Es kann einfach jeden treffen
Schutz gegen Hochwasser und Starkregen

Hochwasser 2021 an der Agger in Troisdorf. | Foto: Stadt Troisdorf
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Wie steht es um den Hochwasserschutz an Flüssen? In welchem Zustand sind die Kanalsysteme und wo droht Überflutungsgefahr? Dieses Thema soll dieser Artikel an den Beispielen der Städte Troisdorf und Niederkassel sowie der Gemeinde Much zeigen.

Auf etwa zwölf Kilometer Länge liegt Niederkassel am Rhein, Hochwässer gibt es regelmäßig, die höchsten in den Jahren 1993 und 1995 mit einem Kölner Pegel von 10,90 Meter. Alle Deichanlagen im Stadtgebiet Niederkassel verfügen über einen Schutz gegen ein Bemessungshochwasser mit einer Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 200 Jahren. Bezogen auf den Kölner Pegel entspricht dies 11,90 Meter. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Deiche im Stadtgebiet saniert und erhöht. Sogenannte „Deichschauen“ finden jährlich mit der Bezirksregierung statt. Turnusmäßige Überprüfungen durch die Stadt Niederkassel erfolgen ebenfalls, um frühzeitig mögliche Schäden entdecken und beheben zu können. 2009 wurde ein 158 Hektar großes Retentionsbecken in Betrieb genommen, das ab einem Kölner Pegel von 11,30 Meter mit bis zu 4,5 Millionen Kubikmeter Wasser geflutet werden kann.

Auf dem Gebiet der Gemeinde Much gibt es unzählige kleine Flüsse und Bäche. Sie liegen jedoch in verhältnismäßig gering bebauten Tälern mit viel Retentionsraum, sodass Starkregen- und Hochwasserereignisse auf natürlichem Wege abgemildert werden. Daher wurden bisher auch keine Orte mit erhöhten oder wiederkehrenden Schadensereignissen ausgemacht. Die wenigen bebauten Bereiche in der Nähe dieser Wasserläufe werden im Bedarfsfall präventiv von den örtlichen Rettungsgeräten überwacht. Auch Ausspülungen von landwirtschaftlich genutzten Flächen kamen bislang selten vor. Aufgrund dieser Gegebenheiten sowie der Unvorhersehbarkeit von lokalen Wetterereignissen seien Präventivmaßnahmen kaum umsetzbar, heißt es aus der Gemeinde. Auch die Beschaffung mobiler Schutzsysteme ist derzeit nicht vorgesehen. Dennoch wurden nach den Ereignissen in anderen Kreiskommunen aus dem vergangenen Juli für Much viele denkbare und undenkbare Szenarien durchgespielt und Maßnahmen getroffen, die im Fall der Fälle sofort ergriffen werden sollen.

Das Beaver-Schlauchdammsystem wird in Troisdorf im Hochwasserfall eingesetzt. | Foto: Stadt Troisdorf
  • Das Beaver-Schlauchdammsystem wird in Troisdorf im Hochwasserfall eingesetzt.
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Die Stadt Troisdorf liegt an den drei Flüssen Sieg, Agger und Sülz, die zwar deutlich kleiner als der Rhein sind, aber dennoch Gefahren für die Bevölkerung darstellen können. 4,9 Kilometer lang ist der Hochwasserschutzdamm an der Sieg, der in den 1920er-Jahren erbaut und bis 2015 in Abschnitten saniert wurde. Für einen Pegel von 5,09 Meter (200-jährliches Hochwasser) ist er ausgelegt, die Höchststände der Sieg stammen aus den Jahren 1984 (4,47m) und 2021 (4,42m). Ausgelegt für ein 100-jährliches Hochwasser (4,73m) ist der 2,7 Kilometer lange Deich an der Agger, der im 18. Jahrhundert erbaut wurde und der demnächst zum Schutz vor einem 200-jährlichen Hochwasser saniert werden soll. Im vergangenen Jahr wurden 4,74 Meter Pegel erreicht. Daher hat die Stadt Troisdorf primär für den Aggerdamm sogenannte Beaver-Schlauchdämme angeschafft, die auf der Deichkrone platziert werden. Stadt, Deichverband Untere Sieg und Bezirksregierung führen regelmäßige Kontrollen und Deichschauen durch. An der Sülz ist kein Deich vorhanden.

Doch bei Starkregen droht nicht nur Gefahr „von oben“, auch „von unten“ kann es brenzlig werden, wenn die Kanalisation überlastet ist. Rund 150 Kilometer Kanalsystem gibt es in Much und Niederkassel – hier 92 Prozent als Mischwassersystem für Schmutz- und Niederschlagswasser – in Troisdorf sind es stolze 270 Kilometer für Mischwasser sowie 42 Kilometer für reines Regenwasser. Das Niederkasseler Abwasserwerk gibt an, dass 92,5 Prozent des Kanalnetzes als schadenfrei gilt, bei einem Alter von 30 bis 35 Jahren. Im Schnitt 40 Jahre alt sind die Kanalleitungen in der Gemeinde Much, die neusten gibt es im Zentralort und Marienfeld. Ein Viertel des Kanalnetzes, das bis zu 65 Jahre alt ist, muss in den kommenden Jahren saniert werden. Die Stadt Troisdorf plant in den nächsten Jahren die Sanierung von rund 15 Prozent des Kanalnetzes, 80 Prozent der Rohre sind nicht älter als 50 Jahre.

Eine regelmäßige Reinigung und Kontrolle von Kanalisation und Sinkkästen ist in jeder Kommune unabdingbar, um die volle Funktionsfähigkeit des Kanalnetztes gewährleisten zu können. | Foto: Stadt Niederkassel
  • Eine regelmäßige Reinigung und Kontrolle von Kanalisation und Sinkkästen ist in jeder Kommune unabdingbar, um die volle Funktionsfähigkeit des Kanalnetztes gewährleisten zu können.
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Kommunale Kanalnetze sind in der Regel für fünfjährliche Starkregenereignisse ausgelegt, in Niederkassel größtenteils sogar für ein zehnjährliches Regenereignis. Im Fall, dass der Regen stärker ist als die Kanäle es schaffen, wird das Wasser überall planmäßig in Bereiche abgeleitet, wo das Schadenpotential gering ist, zum Beispiel Verkehrs- und Freiflächen. Regelmäßige - besonders im Herbst - Aufgabe der Kommunen ist es, dass die Sinkkästen gereinigt werden. In Niederkassel sind dies 3.500, in Troisdorf 12.000. Die Kanalsysteme werden ebenfalls regelmäßig gereinigt und inspiziert, um Schäden rechtzeitig erkennen zu können. Aufgrund der topographischen Verhältnisse gibt es in Much außerdem über 40 Pumpwerke.

Jeder Bürger kann und sollte etwas tun, um auf Starkregenereignisse vorbereitet zu sein, ist man sich in allen drei Kommunen einig. Das fängt mit einer Rückstausicherung im Haus an, beinhaltet aber auch, dass kein Müll über die Toilette entsorgt wird und „Steinwüsten“ in den Gärten vermieden werden, um möglichst viel Niederschlagswasser natürlich versickern zu lassen. Hochwassergefahren- sowie Starkregenrisikokarten, die eine Übersicht über besonders gefährdete Bereiche in den Städten und Gemeinden aufzeigen, gibt es auf vielen Internetseiten der Kommunen oder (Ab-)Wasserwerke.

Redakteur/in:

Patrick Beck aus Niederkassel

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