"Sternstunden" im All
Längste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts

Anblick des von der Erde verfinsterten kupferroten Mondes. | Foto: dlr
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  • Anblick des von der Erde verfinsterten kupferroten Mondes.
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  • Am 27. Juli 2018 wird sich ab 19:15 Uhr Mitteleuropäischer
  • Sommerzeit die mit 103 Minuten längste totale Mondfinsternis des 21.
    Jahrhundert ereignen.[/*]

  • Darüber hinaus befindet sich der Mars zur
  • gleichen Zeit in so genannter "Opposition" und steht mit der Erde und
    Sonne auf einer Linie. Zudem handelt es sich um eine nahe Opposition,
    so dass man ihn in nahezu maximaler Helligkeit und Größe beobachten
    kann.[/*]

  • Schwerpunkt(e): Astronomie, Raumfahrt, Exploration,
  • ISS[/*]

Wenn der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst am 27. Juli 2018 um
22:22 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit die Gelegenheit hat, einen
Blick aus der Internationalen Raumstation ISS zu werfen, wird er die
wohl beste Aussicht auf ein außergewöhnliches Naturschauspiel haben:
die längste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts. Aber auch wir
"Erdbewohner" dürfen uns auf diesen letzten Freitagabend des Juli
2018 freuen, wenn der Vollmond in den Stunden vor Mitternacht für
knapp zwei Stunden völlig in den Kernschatten der Erde eintaucht und
sich kupferrot verfärbt.

Insgesamt 103 Minuten wird das Himmelsereignis dauern. Erst am 9. Juni
2123 wird es eine drei Minuten längere Mondfinsternis geben. Und erst
an Sylvester 2028 wird in Mitteleuropa wieder eine Mondfinsternis,
ähnlich wie jetzt, in vollem Verlauf zu sehen sein. In diesem Beitrag
erklärt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) den
Ablauf dieses Himmelsphänomens.

Wenn der Mond in den Schatten tritt

Das Ereignis einer Mondfinsternis hat die Menschen seit jeher
fasziniert und sie in früheren Zeiten oft in Furcht und Schrecken
versetzt. Insbesondere war eine totale Mondfinsternis, bei der der
Mond komplett in den Kernschatten der Erde eintritt und die
Vollmondscheibe eine kupferrote bis strahlendorangene Farbe annimmt,
in der altorientalischen, antiken Welt ein Zeichen der Götter, die im
Himmel residierten und von dort aus machtvoll in die irdische Welt
eingriffen. Um deren Botschaften am Firmament zu verstehen, hielten
sich die Regenten damals kundige Sterndeuter, die gewissenhaft den
Himmel beobachteten, alles aufzeichneten und versuchten, verlässliche
Vorhersagen für ihren Herrscher zu machen. Auf solche Weise erkannten
die babylonisch-sumerischen Gelehrten auch den Saros-Zyklus, ein
Zeitmaß für das aufeinanderfolgende Auftreten ähnlich verlaufender
Sonnen- und Mondfinsternisse.

Heute weiß man, dass die Ursache für die "geheimnisvolle" Färbung
des Mondes darin liegt, dass das langwellige rote Licht der
Sonnenstrahlen gebrochen und in Richtung unseres Trabanten gelenkt
wird, während die kurzwelligen blauen Lichtwellen vollständig in der
Erdatmosphäre gestreut werden. Zusätzlich sorgen Staub und Asche in
der Hochatmosphäre für die satte Farbe, die die Mondfinsternis zu
einem spektakulären Ereignis werden lässt. Ein Astronaut, der auf
dem Mond stände und in Richtung Erde blickte, sähe die Nachtseite
der Erde, umsäumt von einem rötlich schimmernden dünnen Lichtsaum -
eine totale Sonnenfinsternis. Während der Apollo-Mondlandungsära,
deren Beginn sich mit Apollo 8 in der kommenden Weihnachtszeit zum 50.
Mal jährt, hätten die US-Astronauten dazu dreimal eine Chance gehabt
(siehe Kasten). Weitere Informationen dazu, wie eine Mondfinsternis
entsteht, gibt dieser Artikel.

