VORSICHT! Seien Sie skeptisch!
Betrug per Schockanrufen, WhatsApp & Co

Kriminalhauptkommissar ­Guido Kümpel gibt Tipps, was zu ­ beachten und zu tun ist. 
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„Die Betrüger arbeiten 24 Stunden am Tag und sieben Tage die ­Woche. Man muss jederzeit damit rechnen, dass sie ihre fiesen Fallen stellen. Und die ­zielen immer auf Emotionen und Druck, meist massiven Druck, mit dem sie die Angerufenen dazu drängen, aktiv zu werden.“ So fasst es in Kürze Kriminalhauptkommissar Guido Kümpel, zuständig für die Kriminalprävention der Polizei im Rhein-Erft-Kreis, zusammen.

Wie schnell und unvorbereitet es einen selbst „treffen“ kann, das hat Wolfgang Meszner bei einem Schockanruf erlebt. Er ist sich sicher: „Ich habe die Stimme meiner Tochter gehört! Das hat mich zuerst richtig gepackt!“ Er wurde zwar nicht zum Opfer, kann aber vollkommen nachvollziehen, dass Betrüger mit ihrer perfiden Art auch immer wieder ­Erfolg haben und insgesamt tausende Euro erbeuten. Wie man sich schützen und was man im Fall der Fälle tun kann:

Rhein-Erft-Kreis. Immer wieder muss sich die Polizei mit ­Fällen von perfider Betrügerei befassen, die Schäden von mehreren tausend Euro verursachen. Im Visier der Täter: vor allem ältere Menschen. Manchmal zielen die miesen Maschen auf die Gutgläubigkeit der Menschen oder auch ihre Hilfsbereitschaft beziehungsweise den großen Respekt gegenüber vermeintlicher Amtspersonen. Häufig wird auch massiv Druck aufgebaut, mit kons­truierten Geschichten, die immer einen persönlichen Bezug schaffen sollen. Ein jüngst sehr beliebtes Mittel: Schockanrufe!

Wolfgang Meszner: "Hatten mich am Anfang echt gepackt!"

Auch Wolfgang Meszner hatte bereits davon gehört - und dennoch: „Sie hatten mich am Anfang echt gepackt“, gesteht der 64-Jährige aus Frechen-Grefrath, der keineswegs leichtgläubig ist und beispielsweise immer die TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ verfolgt. Aber als am Mittwochnachmittag vor Fronleichnam sein Haustelefon klingelte, wurde ihm schnell anders: „Es meldete sich die Polizei - im Hintergrund helle Aufregung. Meine Tochter habe einen Unfall verursacht, in dessen Folge eine Mutter von zwei Kindern gerade im Krankenhaus verstorben sei. Und dann hörte ich im Hintergrund meine Tochter rufen: ‚Papa, Du musst mir helfen, ich habe Scheiße gebaut.“ Und Wolfgang Meszner ist sich sicher: „Es war die Stimme meiner Tochter!“ Als es dann kurze Zeit später aber da­rum ging, dass die Staatsanwaltschaft seine Tochter gegen Zahlung einer Kaution nicht ins Gefängnis „stecken“ würde, war sein Misstrauen geweckt: „Ich habe dann gesagt, dass ich gar nichts bezahle, wenn ich nicht mit meiner Tochter sprechen könne. Ich wollte dann wissen, wo sich der Unfall ereignet habe, damit ich dorthin kommen könne. Als man mir dann sagte, in Bonn, war für mich klar, dass da ­Betrüger am Werk waren. Ich ­habe dann gesagt, ich würde mit der hiesigen Polizei Kontakt aufnehmen und dann nach Bonn kommen - da hat die Dame dann ­sofort aufgelegt“, berichtet Wolfgang Meszner, dessen Tochter im Kreis Heinsberg lebt und arbeitet. Parallel zu seinem Telefonat hatte Wolfgang Meszner seinem Sohn bereits geschrieben, er solle sofort versuchen, die Schwester zu erreichen – kurze Zeit später kam die Antwort: alles okay!

