Lindenschule -Pleiten, Pech und Pannen
Prüfer urteilen: Mangelhaft

Kein Sekt, nur Selters: Schulleiter Martin Koenen und Bürgermeisterin Susanne Stupp stoßen am 30. August 2016 auf die drei Container für die Lindenschule an. | Foto: Lars Kindermann /Archiv
  • Kein Sekt, nur Selters: Schulleiter Martin Koenen und Bürgermeisterin Susanne Stupp stoßen am 30. August 2016 auf die drei Container für die Lindenschule an.
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Frechen - „Sonderprüfung Container für Lindenschule“ - gestern Abend stand
der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes unter Punkt B 4.2 des
nicht-öffentlichen Teils der Ratssitzung auf der Tagesordnung. Das
Fazit der Prüfer ist ernüchternd: Gleich mehrfach wird den
Verantwortlichen der Verwaltung in diesem 28-seitigen Bericht das
Prädikat „mangelhaft“ ausgestellt.

Der Rat hatte das Prüfungsamt am 5. Juli 2016 mit der Prüfung des
Kaufs von insgesamt drei Containern für die Lindenschule beauftragt.
23 Ratsmitglieder hatten sich seinerzeit dafür ausgesprochen, 22
(CDU, FDP und Bürgermeisterin Susanne Stupp) waren dagegen.

Knapp neun Monate später, am 22. März dieses Jahres, lag das
Ergebnis der Prüfung auf dem Schreibtisch der Bürgermeisterin.
Verbunden mit der Bitte um Stellungnahme. Auf diese Stellungnahme
warten Rat und Öffentlichkeit bis heute vergebens. Stattdessen kam am
24. April die schriftliche Mitteilung aus dem Bürgermeisterbüro, der
Prüfbericht könne in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit,
aufgrund der „aktuellen Personal-, Arbeits- sowie
Terminsituation...“, nicht im Einzelnen aufgearbeitet und
beantwortet werden. Fühestens bis Ende des Jahres sei das möglich.

Entsprechend kontrovers verlief die Sitzung des
Rechnungsprüfungsausschusses am 16. Mai. Zu diesem Zeitpunkt kannten
die Ratsmitglieder den Bericht bereits. Eine Stellungnahme der
Bürgermeisterin gab es nicht, stattdessen sagte Kämmerer Dr. Patrick
Lehmann diese Stellungnahme für den Dezember zu. Gegen vier Stimmen
der CDU stimmte der Ausschuss mehrheitlich dafür, den Prüfbericht
auch ohne Stellungnahme der Bürgermeisterin spätestens in der
Ratssitzung am 10. Oktober zu beraten.

Die Chronologie der Ereignisse

16. Dezember 2015 - Die Schulleitung der Lindenschule meldet
zusätzlichen Raumbedarf an, wenn die Schule länger als ursprünglich
geplant am alten Standort bleiben muss.

13. Januar 2016 - Die Idee, alte Container der Johannesschule
an der Gisbertstraße aufzubauen, wird verworfen.

25. Januar 2016 - Gemeinsam mit der Schulleitung legt die
Stadtverwaltung den Raumbedarf fest. Benötigt werden drei Container
mit einer Nutzfläche von etwa 75 Quadratmetern. Zudem sollen diese
Container nach dem Umzug auch auf dem Gelände der Anne Frank-Schule
genutzt werden können.

In den folgenden Wochen holt die Verwaltung Angebote für den Kauf von
Containern ein.

Als die Verwaltung dann am 2. März den Schulausschuss informiert,
liegen der städtischen Gebäudewirtschaft die Angebote bereits vor.

Die Rechnungsprüfer bemängeln, dass dem Fachdienst 4 (Bildung,
Freizeit und Kultur) trotz mehrfacher Nachfragen bei der
Gebäudewirtschaft (angesiedelt beim Fachdienst 1 - Innere Verwaltung)
keine Planunterlagen zu den Containern zur Verfügung gestellt wurden.

