Nachgehört in Sachen Feuerwehr
Immer mehr Frauen machen bei den Wehren mit

Gerade in voller Montur sind die Kameraden auf die Hilfe untereinander angewiesen. | Foto: Zumbusch
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Königswinter - Eine gute Gelegenheit, das Wissen über die Feuerwehr „hautnah“ zu
vertiefen, sind Aktionen der Wehren vor Ort. Der jährliche
Leistungsnachweis für die Löschzüge aus dem Rhein-Sieg-Kreis in
Königswinter-Niederdollendorf etwa spiegelt, was in der Gemeinschaft
für die Wehrleute alles geleistet wird.

Martin Schwabe, Einheitsführer der Niederdollendorfer Feuerwehr und
Gastgeber des Leistungsnachweises, öffnet uns den Blick auf
verschiedene Ecken und Winkel der Feuerwehrarbeit.

„Es gibt keinen Geschlechterbonus“

Da wäre etwa die Frauenquote. Sind zur langfristigen Sicherung des
Brand- und Katastrophenschutzes mehr Frauen in den Freiwilligen
Feuerwehren gefragt, wollen wir dazu wissen. Dass die Zahl der
weiblichen Wehrleute in den vergangenen Jahren gestiegen sei,
bestätigt Schwabe.

Wobei die Zahlen im Rhein-Sieg-Kreis von Kommune zu Kommune in den
Löschzügen recht unterschiedlich seien. Königswinter ist, was den
Frauenanteil angeht, gut aufgestellt. „Es könnten jedoch mehr
Wehrfrauen sein“, räumt Schwabe ein. Zuallererst machen Frauen
genau das Gleiche wie Männer in der Feuerwehr. „Es gibt keinen
Geschlechterbonus“, so Schwabe.

Zahlreiche Aufgabenfelder hätten eben mit erhöhtem Krafteinsatz zu
tun. Doch das mag für Frauen kein Grund sein, nicht bei den Wehren
mitzumachen. Immerhin gibt es bei Männern auch Unterschiede bei der
Kraftumsetzung je nach Größe oder Kondition.

Viel mehr als nur Brände löschen

Die Tätigkeiten innerhalb der Feuerwehr werden immer vielschichtiger
und komplexer. Vor einigen Jahren beschäftigte sich die Feuerwehr
hauptsächlich mit dem Thema Brandbekämpfung. Doch die Aufgaben sind
gewachsen.

Neben der Brandbekämpfung reicht das Spektrum über Technische
Hilfeleistung bis hin zum Rettungsdienst. Dabei werden auch viele
Sonderaufgaben wie Gefahrgut- und Strahlenschutz, Tauchen,
Höhenrettung, Vorbeugender Brandschutz oder Krisenmanagement
wahrgenommen. Je nachdem, in welchem Ortsteil ein Löschzug
stationiert ist, gibt es gerade in Königswinter und Bad Honnef im
Berg und Talbereich unterschiedliche Anforderungen an die
Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen. Da ergeben sich entsprechend
facettenreiche Aufgabenfelder, die von Männern und Frauen
gleichermaßen erfüllt werden können und im Ernstfall eben auch
erfüllt werden müssen.

„Nur“ oder „immerhin“ 200 Frauen?

Der Frauenanteil bei den 19 Löschzügen im Kreis beträgt rund 6,4
Prozent. (Stand 2016). Das sind bei etwa 3.300 Aktiven Wehrleuten
knapp über 200 Frauen. Der Blick auf die Zahlen verleitetet zu dem
Ausruf. „Das sind aber wenig Frauen“. Anders betrachtet zeigt es,
dass immerhin schon 200 Frauen bereit sind, in allen Aufgabenfeldern
ihre „Frau zu stehen“, Tendenz steigend und das in einem Bereich,
der viele Jahrzehnte, gar Jahrhunderte, reine Männerdomäne war.

Jüngere Frauen, so vermuten wir, sind eben im Spagat zwischen Familie
und Beruf doch nicht so „freigestellt“ wie Männer, um dann etwa
in der Feuerwehrarbeit ehrenamtlich tätig sein zu können.

Die Zeit entscheidet über das „drunter“

Andere Frage: Wer bezahlt eigentlich die Bekleidung der Wehrleute der
Freiwilligen Feuerwehren? „Das ist Aufgabe der Kommune“, erklärt
Schwabe. Einem jungen Feuerwehrmann gilt die Frage, was denn
eigentlich unter der Schutzkleidung getragen würde. Nach
anfänglichem Staunen über die ungewohnte Frage, gibt er bereitwillig
Auskunft. „Stimmt, das wissen ja viele nicht?“, erkennt er.