Der Verlauf der Mondfinsternis am 27. Juli 2018

Nach dem Aufgang des Vollmonds über dem südöstlichen Horizont um
21:01 Uhr (alle Zeitangaben in Mitteleuropäischer Sommerzeit, MESZ,
für 50 Grad nördlicher Breite und 10 Grad östlicher Länge - was 20
Kilometer westlich von Schweinfurt liegt) dauert es noch eine knappe
halbe Stunde, bis der Mond komplett in den Kernschatten der Erde
eingetaucht ist und die sogenannte totale Phase beginnt. Während
dieser Zeit ist der Himmel noch aufgehellt, da die so genannte
bürgerliche Dämmerung gerade erst begonnen hat. In dieser hellsten
Phase der Dämmerung befindet sich die im Westen untergehende Sonne
nur knapp unterhalb des Horizonts und der Mond steht gleichzeitig nur
wenige Grad über dem Horizont im Südosten.

Das Eintauchen des Mondes in den Kernschatten der Erde ist zu diesem
Zeitpunkt bereits in vollem Gange und die Helligkeit derjenigen
Mondgebiete, die bereits vom östlichen Mondrand ausgehend im
Kernschatten liegen, nimmt erkennbar ab.

Um 21:30 Uhr befindet sich der Mond schließlich ganz im Kernschatten.
Noch herrscht die bürgerliche Dämmerung vor, die erst 20 Minuten
später endet. Die Mitte der Finsternis wird um 22:22 Uhr und das Ende
der Totalität um 23:13 Uhr erreicht. Von da an tritt der Mond
allmählich wieder aus dem Kernschatten der Erde heraus und wird
Stück für Stück heller. Nachts um 1:30 Uhr des folgenden Tages hat
er den Halbschatten komplett verlassen und die Finsternis ist zu Ende.

Tipps für die Beobachtung:

Die günstigsten Beobachtungsbedingungen für die Finsternis herrschen
im Süden und Osten Deutschlands, klare Sicht bis zum Horizont
vorausgesetzt. Im Süden, weil dort der Mond bis zum Ende der totalen
Verfinsterung immerhin eine Höhe von maximal 16 Grad über dem
Horizont erreicht, im Osten, weil er dort früher aufgeht und die
Finsternis vollständiger zu beobachten ist, der Mond allerdings nicht
sehr hoch über den Horizont steigt. In jedem Fall ist es unabdingbar,
sich einen Beobachtungsplatz zu suchen, von dem aus in südöstlicher
Richtung ein freier Blick bis zum Horizont möglich und der weitgehend
frei von störenden irdischen Lichtquellen ist. Mit einem Feldstecher
ist die Mondfinsternis noch beeindruckender zu beobachten. Auf dieser
Webseite kann man sich den Verlauf und die Zeiten der Mondfinsternis
für den jeweiligen Standort anzeigen lassen.

Erdferner Mond beschert zusätzliche Minuten Finsternis

Die Finsternis am 27. Juli ereignet sich, zu einem Zeitpunkt, an dem
der Mond den erdfernsten Abschnitt seiner Bahn in rund 406.000
Kilometern Distanz durchläuft und so zum "kleinsten Vollmond des
Jahres" wird. Doch dieser, für das bloße Auge kaum wahrnehmbare
Größenunterschied im Vergleich zu einem Vollmond in Erdnähe, wird
durch die sogenannte Mondtäuschung mehr als kompensiert. Diese
optische Täuschung lässt uns den Mond in Horizontnähe auffallend
größer erscheinen, als wenn er hoch am Himmel steht. Am Ende der
totalen Phase steht der Mond hierzulande im bayerischen Oberstdorf 16
Grad und auf Sylt knapp 10 Grad über dem Horizont. Und die etwas
geringere Bahngeschwindigkeit des Erdtrabanten in der Erdferne, im
Apogäum, beschert uns eine etwas längere Finsternisdauer.