So stellte sich erst nach Auftragsvergabe heraus, dass die gekauften
Klassenräume die Größenvorgabe (nur 69 statt 75 Quadratmeter groß)
nicht erfüllten und zwei Stützen mitten in den Räumen die
Möblierung als Klassenraum quasi unmöglich machten. Eine
Ungereimtheit, die der Rechnungsprüpfungsbericht ausdrücklich
feststellt, denn von den Mitarbeitern der Gebäudewirtschaft war dem
Vergabeausschuss eine Raumgröße von 75 Quadratmetern genannt worden.

Dem gesamten Verfahren fehlt nötige Transparenz

Und noch etwas ist den Prüfern aufgefallen: Die drei eingeholten
Angebote lagen zwar preislich weit auseinander, waren aber letztlich
überhaupt nicht vergleichbar. In zwei Angeboten waren neue Container
angeboten worden, einmal gebrauchte. Inwieweit die verschiedenen
Angebote überhaupt unter fachlichen Gesichtspunkten überprüft
worden sind, sei an keiner Stelle nachvollziehbar dokumentiert, rügen
die Prüfer. Erst vier Monate nach (!) Bestellung der Container durch
die Verwaltung, haben Mitarbeiter der Gebäudewirtschaft eine
schriftliche Vergabeempfehlung verfasst. Die dann allerdings in gleich
zweifacher Ausfertigung. Einziges Kriterium war danach der Preis.
Wertungskriterien und Leistungsbeschreibung konnten die Prüfer in den
Akten nicht finden. Ihr Fazit: Dem gesamten Verfahren fehlt die
notwendige Transparenz.

Im Ergebnis waren die gebraucht gekauften Container (rund 335.000
Euro) ungeeignet für die Nutzung als Ganztagsklasse.

Besonders deutlich werden die Prüfer mit ihrer Kritik bei der
„Vergabeabwicklung“ in gleich zehn Punkten: Angebote wurden ohne
Rücksprache mit Fachabteilung, Vergabestelle und Prüfungsamt
eingeholt. Eine nachvollziehbare Dokumentation gibt es nicht, sagen
die Prüfer. Telefonisch und per Mail sollen sogar mehrfach geänderte
Angebotsanfragen bei den Bietern eingegangen sein.

Ebenfalls „unzureichend dokumentiert“ seien die Auftrags- und
Ausführungsmodalitäten. Nicht einmal die Vertragsbedingungen der
Stadt Frechen seien rechtssicher mit dem Auftragnehmer vereinbart. So
kommen die Rechnungsprüfer in diesem Punkt zu dem Schluss, dass
deshalb möglicherweise sogar Vertragsbedingungen des Auftragsnehmers
gültig sind. Und das könne Risiken und Nachteile für die Stadt mit
sich bringen.

Aus den Akten geht nach Ansicht der Prüfer eindeutig hervor, dass die
tatsächliche Beschaffenheit der Container erst nach (!)
Auftragsvergabe abgestimmt worden ist. Und letztlich habe selbst die
Bürgermeisterin mit der Auftragsvergabe am 9. März 2017 gegen die
Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse verstoßen, weil
sie die einzuhaltende siebentägige Wartefrist nicht eingehalten habe.

Wiederholte Verstöße gegen das Dienstrecht

In einem weiteren Punkt werfen die Rechnungsprüfern den Mitarbeitern
der Gebäudewirtschaft einen Verstoß gegen geltendes Dienstrecht vor,
weil die am 18. März, also nur neun Tage nach Auftragserteilung,
bereits einen Nachtragsauftrag im Wert von rund 2.200 Euro vergeben
hatten, ohne Vergabestelle und Prüfamt zu beteiligen.Dabei ging es um
die Frage, ob die Container „stützenfrei“ umgebaut werden
könnten. Das heißt im Klartext: Spätestens zu diesem Zeitpunkt
wusste man in der Gebäudewirtschaft um das Problem.

