Mitmenschen etwas Zeit schenken
Kölsch Hätz kämpft gegen Isolation und führt zusammen

Foto: Kölsch Hätz

INNENSTADT - (dg). Seit fünf Jahren besteht die Nachbarschaftshilfe Kölsch Hätz
am Ebertplatz. „Hier im Agnesviertel geht uns die Arbeit auch nicht
aus, es ist ein sehr dynamisches Viertel, von Studenten über Familien
bis zu Senioren,“ so Angelika Bahls, hauptamtliche Koordinatorin des
Ehrenamtsbereichs.
Die Nachbarschaftshilfe kämpft in Köln schon seit 1997 gegen die
zunehmende Isolation und Anonymisierung im Alter. Am Standort
Ebertplatz laufen derzeit 38 Vermittlungen. Zu verdanken ist dies vor
allem den fünf ehrenamtlichen Koordinatoren: Ingeborg Bohland, Carola
Hauser, Ursula und Klaus Stallmann und Svenja Over-Müller. Ihnen
gelingt es immer wieder, die richtigen Menschen zusammenzuführen.
„Jeder, der Zeit verschenken kann oder Hilfe sucht, darf sich hier
melden. Wir fragen nicht nach einem sozialen oder religiösen
Hintergrund. Wir sind offen für jeden. Das zeichnet auch unser
Viertel aus,“ erzählt Klaus Stallmann. Seit 2009 arbeitet er hier
ehrenamtlich mit seiner Frau. 20 Jahre waren sie in der Welt
unterwegs, unter anderem haben sie in Afrika Straßen gebaut. Heute
verbindet er wieder Menschen miteinander. „Zeit ist ein hohes Gut
geworden in unserer Gesellschaft. Es ist großartig, dass es doch so
viele Menschen gibt, die dieses Gut teilen wollen.“
In der Regel melden sich die Hilfesuchenden per Telefon oder E-Mail in
der Einrichtung. Im nächsten Schritt besuchen die Koordinatoren sie
dann meist Zuhause. Sie wollen herausfinden, welche Bedürfnisse
diejenigen haben und welche Hilfe sie sich konkret wünschen.
Danach beginnt die eigentliche Suche der Koordinatoren. Sie müssen
einen Ehrenamtler finden, der am besten zum Antragsteller passt. Das
könne auch schon mal bis zu zwei Monate dauern, erläutert Angelika
Bahls.
Bei Lena Grünewald und Annemarie Rüter hat es nur wenige Tage
gedauert. Die 63-jährige Annemarie Rüter hatte selbst schon als
Zeitschenkerin für Kölsch Hätz gearbeitet. Damals begleitete sie
eine 80-jährige Dame. „Sie war Designerin. Wir sortierten oft
Knöpfe und sprachen über Mode,“ erinnert sich Annemarie Rüter.
Heute ist es umgekehrt. Nun nimmt sie die Hilfe von Lena Grünewald
an. Die Erzieherin aus Düsseldorf hat es vor einiger Zeit nach Köln
verschlagen: „Für mich als Wahlkölnerin ist es wunderbar, meine
neue Heimatstadt durch die Augen von Frau Grünewald zu entdecken. Ich
lerne so viel über Köln.“ Einmal in der Woche für circa ein bis
zwei Stunden treffen sich die beiden und gehen oft spazieren. „Ich
erzähle ihr Geschichten über Köln und sie hilft mir beim Laufen“,
erzählt Annemarie Rüter und Lena Grünewald ergänzt: „es ist ein
Geben und Nehmen. Wir profitieren beide.“ Genauso soll es laut der
Nachbarschaftshilfe auch sein. Für manche sei es aber schwer, den
ersten Schritt zu wagen und zuzugeben, dass man sich Hilfe wünscht.
So war es auch bei Annemarie Rüter. Die ausgebildete Krankenschwester
war es nicht gewöhnt, Hilfe anzunehmen oder gar darum zu bitten:
„Es war schwer am Anfang, man muss es lernen, aber es ist wunderbar
zu sehen, wie viel Hilfe man bekommt.“
Das Koordinierungsteam im Agnesviertel (Krefelder Straße 57)
begrüßt interessierte Kölner montags von 10  bis 12 Uhr und
donnerstags von 16 bis 18 Uhr. Informationen zu oben angegebenen
Zeiten auch erhältlich unter Telefon 0221 168 40 797 oder per E-Mail
an info@koelschhaetz.de

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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