Aktuelle Coronaregeln
Herausforderung für Menschen mit Behinderung

- Gesellschaftsspiele wie Kniffel sind momentan in den Wohnhäusern sehr angesagt – natürlich auf Abstand.
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Rhein-Sieg-Kreis - „Wenn Corona mal vorbei ist…“ Diesen Satz hört man jetzt
häufiger in den Wohnhäusern für Menschen mit Behinderung. „Dann
gehe ich wieder zum Chor.“ Dann gehe ich wieder in die
Trommelgruppe.“ „Dann feiern wir wieder zusammen.“ So träumen
die Bewohner. Denn coronabedingt sind die Freizeitangebote zurzeit
ziemlich eingeschränkt.
Für Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung ist es
oft schwer zu verstehen, dass sie jetzt nicht jeden per Handschlag
begrüßen oder umarmen dürfen und Abstand halten oder etwa, wenn sie
in den Ort zum Einkaufen gehen, Masken tragen müssen.
Im „Haus Nazareth“ der Caritas in Ittenbach etwa stehen jetzt die
Stühle im Wohn-Ess-Bereich so weit wie möglich auseinander. Die
Unterhaltung bei den Mahlzeiten wird dadurch erschwert, und das trägt
nicht unbedingt zur Hebung der Stimmung bei. Das lebhafte Miteinander
ist ausgebremst.
Denn vieles, das vorher selbstverständlich war, ist nun schwieriger
geworden, wie etwa Angehörigenbesuche oder gemeinsame Aktivitäten.
„In kleinen Gruppen und mit Schutzmaßnahmen geht hin und wieder
etwas“, erklärt Hausleiter Thorsten Paesen. Aber die Angst vor
einer Infektion und Quarantäne ist ständig vorhanden.
Wenn nur ein Bewohner infiziert ist, müssen alle in Quarantäne und
niemand darf sein Zimmer verlassen.
Kindergärten, Schulen und viele Geschäfte sind im Lockdown
geschlossen, Distanzunterricht und Homeoffice sind an der
Tagesordnung. Aber die Werkstätten für Menschen mit Behinderung
arbeiten weiter. Im ersten Lockdown wurden sie zeitweilig geschlossen.
Die Eitorfer Werkstatt beispielsweise unterstützte Heimarbeit in den
Jovita-Wohnhäusern „Villa Gauhe“. Jetzt ist das nicht möglich.
Doch in den großen Werkstätten kann trotz aller Vorsichtsmaßnahmen
das Risiko einer Infektion nicht ganz vermieden werden. Dabei gehören
viele Mitarbeiter zu den besonders gefährdeten Personen. Daher hat
der Leiter der Jovita-Wohnhäuser „Villa Gauhe“ Ronald Maurer
„seine“ Bewohner vom Werkstattbesuch freistellen lassen. „Das
Risiko einer Ansteckung bei der Arbeit ist zu groß“, sagt er.
Mehr oder weniger abgeschnitten von der Außenwelt sind die „Villa
Gauhe“-Bewohner geschützter. Um der großen Langeweile
entgegenzuwirken, bemühen sich die Mitarbeiter um Tagesstruktur und
ein abwechslungsreiches Beschäftigungsprogramm. Der Park kann zu
Spaziergängen genutzt werden; manchmal wird zusammen gekocht, im
Freizeithaus Karnevalsschmuck gemalt oder gebastelt, in der
Gymnastikhalle kann auf Abstand ein wenig geturnt oder im Bällebad
entspannt werden.
Eine besondere Herausforderung bedeutet die Situation dagegen für die
ambulant betreuten Bewohner, die ebenfalls vom Werkstattbesuch befreit
sind. Fast seit einem Jahr den größten Teil des Tages allein in der
Wohnung stellt sich rasch die große Langeweile ein und der eine oder
die andere „dreht schon mal am Rad“: „Wann ist Corona endlich
vorbei.“
Ronald Maurer resümiert dennoch erfreut: „Wir sind sehr angetan von
der Disziplin und dem Verständnis unserer Bewohner. Alle arbeiten am
Limit, aber das ist es uns wert.“ Jetzt warten alle ungeduldig, dass
sie endlich geimpft werden.
- Christa Gast
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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