Der "Hafenwelle" auf der Spur
Wie entstehen Seebeben?
Vor gut einer Woche gab es ein Seebeben in der Ägäis-Region
zwischen Griechenland und der Türkei. Besonders betroffen war die
griechische Ferieninsel Kos sowie Teile der türkischen Küste. Es gab
zerstörte Gebäude, viele Verletzte und leider auch zwei Todesfälle.
Diese Region gehört zu den erdbebenreichsten Gebieten Europas. Wir
wollen euch heute erklären, wie ein Seebeben entsteht, was der
Unterschied zwischen einem Erdbeben und einem Seebeben ist und was das
Wort „Tsunami“ bedeutet.
Weltweit gibt es jedes Jahr ganz viele Erdbeben, die zwar von den
Experten registriert, von der allgemeinen Bevölkerung aber gar nicht
bemerkt werden. Die Stärke von Erdbeben wird in einer Skala von 1 bis
10, mit Hilfe eines speziellen Gerätes, dem Seismograph, gemessen.
Dieser zeichnet die Erdbewegungen auf und wertet sie aus. Die besagte
Skala wurde 1935 von dem Seismologen (Erdbebenforscher) Charles F.
Richter entwickelt und nach ihm benannt. Das stärkste Erdbeben, das
je gemessen wurde, hatte einen Stärke von 9,5 auf der so genannten
„Richterskala“ und ereignete sich 1960 in Chile. Das jüngste
Erdbeben in der Ägäis hatte eine Stärke von 6,6 und man kann also
durchaus von einem starken Erdbeben sprechen. Wie aber entsteht denn
überhaupt ein Erdbeben?
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Vereinfacht kann man sagen, dass die Erde sich aus unterschiedlichen
Schichten zusammensetzt. Der obere Teil an der Erdoberfläche, die
Erdkruste, besteht aus dicken Erdplatten. Im Innern der Erde befinden
sich der glühend heiße Erdkern sowie der darauf liegende Erdmantel.
Durch ständige Bewegungen der zähflüssigen inneren Erdmasse wandern
die Erdplatten und verändern immer wieder ihre Position. Vor allem an
den Rändern der einzelnen Platten entstehen durch diese Bewegungen
starke Spannungen, die sich irgendwann mit einem gewaltigen Ruck in
Form eines Erdbebens entladen. Wenn ein solches Beben auf dem
Meeresboden stattfindet, spricht man nicht von Erdbeben sondern
bezeichnet dies als Seebeben.
Selbst wenn sich ein Seebeben weit draußen auf dem Ozean ereignet,
kann es trotzdem für die nahe gelegenen Küstenregionen zu einer
großen Gefahr werden, da es große Flutwellen auslöst. Vor der Insel
Kos war diese Welle zum Glück nicht so hoch, dennoch hat das
Seebeben, das in 12 Kilometer Meerestiefe stattgefunden hat, große
Schäden angerichtet. Die großen Flutwellen, die aufgrund
plötzlicher Hebung oder Senkung von Teilen des Meeresbodens
entstehen, nennt man Tsunami. Dieser Begriff stammt aus dem
Japanischen und heißt übersetzt „Hafenwelle“. Diese Wellen sind
auf hoher See gar nicht so hoch und manchmal kaum zu sehen, dafür
sind sie aber rasend schnell und können bis zu 800 Stundenkilometer
erreichen. Ihre Größe entsteht erst in Ufernähe, da sie dort durch
das niedrige Wasser abgebremst werden. Sie können bis zu vierzig
Meter hoch werden! So wunderten sich japanische Fischer früher, dass
sie während ihres Fischfangs auf dem offenen Meer gar keine große
Welle gesehen hatten, der Hafen aber dennoch von einer Welle zerstört
worden war und nannten diese Besonderheit daher Hafenwelle bzw. in
ihrer Sprache „Tsunami“.
Naturerscheinungen, wie Erd- oder Seebeben, aber auch Gewitter oder
Vulkanausbrüche haben den Menschen schon immer Angst gemacht, weil
sie kaum vorhersehbar sind. Übrigens: Früher, als man in der
Erdbebenforschung noch nicht so weit war, glaubten die Menschen, dass
Götter für die Erdbeben verantwortlich seien. So wurden Seebeben bei
den Griechen dem Meeresgott Poseidon zugeschrieben. Die Japaner
glaubten an einen Drachen, der im Innern der Erde wohnt und sich bei
schlechter Laune so sehr schüttelt, dass die Erde erzittert. Laut
indischer Mythologie, also der Welt der Sagen, ruht die Erde auf acht
Elefantenrücken. Sobald sich einer der Elefanten ausruht und hinlegt,
gerät die Welt aus dem Gleichgewicht und fängt an zu wackeln.
Heutzutage weiß man zwar ziemlich genau, warum ein Erdbeben entsteht
und auch die meisten besonders erdbebengefährdeten Gebiete sind den
Forschern bekannt. Dennoch gibt es noch keine hundertprozentigen
Frühwarnsysteme für Erdbeben. Daran wird jedoch weiter geforscht und
gearbeitet. Für Tsunamis gibt es aber beispielsweise im Indischen
Ozean schon ein Frühwarnsystem. Mehrere hundert Meeres-Stationen
liefern dort entsprechende Daten an die Warnzentralen, so dass diese
dann im Ernstfall die Bevölkerung hoffentlich rechtzeitig informieren
können.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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