Betrugsmasche in der Energiekrise
„Zählernummer nicht rausgeben!“

„In gar keinem Fall die Zählernummer preisgeben. Damit kann ein Energieanbieter einen Anbieterwechsel anstoßen“, warnt die Verbraucherzentrale.  | Foto: pixabay
  • „In gar keinem Fall die Zählernummer preisgeben. Damit kann ein Energieanbieter einen Anbieterwechsel anstoßen“, warnt die Verbraucherzentrale.
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Als Mitarbeiter lokaler Energieanbieter oder einer Energiezentrale getarnt, versuchen Betrüger deutschlandweit Zählernummern und Zählerstände zu erfragen, um damit neue Energielieferverträge für ihre Opfer abzuschließen und Provisionen zu kassieren.

Region. „In der Krise beweist sich der Charakter“, hat Helmut Schmidt einmal gesagt. Die Auswirkungen der letzten Krisen durch Flüchtlingsbewegungen, eine Pandemie und einem verheerenden Angriffskrieg in Europa, hat der 2015 verstorbene Alt-Bundeskanzler schon nicht mehr erlebt. Ob er überrascht gewesen wäre über den „Charakter“ vieler?

Getrieben von Angst wurden vielerorts Grundwerte wie Nächstenliebe und Gastfreundschaft über Bord geworfen, Ängste aus politischem oder wirtschaftlichem Kalkül geschürt und Klopapier gehamstert. Die Einschätzung von ausgewiesenen Experten zählte plötzlich weniger als die von Verschwörungstheoretikern im Internet und aktuell können sich einige anscheinend auch mit einem menschenverachtenden Angriffskrieg und Kriegsverbrechen in der Ukraine arrangieren, wenn dafür in Deutschland die Energiepreise sinken.

Und natürlich versuchen einige auch Kapital aus der aktuellen Energiekrise zu schlagen: „In der vergangenen Woche hatte ich zwei Anrufe, von zwei unterschiedlichen Handynummern“, erzählt Mathias Schilling aus Wesseling.

In beiden Fällen wollten die Anrufer seine Zählerstände und Zählernummern erfragen. „Das ist eine Abzockmasche!“, warnt der Wesselinger. „Die Lage im Energiemarkt ist kritisch, war ja abzusehen, dass jetzt ein paar Kriminelle versuchen, aus der Situation Geld zu machen“, sagt er.

In einem Fall hätte sich die Anruferin als „von ihrem Energieversorger“ vorgestellt. Als Schilling nachfragte, wer denn sein Energieversorger sei, konnte sie die Frage nicht beantworten. Beim zweiten Mal stellte sich der Anrufer als Mitarbeiter „ihrer Energiezentrale“ vor. In beiden Fällen sollten Daten zu Strom- und Gasverträgen ausgespäht werden.

Bei Mathias Schilling stießen die Betrüger auf taube Ohren, die Nummern hat er der Bundesnetzagentur gemeldet. Dieser ist die Betrugsmasche bereits bekannt. Auch seriöse Energieanbieter warnen schon seit längerem vor der Masche.

„In gar keinem Fall die Zählernummer preisgeben. Damit kann ein Energieanbieter einen Anbieterwechsel anstoßen“, warnt die Verbraucherzentrale.

Wenige Informationen würden in der Regel schon genügen, um einen bestehenden Strom- oder Gasvertrag kündigen zu können. Und, um im nächsten Schritt, den Kunden bei einem anderen Versorger anzumelden. Das Ziel der Betrüger: Provisionen vom neuen Anbieter kassieren. Häufig würden die Verbraucher durch diese Masche bei Anbietern landen, die deutlich mehr berechnen und die Kunden abzocken würden.

Der Ablauf der Betrugsmasche sei immer gleich: „Die Gegenseite stellt sich gern als Mitarbeiter Ihres Stromversorgers vor und verwickelt Sie in ein Gespräch. Geschickt erfragen sie Ihren vollen Namen, Anschrift, Zählernummer und Zählerstand. Haben sie diese wichtigen Daten ergaunert, überzeugen sie die Betroffenen, auf eine SMS mit „Ja“ zu antworten - angeblich, um der Zusendung eines Angebots zuzustimmen.

Doch mit dieser Antwort-SMS ist die Textform erfüllt und die Falle schnappt zu. Denn in Wahrheit ist damit ein Vertragsabschluss besiegelt“, erklärt die Verbraucherzentrale.

In einigen Fällen gingen die Betrüger sogar noch weiter: „Auch ohne die schriftliche Bestätigung schließen sie Verträge ab – und fälschen die Unterschrift der Opfer. Nach einiger Zeit trifft dann Post ein, die die Opfer über den nie beabsichtigten Vertragswechsel informiert“, so die Verbraucherschützer.

Opfer der Betrugsmasche haben ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Seit mehr als einem Jahr dürfen Sonderverträge zudem nicht mehr telefonisch geschlossen werden.Ein Energieliefervertrag außerhalb der Grundversorgung bedarf der Textform. Das bedeutet, dass beide Vertragsparteien ihre jeweilige Vertragserklärung (Angebot und Annahme) in Textform abgeben müssen. Die Textform wird beispielsweise durch Vertragserklärungen per Brief, Fax, E-Mail oder SMS eingehalten.Die Widerrufsfrist beginnt am Tag des Vertragsabschlusses. „Solange Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht aufgeklärt wurden, beträgt die Frist für Ihren Widerruf ein Jahr und 14 Tage ab Vertragsschluss“, teilt die Verbraucherzentrale mit und rät Betroffene: „Reichen Sie Ihren Widerruf beim neuen Lieferanten am besten schriftlich per Fax oder Einschreiben ein. E-Mails sind nicht geeignet.“

Der bisherige Energieanbieter sollte ebenfalls sofort darüber informiert werden, dass man überhaupt nicht wechseln wolle und man niemanden zu einer Kündigung bevollmächtigt hat.

Redakteur/in:

Lars Kindermann aus Rhein-Erft

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