donnervogel".
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FRECHEN - Wilhelm Linz – den meisten in Frechen besser bekannt als
„Husky" – ist am Freitag, 30. September, im Alter von 76 Jahren im
Altenzentrum St. Augustinus in Königsdorf verstorben.

In Frechen kannte ihn fast jeder: Den kleinen, schlanken Mann mit den
langen, weißen Haaren, der Lederjacke und dem Indianerschmuck. Gerne
fuhr er mit seinem Trike durch die Stadt. Schul- und
Kindergartenkinder besuchten ihn in seiner privaten Westernstadt in
Buschbell und lernten viel über Greifvögel und das Leben der
Ureinwohner Amerikas.

In unserer Zeitung war er so oft vertreten, dass mir einmal ein
aufgebrachter Wutbürger – dessen privates Problem mir nicht
berichtenswert erschien – an den Kopf warf: „Sie schreiben wohl
lieber wieder was von diesem komischen Vogelmann!"

Er hatte nicht ganz unrecht: Aber welcher Frechener hatte sonst noch
eine ganze Westernstadt, inklusive Saloon, Indianerdorf und riesiger
Tanzhalle in seinem Garten? Welcher Frechener konnte schwer verletzte
Greifvögel wieder aufpeppeln? Welcher Frechener wurde von einem
Steinadler geliebt und eifersüchtig bewacht? Welcher Frechener
führte Indianertänze bei einer Light-Show in Wolfsburg auf, bekam
Besuch von Hollywood-Indianern oder fertigte ein Trike für einen
Scheich aus dem Mittleren Osten? Wilhelm „Husky" Linz war sicherlich
ein bunter Vogel aber kein „komischer Vogelmann".

Linz wurde 1940 in Köln geboren. Als bei einem Bombenangriff das Haus
der Familie zerstört wurde, zogen er und seine Mutter nach
Österreich. Sein Vater blieb im Krieg verschollen. Mit starkem
österreichischen Akzent kam Wilhelm Linz zurück ins zerbombte
Nachkriegs-Köln und keiner verstand ihn. 1948 lernte er den
„letzten lebenden Cowboy" Bill Jenkins kennen, der auch mit
Greifvögeln arbeitete und am Aachener Weiher gastierte. Schwer
beeindruckt kaufte sich Linz für fünf Mark einen Turmfalken im
Kölner Zoo. Der Grundstein für zwei seiner großen Leidenschaften
war gelegt. Die Falknerei blieb für ihn sein Leben lang kein Beruf,
kein Hobby, sondern eine Lebenseinstellung.

Er absolvierte eine Ausbildung zum Elektriker und wurde mit 18 Jahren
zum ersten Mal Vater. Von zwei amerikanischen Cowboys bekam er 1954
sein erstes Punzier-Werkzeug geschenkt und er begann mit seinen
Lederarbeiten.

In den großen Zeiten des Kölner Miljös – der Rotlichtszene der
60er und 70er Jahre – verdiente sich Linz an Wochenenden etwas als
Taxifahrer dazu. In der Szene um ‚Schäfers Nas‘ und ‚Dummse
Tünn‘ war der aufbrausende, kleine Mann schnell als „et
Zündtütche" bekannt. In seiner Zeit fuhr er auch viele Prominente
– besonders Politiker – aus Bonn in die Kölner Rotlichtviertel.
Ihre Namen hat er mir aber nie verraten: „Berufsgeheimnis!"

Als er vor dem Nachtclub ‚Moulin Rouge‘ auf Fahrgäste wartete,
wurden im Taxi vor ihm die beiden Insassen und der Kollege erschossen.
Es war Linz letzter Tag als Taxifahrer.

Von der Falkner-Legende Renz Waller lernte er die Kunst der Falknerei
und 1970 erhielt er aus dessen Händen den Weltpokal. Linz war –
nach eigenen Aussagen - der einzige, der mit einem Steinadler die
begehrte Trophäe gewann. Auf den Augenblick, in dem es der „kleine
Elektriker" den „elitären Akademikern" einmal so richtig zeigte,
war er sein Leben lang besonders stolz.

Einen weiteren Stilbruch beging Linz, als er sich einen Husky als
Jagdhund anschaffte. Dieser taugte als Jäger nicht sehr, als
Schlittenhund aber umso mehr. „Ich fand es immer schön mit den
Hunden im Schnee. Man ist ganz allein im Wald, alles ist weiß und man
hört nur die Kufen und das Hecheln der Hunde", erzählte er später
einmal. Linz nahm an zahlreichen Schlittenhunderennen teil, gewann
nationale und internationale Titel und begann selber Huskys zu
züchten.

Insgesamt 196 „erstklassige" Schlittenhunde entstammen dieser Zucht
und sorgten für den bleibenden Spitznamen „Husky", den sich Wilhelm
Linz später auch in den Personalausweis eintragen ließ. Besonders
nah stand ihm Zuchtrüde und Leithund „Happy". Mit 49 Jahren
beendete er seine Karriere als Musher (Hundeschlittenfahrer).

Linz wirkte auch in den Spielfilmen „Sandokan" und „Iditarod" mit
und war häufig im Lokalfernsehen zu sehen.

1984 zog er nach Frechen. Auf dem großen Grundstück errichtete er
seine Westernstadt, seine Tanzhalle, sein Indianerdorf und seine
Greifvogelschutzstation.

Er hinterlässt eine Ehefrau und sieben Kinder. Seine Greifvögel,
darunter auch seinen geliebten Adler „Donnervogel", hatte er bereits
vor seinem Umzug ins Altenheim abgegeben oder verkauft. Die
flugunfähigen Tiere, die bei ihm Zuflucht gefunden hatten, wurden –
sehr zu seinem Leidwesen – eingeschläfert.

Mit Husky Linz verliert Frechen Farbe und ein echtes Original, die
Greifvögel der Region ihren größten Hüter und wir einen
langjährigen Weggefährten.

Noch einen Tag vor seinem Tod besuchte ich „Husky" im St. Augustinus
Stift. Sein geräumiges Zimmer war reichlich dekoriert mit
Sammlerstücken, Fotografien, Zeitungsartikeln, Urkunden und Pokalen.
Aber er nahm diese heimelige Umgebung überhaupt nicht mehr wahr. Er
lag nur noch in seinem Bett, geistig fit und ansprechbar, aber die
Leidenschaft, dieses „innere Feuer", welches ihn so besonders
machte, war erloschen. Zum Abschied sagte ich „bis bald" und er
„Ja-Ja". Ich glaube in diesem Moment wussten wir beide, dass wir uns
in diesem Leben nicht wieder sehen würden.

Ich werde ihn und seine Anekdoten sehr vermissen. Zu meinen
Lieblingsgeschichten gehörte die, wie er zu seiner Narbe auf der Nase
kam: Sein Adler hatte ihn mit einem Fang im Gesicht verletzt. Stark
blutend fuhr er ins nächste Krankenhaus. „Da bin ich dann
blutüberströmt in die Notaufnahme getorkelt und hab denen gesagt,
ich bin von einem Adler angegriffen worden." Der behandelnde Arzt
hätte dann erstmal einen Blutalkoholtest verlangt. „Der dachte ich
wäre betrunken in eine Schlägerei verwickelt gewesen!"

Am Montag wurde Wilhelm Linz auf dem Siegburger Nordfriedhof
beigesetzt.

 

 

 

- Lars Kindermann

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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