Weiteres Highlight: Mars in Opposition und Erdnähe

Genau anders verhält es sich mit dem Nachbarplaneten Mars. Zum
Zeitpunkt der Finsternis hat der langsamer als die Erde die Sonne
umkreisende Mars seine Oppositionsstellung gegenüber der Sonne nahe
des Perihels seiner Bahn erreicht und kommt der Erde nach knapp 15
Jahren wieder sehr nahe. Am 31. Juli, nur vier Tage nach der
Mondfinsternis, beträgt sein aktuell geringster Abstand 57,6
Millionen Kilometer und der scheinbare Durchmesser des roten Planeten
wächst auf 24,3 Bogensekunden an. Zur Mitte der Totalität kann man
versuchen, ihn ungefähr sechs Grad südlich des Mondes, nur wenige
Grad über dem Horizont, zu erspähen und zusammen mit dem Mond zu
fotografieren.

Mit Sicherheit wolkenfreier Blick von der ISS

Am 6. Juni starte Alexander Gerst vom russischen Weltraumbahnhof
Baikonur zu seinem zweiten Einsatz auf der Internationalen Raumstation
ISS. Er wird daher mit seinen fünf Crewkollegen der Horizons-Mission
auf seinem Außenposten im All in der bevorzugten Lage sein, die
Mondfinsternis und den 'nahen' Mars unabhängig von Wetter und
atmosphärischer Absorption zu beobachten. Immerhin dauert die totale
Phase mit 103 Minuten länger als eine Erdumrundung der ISS von 92
Minuten und während des gesamten Finsternisverlaufes von 19:15 Uhr
bis 1:30 Uhr vergehen für die Crew ganze vier "Bordtage". Die totale
Phase der Finsternis könnte die Crew insgesamt mehr als eine
Dreiviertelstunde verfolgen, wenn sie über die Nachtseite der Erde
fliegt. Und in der Tat: Kurz nach Mitte der Totalität wird um 22:30
Uhr die ISS nahe der hell leuchtenden Venus im Westen aufgehen, um
22:34 Uhr nahe am Polarstern vorbeiziehen und knapp zehn Minuten über
Deutschland sichtbar sein. Alexander, bitte dann melden!

Uhrzeit (MESZ) | Ereignis
19:15 Eintritt des Mondes in den Halbschatten
20:24 Eintritt des Mondes in den Kernschatten
21:01 Mondaufgang für 50°N, 10°O
21:09 Sonnenuntergang für 50°N, 10°O
21:30 Beginn der Totalität
21:50 Ende der bürgerlichen Dämmerung
22:22 Mitte der Finsternis
22:43 Ende der nautischen Dämmerung
23:13 Ende der Totalität
23:55 Ende der astronomischen Dämmerung
00:19 Austritt des Mondes aus dem Kernschatten
01:30 Austritt des Mondes aus dem Halbschatten

MESZ = UT + 2 Stunden

Mondflugmissionen

Mondflug | Missionsdauer | Highlight
Apollo 8 21. - 27. Dez. 1968 erste bemannte Mondumrundung
Apollo 10 18. - 26. Mai 1969 erster Landfährenabstieg ohne Landung
Apollo 11 16. - 24. Juli 1969 erste Mondlandung
Apollo 12 14. - 24. Nov. 1969 Landung bei Surveyor 3
Apollo 13 11. - 17. April 1970 Notlage an Bord mit glücklichem
Ausgang
Apollo 14 31. Jan. - 9. Feb. 1971 erster Einsatz ein Mondhandkarre
10. Feb. 1971 Totale Mondfinsternis
Apollo 15 26. Juli - 7. Aug. 1971 erster Einsatz eines Mondautos,
totale Mondfinsternis beobachtet auf dem Rückflug am 6. August
30. Jan. 1972 Totale Mondfinsternis
Apollo 16 16. - 27. April 1972 erste Untersuchung einer lunaren
Hochebene
Apollo 17 7. - 19. Dez. 1972 letzte und längste Mondlandung
Quelle:
dlr

Anblick des von der Erde verfinsterten kupferroten Mondes. | Foto: dlr
Verlauf der totalen Mondfinsternis in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 2018. | Foto: dlr
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