Das eigene Leben bereichert
Michelle Helms berichtet von ihrem FSJ bei der Caritas

- Michelle Helms (Mitte) mit den beiden Fachbereichsleitern Thorsten Paesen und Susanne Schlotmann.
- Foto: Kieras
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Siegburg - Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, dass alle Menschen,
auch wenn sie körperlich oder geistig beeinträchtigt sind,
uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben, an Bildung, Kultur und
Arbeit teilnehmen können. Unter anderem heißt es, dass Menschen mit
Behinderung Zugang zu einem inklusiven hochwertigen und
unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden
Schulen haben sollen. Dabei sind sie natürlich auf Unterstützung
angewiesen.
Der Caritasverband Rhein-Sieg bietet Hilfe mit einer sogenannten
Schulbegleitung, die von Mitarbeitern des Verbandes geleistet wird.
Eine wichtige Rolle übernehmen dabei junge Menschen im Freiwilligen
Sozialen Jahr (FSJ). Diese FJS´ler unterstützen Familien und
ermöglichen Menschen mit Behinderung individuelle
Entwicklungschancen.
Von ihrer Arbeit, wie die in der Praxis aussieht und welche
Herausforderungen damit verbunden sind, berichtete Michelle Helms
bei einem Pressegespräch. Die 20-Jährige begann nach ihrem Abitur
2015 als FJS´ler bei der Caritas, und weil es ihr so gut gefiel,
hängte sie an das eine Jahr noch ein weiteres halbes dran. Ein Jahr
lange betreute sie ein 12-jähriges Mädchen in der integrativen
Klasse der Gesamtschule in Niederkassel. Das hatte einen Schlaganfall
im Mutterleib erlitten und ist schwer behindert. „Muskeln und Gehirn
kommunizieren nicht richtig“, erklärte Michelle und daher sei das
Kind motorisch eingeschränkt, habe auch Probleme bei der
Artikulation. Es sei anfangs schwer für sie gewesen, das Mädchen zu
verstehen. Im Laufe der Zeit hat die FSJ´lerin aber gelernt, an der
Mimik der Schülerin deren Bedürfnisse abzulesen. Immer sei es ihr
wichtig gewesen, das Kind zur Selbstständigkeit zu erziehen und auch
seine sozialen Kontakte zu fördern. Darüber hinaus hat Michelle
ständig an ihm beobachtet, was sich an seinem Zustand verschlechterte
oder auch verbesserte, stand immer im Austausch mit den Lehrern und
einem Sonderpädagogen an der Schule.
Das Engagement von Michelle Helms ist vorbildlich. Zurzeit kümmert
sie sich um ein 16-jähriges Mädchen an der Heinrich Hanselmann
Schule in Sankt Augustin , das an einem seltenen genetischen Defekt
leidet, einen fünfjährigen, autistischen Jungen in einer Kita in
Niederkassel und sie besucht regelmäßig eine 22-jährige mehrfach
Schwerstbehinderte in Neunkirchen-Seelscheid und unterstützt die
Eltern bei deren Pflege.
Wie schafft man das alles? „Man bekommt viel Dankbarkeit zurück und
ich komme aus einem behüteten Elternhaus, das mich in jeder Hinsicht
unterstützt“, antwortet Michelle. Die eineinhalb Jahre hätten viel
für ihre Charakterbildung gebracht, sie habe jetzt einen anderen
Blick auf die Menschen und begegne ihnen toleranter. Geholfen hat ihr
nach eigenen Worten auch, dass sie kontaktfreudig und empathiefähig
sei.
Diese Eigenschaften nannte auch Thorsten Paesen, Fachbereichsleiter
Familienunterstützende Dienste bei der Caritas als Voraussetzung, um
als FSJ´ler bei seinem Verband angenommen zu werden. Außerdem
Flexibilität, Mobilität sowie unbedingte Zuverlässigkeit und man
dürfe keine Berührungsängste haben. Pro Jahr vergibt Paesens
Bereich zehn Stellen, der Einstieg ist in der Regel zwischen August
und November möglich. Der Sozialpädagoge empfiehlt, vor den
Sommerferien eine Hospitation, um zu sehen, ob ein FSJ das Richtige
für den Bewerber ist. Er weist darauf hin, dass man sich ein
Tätigkeitsfeld aussuchen könne, ein Einsatz sei auch ohne
Pflegeaufgaben möglich. Denn dabei komme man Menschen zwangsläufig
sehr nahe, wie auch Michelle Helms aus Erfahrung berichtete. Zwei
FSJ´ler werden pro Jahr noch in der Familienpflege eingestellt, sagte
Fachbereichsleiterin Susanne Schlotmann.
Die Tätigkeit bestehe darin, Aufgaben von Mutter oder Vater zu
übernehmen, die vorübergehend krankheitsbedingt für die
Kinderbetreuung nicht zur Verfügung stünden. Paesen betonte, ein
FSJ- Jahr sei „keine verlorene Zeit“, sondern helfe beispielsweise
vor der Berufswahl, Perspektiven zu entwickeln und vor einem
Lehramtsstudium „auch die andere Seite einmal kennenzulernen.“
- Paul Kieras
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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