Die Polizei warnt: „Die machen das sehr raffiniert und sehr manipulativ!“

„Herr Meszner hat das genau richtig gemacht. Bei allen Gefühlen und Emotionen, die einen in diesem Moment fesseln, denn die Betrüger machen das sehr raffiniert und manipulativ, gilt: Ruhe und kühlen Kopf bewahren, hinterfragen, was passiert ist, sich selbst beziehungsweise die Informationen absichern, also zum Beispiel versuchen, die angeblich betroffene Person zu erreichen. Im Zweifel kann man auch direkt bei der Polizei anrufen, weil die Kollegen mögliche Einsätze genau nachvollziehen können“, erklärt Kriminalhauptkommissar Guido Kümpel.

Dass sich Betrüger mittlerweile per künstlicher Intelligenz und „Datenklau“ aus dem Internet die persönlichen Stimmen für ihre Zwecke „aneignen“, hält Kümpel (noch) für unrealistisch. „Laut IT-Experten werden aktuell rund 30 Minuten an Sprachmaterial benötigt, um eine Stimme für eigene Zwecke ausnutzen zu können.“ Deshalb glaubt der Kriminalhauptkommissar vielmehr an die Wirkungsweise des Moments: „Wenn da mit vielen Details eine Situation aufgebaut wird, mit Stimmengewirr, Rufen und Schluchzen aus dem Hintergrund sowie einem wilden Durcheinander, in dem sich mittendrin eine Angehörige oder ein Angehöriger befinden sollen, dann nimmt man die jeweiligen Stimmen durchaus schnell als die der tatsächlich angehörigen Person wahr.“

Selbst auflegen und selbst die 110 wählen

Der Experte weist zudem auf weitere Tricks hin, mit denen sich Betrüger versuchen, zu „legitimieren“: „Mit technischen Mitteln wird beispielsweise als Rufnummer die 110 im ­Display angezeigt. Keine Polizei-Dienststelle und kein Polizist wählen aber jemals mit der 110 an“, betont Guido Kümpel. Eine weitere Masche: „Man versucht auch gerne, zu vermitteln, dass man doch selbst die 110 anrufen solle und tut so, als hätte man aufgelegt, sogar tonlich untermalt, tatsächlich wird bereits sozusagen neu gewählt und man landet wieder bei der gleichen Person. Deshalb ist darauf zu achten, dass man wirklich aktiv selbst auflegt. Und danach auch selbst aktiv die 110 wählt“, fasst Guido Kümpel zusammen.

Für Wolfgang Meszner und seine Familie steht fest: „Wir vereinbaren für Notfälle jetzt ein Kennwort, das nur wir wissen können!“ Ein Tipp, den auch Guido Kümpel immer wieder gibt: „Wie hieß der Opa mit Vornamen? Was war das liebste Kuscheltier des Kindes? All dies sind Informationen, die Betrüger nicht kennen!“
Vorsicht ist auch bei Nachrichten per Messangerdiensten geboten, bei denen neue Kontaktdaten übermittelt werden. Auch da gilt: Ruhe bewahren! Diese und weitere miese Maschen werden wir in den kommenden Wochen gemeinsam mit der Polizei in einer Serie zu aktuellen Betrugsfällen thematisieren - samt Tipps, wie man sich im Fall der Fälle am besten verhält. In diesem Sinne:

„Vorsicht! Seien Sie skeptisch!“


Die wichtigsten Tipps:

  • Ruhe bewahren
  • Selbst auflegen
  • Infos überprüfen
  • NIE Geld überweisen
  • oder überreichen
  • Selbst die 110 wählen
Kriminalhauptkommissar ­Guido Kümpel gibt Tipps, was zu ­ beachten und zu tun ist. 
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Wolfgang Meszner und seine Notizen zum Anruf: Der Frechener war zunächst ­„geschockt“, verhielt sich dann aber richtig.  | Foto: Düster
Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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