Ein paar Jahre bis Cupola
Matthias Maurer bereitet sich auf seinen ersten Raumflug vor

Die Abzeichen auf einem Overall hat nicht jeder: Astronaut Matthias Maurer. | Foto: König
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  • Die Abzeichen auf einem Overall hat nicht jeder: Astronaut Matthias Maurer.
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Lind - (kg). Während des Interviews im European Astronaut Centre (EAC)
fährt ein Rettungswagen heran, und hält vor der gläsernen
Hallentür. Matthias Maurer löst sich aus dem Gespräch, geht hinaus
und fragt die Einsatzleute, was sei, ob er helfen könne. „Alles in
Ordnung“, sagt der Arzt, jemanden sei vorhin unwohl geworden. Man
sieht einen älteren Herrn, einen Besucher von einem Rundgang. Er
sitzt an einem Tisch. Eine Dame, ungefähr in seinem Alter, steht bei
ihm.

Maurer ist ein aufmerksamer Mensch. Als er 20 war, absolvierte er
seinen Zivildienst als Rettungssanitäter. Dass er anderen hilft, war
wohl ein Grund, der dazu führte, einer von neun gewesen zu sein, die
sich gegen rund 8.500 Bewerber bei der European Space Agency (ESA)
durchsetzten, um Astronaut zu werden. Ähnlich wird es bei den
Teamkollegen gewesen sein, mit denen er vor drei Jahren in einer
Höhle auf Sardinien war. Während einer Übung habe er sich 20 Meter
„in die Dunkelheit“ an einem Seil herabgelassen. „Oben sicherte
ein Russe, unten wartete ein Chinese auf mich“. Ein Zweck der Übung
war Zusammenhalt.

Fast schon ins Schwärmen kommt der 47-Jährige promovierte
Materialwissenschaftler, wenn er vom NASA-Forschungsprogramm Neemo
erzählt, was für Nasa Extreme Environment Mission Operations steht.
Im Unterwasserlabor Aquaris, zehn Kilometer vor der Küste Floridas,
war er im vergangenen Juli und August mit fünf Leuten. Die Station
befindet sich in 15 Meter Tiefe, sie bietet eine ISS-ähnliche
Umgebung, aber auch derart kann simuliert werden, als sei man auf dem
Mars. Die 16-tägige Forschungsarbeit drehte sich um Korallenriffe,
darum, ob es Spezies gibt, die resistent sind gegen das
Korallensterben. Aus PVC-Rohren wurden etwa zwei Meter hohe
Trägerkonstruktionen mit Exponaten angelegt. Der Beginn eines
Langzeitexperiments, der nun ausgewertet werden könne.

In den nächsten Jahren soll Maurers Raumflug anstehen. „Zwischen
2020 und 2022 sind die Chancen sehr groß, dass es klappt“, sagt er.
Über ein halbes Jahr würde er dann in 400 Kilometern Höhe und mit
28.000 Km/h seine Kreise über die Erde ziehen. 440 Tonnen wiegt die
International Space Station (ISS), mit Sonnensegel misst sie 110 x 100
x 30 Meter. Gegen 6 klingelt da oben der Wecker, und das Team steht
auf. Von acht Uhr an wird gearbeitet, wobei Sport eine essentielle
Bedeutung im Arbeitsablauf hat: „Jeden Tag wird zwei Stunden Sport
gemacht“, sagt er. Denn ohne Sport würden sich in der
Schwerelosigkeit die Muskeln abbauen, das Kalk der Knochen aufgelöst
und durch den Urin ausgeschieden werden. Und Feierabend auf der ISS,
was macht dann da eigentlich? Mal abends einen Weltraumspaziergang
machen, fällt sicherlich nicht darunter. Denn das übt der
47-Jährige zurzeit in Houston, Texas. Er sagt, dass es anstrengend
sei: „Sechs Stunden Training fühlen sich wie drei Fußballspiele
hintereinander an“.

Doch zum Glück gibt es Cupola, ein Wort aus dem Italienischen, das
Kuppel bedeutet. Sie ist 1,50 Meter hoch und misst rund drei Meter im
Durchmesser. Von dort kann man die Erde und den Weltraum durch mehrere
große Fenster sehen. Die Aussicht muss atemberaubend sein.
Und wie wird man Astronaut?
Ganz einfach. Erst einmal studieren. Maurer studierte mehr durch
Zufall Materialwissenschaften. Eigentlich sollte es Luft- und
Raumfahrttechnik werden. Er entwickelte verschiedene Materialien,
schwärmt heute von der Bedeutung des Forschungszweigs der Ingenieure.
Immer leichter, immer hitzebeständiger soll es werden. Damit spare
man sehr viel Energie, zum Beispiel in der Luftfahrt. Und nach dem
Studium am besten noch promovieren. Und dann geht es zur Bewerbung. Es
gilt jede Menge Tests im Laufe eines Jahres zu bestehen. Astronauten
müssen nicht nur schlau sein, sondern auch sozial, teamfähig,
gesund, sportlich und sogar handwerklich geschickt sein. Schließlich
gibt es auf einer Raumstation keinen Hausmeister. Wer dann im Laufe
circa eines Jahres alle Tests der ESA besteht, das waren bei Maurer 10
von 8.500, der kann vielleicht Astronaut werden.

- Axel König

Die Abzeichen auf einem Overall hat nicht jeder: Astronaut Matthias Maurer. | Foto: König
Der Beobachtungsturm Cupola befindet sich auf der ISS und bietet phantastische Ausblicke auf die Erde. Hier hockt Maurer über der Simulation im Europäischen Astronautenzentrum in Lind. | Foto: König
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