Beucher jetzt Ehrenpräsident
Das Ende einer Ära

Der Bergneustädter Friedhelm Julius Beucher beendet nach 16 Jahren sein „exzessives Ehrenamt“. | Foto: © Binh Truong/DBS
  • Der Bergneustädter Friedhelm Julius Beucher beendet nach 16 Jahren sein „exzessives Ehrenamt“.
  • Foto: © Binh Truong/DBS

Region. 16 Jahre „exzessives Ehrenamt“ und schier unerschöpfliches Herzblut für den Sport von Menschen mit Behinderungen. 16 Jahre Botschafter, Kümmerer, Kämpfer, Netzwerker und gleichzeitig einer der größten Fans der deutschen Para-Sportlerinnen und Para-Sportler. Friedhelm Julius Beucher hat den Behindertensport in Deutschland geprägt wie kaum ein anderer. Nun endet eine Ära. Beim 19. Verbandstag des Deutschen Behindertensportverbandes in Berlin ist der 78-jährige Bergneustädter nicht mehr zur Wiederwahl angetreten. Eine Entscheidung, die er sich alles andere als leicht gemacht hat.

Omnipräsent

Wer sich mit dem Sport von Menschen mit Behinderungen beschäftigt, kommt an Friedhelm Julius Beucher nicht vorbei. 2009 wurde der ehemalige Abgeordnete des Deutschen Bundestages (1990 bis 2002) nach seiner Pensionierung als Rektor einer integrativen Schule zum ehrenamtlichen Präsidenten des DBS gewählt. Eine Rolle wie maßgeschneidert für den umtriebigen Politiker und Sportfreund aus Bergneustadt. Ob auf Veranstaltungen in der gesamten Bundesrepublik, als Gast beim Neujahrsempfang des Bundesprä-

sidenten im Schloss Bellevue, als gefragter Gesprächspartner vor laufender Kamera, im Radio oder bei Talkrunden, im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, auf der Sportministerkonferenz, bei unzähligen Gremien-

sitzungen oder als lautstarker Unterstützer mit geschwenkter Deutschland-Fahne auf den Tribünen dieser Welt ebenso wie beim Sportfest in Leverkusen oder in Cottbus – Friedhelm Julius Beucher war omnipräsent.

Menschenfänger mit Liebe für den Para-Sport

Achtmal führte er das Team Deutschland Paralympics als Delegationsleiter an: in Vancouver, London, Sotschi, Rio de Janeiro, PyeongChang, Tokio, Peking und zuletzt in Paris. Bei den Paralympischen Spielen war Beucher noch weitaus häufiger.

1992 in Barcelona erlebte Beucher als junger Bundestagsabgeordneter erstmals Paralympics vor Ort – eine prägende Erfahrung. „Damals wussten die Menschen nicht, wie man Paralympics überhaupt buchstabiert

– heute kennen sie einige Athletinnen und Athleten mit Namen. Damals gab es nach den Spielen eine halbstündige Zusammenfassung in einem Gesundheitsmagazin – heute berichten ARD und ZDF über 60 Stunden live von den Paralympics, in Paris erstmals sogar zur Primetime“, erzählt Beucher gerne und mit Stolz. Denn zu dieser Entwicklung hat der Bergneustädter, der vor seiner Wahl zum Präsidenten bereits einige Jahre Kuratoriumsvorsitzender des DBS war, maßgeblich beigetragen. Mit der ihm eigenen charmanten Hartnäckigkeit, mit großer Leidenschaft und ausgeprägter Überzeugungskraft.

Keine Frage: Friedhelm Julius Beucher ist ein Menschenfänger, ein Strippenzieher. Oder wie es die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2016 auf dem Parlamentarischen Abend des DBS sagte: ein politisches Schlachtross.

Beucher hat dem Sport von und für Menschen mit Behinderungen seinen Stempel aufgedrückt. Stets wirbt er um Aufmerksamkeit für die beeindruckenden Leistungen und rückt „seine“ Athletinnen und Athleten, für die er immer ein offenes Ohr hat, ins Scheinwerferlicht. Sein Leitspruch: „Ich fordere Respekt für die Leistungen der Sportlerinnen und Sportler, kein Mitleid.“

Para-Sport in den Blick gerückt

In seine Amtszeit fallen neben der stark gewachsenen Wahrnehmung des Para-Sports unter anderem die Angleichung der Prämien für die Medaillen-

gewinner und - gewinnerinnen bei Olympischen und Paralympischen Spielen, die Gleichrangigkeit von olympischem und paralympischem Sport, der erheb-

liche Zuwachs an hauptamtlichen Trainern sowie die damit einhergehende Professionalisierung, deutliche Verbesserungen in der Förderung der Athletinnen und Athletehen sowie große Schritte hinsichtlich der Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderung im Sport.

Beucher forderte barrierearme Sportstätten, eine bessere Hilfsmittelversorgung, mehr Sportangebote durch mehr Vereine und Übungsleiter, die sich für Menschen mit Behinderung öffnen, sowie weniger Barrieren in den Köpfen.

Vertrauter der Sportler

Die Athletinnen und Athleten haben zu ihrem „Friedhelm“ eine enge Bindung und haben ihm viel zu verdanken haben. „Es gibt wenige Menschen, die sich über so viele Jahre mit so großem Engagement und so viel Herzblut für die Paralympische Bewegung eingesetzt haben“, betont der mehrfache Paralympics-Sieger Markus Rehm.

Denise Schindler, ehemalige Para-Radsportlerin und zuletzt bei den Spielen in Paris ZDF-Expertin, fügt hinzu: „Keiner hat enthusiastischer geschrien, wenn ich die Startrampe heruntergefahren bin und keiner hat mich so lautstark bis ins Ziel gebrüllt. Friedhelm lebt die Paralympische Bewegung zu 100 Prozent. Danke für diesen großartigen Einsatz über all die Jahre.“ Mathias Mester sagt: „Ohne Friedhelm wäre der Behindertensport in Deutschland nicht da, wo er jetzt ist. Friedhelm war für die Athletinnen und Athleten nicht nur ein Präsident, sondern auch ein Freund.“

Friedhelm Julius Beucher. Ein Sportfunktionär mit Rückgrat, einer für die große Bühne und doch bodenständig. Ein Mann der klaren Worte und gleichzeitig mit großem Herz, aufrichtig und authentisch. Einer, der sich nicht hat verbiegen lassen. Eine Persönlichkeit, die fehlen wird an der Spitze des Deutschen Behindertensportverbandes.

Beucher wird dem Deutschen Behindertensportverband auch als Ehrenpräsident weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen sowie den eingeschlagenen Weg der Professionalisierung und Modernisierung des Verbandes weiter begleiten.

Quelle: Kevin Müller/DBS

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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