Es komme darauf an, welche Schutzkleidung getragen würde, also aus
wie vielen und welchen Lagen diese bestünde und aus welchem Material.
So gäbe es Schutzkleidung, die entfalte als Überbekleidung ihren
vollen Schutz erst dann, wenn darunter eine Jeans getragen würde.Bei
anderer Kleidung seien Jeans und Pullover eher kontraproduktiv, da es
dadurch die Bewegungsfreiheit eingeschränkt würde, zum anderen käme
es zum Wärmestau. Entscheidend sei der Faktor Zeit. Da es oft sehr
schnell gehen müsse, gelte „ausziehen bis auf das Nötigste und
rasch hinein in die Schutzkleidung“.

Es geht um Menschenleben

Martin Schwabe möchte die Gelegenheit nutzen und für etwas mehr
Akzeptanz bei der Bevölkerung für den Einsatz von Martinshörnern
oder Fanfaren bitten. „An vielen Stellen müssen wir mit
Martinshörnern fahren“, erklärt der Einheitsführer. Das müsse
leider toleriert werden.

Die Feuerwehr besitzt gewisse Sonderrechte bei der Fahrt zum
Einsatzort. Zur Durchsetzung dieser Rechte ist die Feuerwehr
berechtigt, Martinshorn und Blaulicht einzuschalten. Diese Signale
sind zur Sicherung der Einsatzkräfte, der anderen Verkehrsteilnehmer
und auch zur Einhaltung der zehnminütigen Hilfsfrist da. „Die
Feuerwehr versucht, nachts die Benutzung des Martinshornes auf ein
Minimum zu beschränken“, erläutert Schwabe. Doch die akustische
Warnung diene in dringenden Fällen zur Sicherung des Verkehrs und zur
Ankündigung eines Einsatzverbandes etwa vor Kreuzungen, Ampeln und
Kreisverkehren.

„Es kommt vor, dass Passanten uns den berühmten Vogel zeigen, wenn
wir mit eingeschalteten Martinshörnern vorbeifahren“, ärgert sich
Schwabe. Da fehle jedes Verständnis. Immerhin gehe es um die schnelle
Rettung von Menschenleben.

Übrigens: Warum heißt das Martinshorn „Martinshorn“? Trotz des
Namens hat es nichts mit dem heiligen Martin zu tun. Benannt ist sie
nach dem Familiennamen des Herstellers. Und das ist die Deutsche
Signal-Instrumentenfabrik Max B. Martin. Die traditionsreiche Firma
fertigte ab 1880 in Markneukirchen (Sachsen) Rufhörner, Jagdhörner,
Kavallerie-Trompeten und Fanfaren-Trompeten für zwei- oder
viertönige Signale.

Retter auch für Vierbeiner

Zu den Aufgaben der Feuerwehr gehört auch die „Tiernot“. Das
bedeutet, wenn ein Tier in eine missliche Lage gerät, kann die
Feuerwehr gerufen werden. Schwabe erzählt, derzeit halte eine Gans am
Rhein mit gebrochenem Flügel einige Einsatzkräfte in Atem. Ständig
würden Spaziergänger anrufen, mit der Bitte, das Tier zu fangen und
medizinisch versorgen zu lassen. „Die lässt sich aber nicht
fangen“, erzählt der Einheitsführer. Da sie noch selbständig
Futter suchen könne, ginge es dem Tier soweit gut.

In einem anderen Fall habe neulich ein Hund auf einem Dach einen
Einsatztrupp auf Trab gehalten. Der Hund war offenbar mit Hilfe eines
darunter stehenden Möbelstücks aus einem offenen Dachfenster
gesprungen, um einer Taube hinterher zu jagen, die es sich am
Fensterrand bequem gemacht hatte. Auf dem Dach rutschte der Hund bis
an den Rand und hockte dann in einer Ecke der Regenrinne. Die
Wehrleute kamen über eine Leiter, um den Hund zu retten. Dieser
wiederum machte sich angesichts der Retter auf den Rückweg, robbte
das Dach hinauf und sprang durchs Dachfenster in die Wohnung zurück.
„Auch so was kann passieren“, lacht Schwabe.

- Iris Zumbusch

Gerade in voller Montur sind die Kameraden auf die Hilfe untereinander angewiesen. | Foto: Zumbusch
Auch mit großem Gerät können die Feuerwehrleute filigran umgehen. Bei dieser Geschicklichkeitsübung muss das Ei heil bleiben. | Foto: Zumbusch
Beeindruckendes Flammenspektakel bei der Vorführung einer Fett-Explosion. | Foto: Zumbusch
Für besondere Einsatz-Szenarien steht den Wehrleuten spezielle Schutzkleidung zur Verfügung. | Foto: Zumbusch
Auch verschiedene Knoten müssen die Wehrleute einwandfrei beherrschen. | Foto: Zumbusch
Für den Einsatz nicht mehr geeignetes Material wird manchmal kreativ weiter verwendet. | Foto: Zumbusch
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