Es folgen weitere Auffälligkeiten im zeitlichen Ablauf: Als aus der
Abteilung ‚Gebäudewirtschaft‘ am 10. Mai die Unterlagen zum
Nachtragsangebot (Wert rund 47.000 Euro) an die zuständigen Stellen
weitergeleitet werden, ist es längst zu spät! Denn aus den
Unterlagen ergibt sich folgendes Bild:

- am 24. März soll ein Abstimmungsgespräch mit der beauftragten
Firma zum Umbau der Container stattgefunden haben.

- am 22. und 26. April hat diese Firma dann ihr Nachtragsangebot
eingereicht, mit dem Hinweis, die Auftragsvergabe müsse bis
spätestens 29. April erfolgen. Ansonsten könne die gewünschte
Fertigstellung zum 12. August nicht erfolgen.

An dieser Stelle ist den Prüfern zudem aufgefallen, dass die
Container plötzlich andere Außenmaße hatten, sozusagen um zwei
Meter gewachsen waren. Möglicherweise sei der Austausch von
Containermodulen geplant gewesen, heißt es im Prüfbericht.

Das ernüchternde Fazit des Rechnungsprüfungsamtes: Hätte es ein
korrektes Leistungsverzeichnis gegeben, wären auch keine Container
mit Stützen beauftragt worden.

Und noch einmal verstoßen Mitarbeiter der Gebäudewirtschaft nach
Auffassung der Rechnungsprüfer gegen geltendes Dienstrecht. Als sie
nämlich notwendige Arbeiten (Heizung, Beleuchtung) beauftragen, ohne
Vergabestelle und Prüfungsamt zu beteiligen.

Lückenhaft und schlampig ging es bei der Bauüberwachung zu.
Tagesberichte des Auftragnehmers fehlen in den Bauakten komplett.
Dafür werden 17 Oberlichter in Rechnung gestellt, aber nur neun auch
tatsächlich geliefert.

Das Abnahmeprotokoll ist ohne Datum der Abnahme und nur durch den
Projektleiter der Stadt unterzeichnet. Ob die Mängelliste
abgearbeitet wurde, ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich.

Dafür ist das technische Abnahmeprotokoll „Elektro“ vom 22.
August 2016 überhaupt nicht unterschrieben. Auch gibt es keinen
Nachweis über die Beseitigung der festgestellten Mängel.

Erschreckendes Fazit der Rechnungsprüfer

Die Planung war „mangelhaft“, das fehlende Leistungsverzeichnis
und offensichtlich unpräzise Vorgaben hatten zur Folge, dass
eingereichte Angebote nicht vergleichbar waren.

Durchführung und Dokumentation der Vergabe waren „mangelhaft“ und
letztlich ist auch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit an keiner
Stelle dokumentiert.

Dass der Rat am Dienstag „nicht-öffentlich“ über das Thema
gesprochen hat, bedeutet allerdings nicht, dass die Bürgerinnen und
Bürger nicht wissen dürfen, was da beraten wurde. Nicht öffentlich
sind lediglich die einzelnen Wortbeiträge der Ratsvertreter oder etwa
die Frage, wer im Zweifel wie abgestimmt hat.

Bereits im Vorfeld der Ratssitzung hatte die Bürgermeisterin auf
Nachfrage noch einmal schriftlich bestätigt, dass ihre Stellungnahme
erst im Dezmeber vorliegen werde. Ihre Begründung: „Der Umzug der
Lindenschule in die frühere Anne-Franck-Schule und die Vorbereitungen
für den Neubau der Lindenschule hatten für uns bislang Vorrang“.
Was das im Ergebnis bedeutet, lesen Sie in unserem kommenden Beitrag
zu diesem Thema.

Redakteur/in:

Lars Kindermann aus Rhein-Erft

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