Zeit und Vertrauen schenken
Zwei langjährige „grüne Damen" wurden verabschiedet

- Annette Koch und Cordula Burwick (re.) mit dem heißgeliebten Bücherwagen. Diesen und ihre gesamte Tätigkeit werden die beiden „grünen Damen“ vermissen.
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Rhein-Sieg-Kreis - „Das Ehrenamt hat uns sehr viel gegeben. Es verändert die
Grundeinstellung zum Leben und schärft den Blick für Kleinigkeiten,
mit denen man bei der Arbeit konfrontiert wird“. Annette Koch war
als „grüne Dame“ nun 28 Jahre an der Asklepios-Kinderklinik in
Sankt Augustin tätig. Jetzt hat sie gemeinsam mit Cordula Burwick,
die bereits auf 32 Jahre zurückblickt, die vorgeschriebene
Altersgrenze erreicht. Somit ist es für sie erforderlich, ihr
Engagement an andere Ehrenamtler zu übertragen, einige Tipps
eingeschlossen. „Besonders aufpassen muss man, wenn sich ein kleiner
Patient auf dem Arm befindet. Manchen fällt das dann im Laufe der
Jahre nicht mehr so leicht“, fügt sie hinzu. Beiden wird die Zeit,
die sie mit den Kindern verbracht haben, außerordentlich fehlen.
Über 7.600 „grüne Damen und Herren“ der Evangelischen Kranken-
und Alten-Hilfe sind bundesweit im Einsatz. Viele gehören zu den
über 55-Jährigen und opfern ihre Zeit freiwillig und unentgeltlich
in Krankenhäusern oder Altenheimen. Auch in der Kinderklinik agieren
diese Menschen täglich für den Nachwuchs. Der Dienst ist so
abgestimmt, dass jeder wöchentlich drei Stunden investiert, um mit
den Jüngsten zu spielen, zu basteln oder zu lesen.
Das Alter der Kinder spielt dabei keine Rolle. „Ich erinnere mich,
dass ich mal ein aufgeregtes Baby im Arm hatte, das auf meinem Schoß
immer ruhiger wurde und am Schluss ganz entspannt einschlummerte“,
so Cordula Burwick, die während ihrer Zeit mit dem Bücherwagen eine
weitere Leidenschaft entdeckte. „Ich war schon immer eine
Buchnärrin. Wir fahren dann mit dem Wagen von Zimmer zu Zimmer und
bieten den Kindern Lesestoffe an oder empfehlen den Eltern etwas“.
Zusätzlich prägen einen ebenso schlimme Momente, erzählt Annette
Koch: „Es gab mal einen kleinen Jungen, den ich von kurz nach der
Geburt bis zu seinem Tod begleitete. Er hatte so großes Vertrauen zu
mir, dass er mich bei der Operation dabei haben wollte“. Aber im
Gegenzug bleiben vermehrt die vielen positiven Erinnerungen an
Begegnungen mit Menschen, die gesund geworden sind und der Kontakt bis
heute nicht abriss. „Es entstehen feste Bindungen. Das Alter spielt
hierbei eine große Rolle, weil wir fast die Großeltern
verkörpern“. Außerdem ist es für die Ehrenamtler ebenfalls
wichtig, sich Zeit für Eltern und Angehörige zu nehmen. Bei der
Verabschiedung im Rahmen einer kleinen Feierstunde ging Cordula
Burwick ferner auf die Geschichte der „grünen Damen“ in Sankt
Augustin ein. Gestartet mit vier Personen für das gesamte
Krankenhaus, waren es bereits 1976 so viele, dass alle Stationen
besetzt werden konnten. Heute wirken etwa 38 Mitarbeitende in der
Asklepios-Kinderklinik. Damals existierten noch feste Besuchszeiten
und die Eltern hatten nicht die Möglichkeit, rund um die Uhr bei den
Sprösslingen zu sein. Trotz allem ist die Arbeit der selbstlosen
Helfer nach wie vor äußerst wertvoll, da sie den Angehörigen oft
notwendige Verschnaufpausen verschaffen. Insgesamt leisten die
„grünen Damen und Herren“ circa 1,8 Millionen unentgeltliche
Einsatzstunden pro Jahr. Doch jede einzelne Sekunde ist für die
Betreuten von erheblicher Bedeutung. „Manchmal, wenn ich morgens zur
Klinik ging, grübelte ich über meine Sorgen. Aber nach dem Dienst
frage ich mich: habe ich die wirklich?“ Für Cordula Burwick und
Anette Koch geht eine Ära zu Ende. Bei ihrer Verabschiedung kamen
nicht nur Chefarzt Professor Dr. Gerd Horneff und Geschäftsführer
Uwe Jansen, sondern auch Elke Linstaedt, die nun als Nachfolgerin den
vielen jungen Patienten ihre Zeit schenken wird.
- Dirk Woiciech
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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