Erftstädter Landwirte mit außergewöhnlicher Aktion
Umweltschutz. Machen wir!

Stellvertretend für ihre Kollegen haben die vier Erftstädter Landwirte große Strohpuppen und Plakate aufgestellt (von links): Stadtlandwirt Frido Schneider, Robert Odenthal aus Erp, Martin Richrath aus Dirmerzheim und Jörg Hoffsümmer aus Ahrem. | Foto: dru
  • Stellvertretend für ihre Kollegen haben die vier Erftstädter Landwirte große Strohpuppen und Plakate aufgestellt (von links): Stadtlandwirt Frido Schneider, Robert Odenthal aus Erp, Martin Richrath aus Dirmerzheim und Jörg Hoffsümmer aus Ahrem.
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Erftstadt - Mit einer ungewöhnlichen Aktion machen Erftstädter Landwirte seit
dieser Woche auf ihre Anliegen aufmerksam. An verschiedenen Stellen im
Stadtgebiet haben sie am Dienstagabend große Strohpuppen aufgestellt.
Auf Schildern sind kurze Schlagzeilen zu lesen: „Ganz ohne
Pflanzenschutz geht es nicht! Eure Landwirte informieren.“ Oder
auch: „Insektenschutz. Machen wir! Ihr auch?“

„Wir möchten über diese Aktion mit den Bürgerinnen und Bürgern
ins Gespräch kommen, aufklären und um Verständnis für unsere
Situation werben“, sagt Jörg Hoffsümmer. Der Ahremer Landwirt ist
einer der Initiatoren. Sie alle wollen sich nicht nachsagen lassen,
den Umweltschutz zu vernachlässigen oder ihm gar zu schaden. Vielmehr
sollen Bürger überzeugt werden, dass gerade die Landwirte, die ihrem
Beruf verantwortungsbewusst nachgehen, so einen wichtigen Beitrag zum
Erhalt von Natur, Artenvielfalt und Kulturlandschaft leisten.“

Hintergrund ist eine aktuell vom „Bündnis pestizidfreies
Erftstadt“ initiierte Unterschriftenaktion. „Bislang“, sagt
Landwirt Martin Richrath, „standen wir in einem sehr konstruktiven
Kontakt mit dem Verein. Wir haben deren Infoveranstaltungen besucht
und uns der gemeinsamen Diskussion gestellt.“ Die Atmosphäre hat
Stadtlandwirt Frido Schneider als „sehr sachlich“ empfunden.

Die Idee, weiter im Gespräch zu bleiben und gemeinsam nach für alle
tragbaren Lösungen zu suchen, sehen die Erftstädter Landwirte durch
die jetzt begonnene Unterschriftenaktion des Bündnisses allerdings
gefährdet. Ein Flyer, der bei der Aktion verteilt wird, lasse
vermuten, dass auch Landwirte das Bündnis unterstützten. „Den
Bürgern wird suggeriert, als ob wir da einfach so mitmachen. Das
finden wir nicht korrekt“, sagt Stadtlandwirt Schneider. Robert
Odenthal, Landwirt aus Erp, ergänzt: „Wir sehen natürlich manche
Dinge etwas differenzierter. Die geforderte 100 Prozent-Lösung
können wir so nicht unterstützen.“

Letztlich sehen sich die Landwirte durch die Aktion des Bündnisses in
die falsche Ecke gestellt. Das ganze Thema müsse sehr viel
detaillierter und globaler betrachtet werden, sagten die Landwirte.
Alles nur mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch die
Landwirte zu begründen, sei viel zu kurz gedacht.

Der Rückgang der Insektenzahl sei zum Beispiel auch in
wirtschaftlichen Veränderungen in der Landwirtschaft begründet. So
gebe es im Kreis insgesamt nur noch etwa 650 Betriebe. Und nur ganz
wenige davon betreiben Viehwirtschaft. Was viele Bürgerinnen und
Bürger nicht wissen: Wo es kein Vieh gibt, bleiben auch die Insekten
aus. Und würden zum Beispiel Weiden nicht gemäht, verschwindet
blühende Vegetation. Die Flächen würden mit der Zeit verholzen,
ergänzt Robert Odenthal.

In der Tat belaste industrielle Landwirtschaft in riesigen Betrieben
die Umwelt, räumt Martin Richrath ein. Solche Betriebe finden man
etwa in den ostdeutschen Bundesländern, vor allen Dingen aber auch in
den USA und Teilen von Südamerika. Die Betriebe in der Region, auch
in Erftstadt, seien sehr viel kleiner strukturiert. Und tatsächlich
passiere hier schon sehr viel für den Naturschutz. Stadtlandwirt
Frido Schneider verweist auf die vielen Blühstreifen, die inzwischen
rund um die Ackerflächen angelegt worden seien: „Wir vergiften doch
nicht unsere Umwelt!“ Jörg Hoffsümmer ergänzt: „Wir tun eine
Menge für die Natur, etwa durch Ernteverzicht zugunsten von Lerchen,
Feldhamstern und Kibitzen.“

Die Ergebnisse von Proben verschiedener Wasserstellen zeigten
eindeutig, dass in landwirtschaftlichen Flächen kein Glyphosat
enthalten sei, wohl aber in den städtischen Abwassern. Und das hat
aus Sicht der Landwirte einen einfachen Grund: „Wir setzen auf
unseren beackerten Flächen gar kein Glyphosat ein, weil es dort für
uns keinen Sinn machen würde“, sagt Martin Richrath. Lediglich ein
schmaler Streifen entlang der Äcker würde mit dem Mittel behandelt.
Trotzdem: ohne Düngen und Spritzen geht es nicht. Robert Odenthal
ergänzt: „Und wenn die Pflanze krank ist, müssen wir reagieren.“

Wichtig ist den Landwirten, gemeinsam mit den Erftstädter und dem
„Bündnis für ein pestizidfreies Erftstadt“ Schritt für Schritt
gemeinsam in die richtige Richtung zu gehen. Deshalb bieten die
Landwirte auch den Dialog an. Jörg Hoffsümmer lädt, so wie alle
anderen auch, jeden ein, sich bei ihm auf dem Hof direkt zu
informieren. Und, die Erftstädter Landwirte werden eine große
Infoveranstaltung organisieren, zu der auch externe Experten
eingeladen werden.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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