Zeppelinfahrt
Kölle aus neuer Sicht

3.000 Kunikmeter heiße Luft fasst die Hülle des „Zeppelins“. Darunter befindet sich die 275 Kilogramm schwere Gondel. | Foto: Kirsten D‘Angeli
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  • 3.000 Kunikmeter heiße Luft fasst die Hülle des „Zeppelins“. Darunter befindet sich die 275 Kilogramm schwere Gondel.
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Frechen - In einer kleinen Lagerhalle unweit der Redaktion Frechener
Wochenende verbirgt sich ein ganz besonderer Schatz. Von hier aus
beginnen und enden die Fahrten der hier schlummernden „Zeppeline“
der Firma „airgraphic“.

Der Frechener Matthäus Smodis ist Flugkapitän bei einer großen
Airline und fliegt normalerweise um die Welt. Er begann seine
fliegerische Laufbahn 1985 beim Militär, kam anschließend zur
zivilen Luftfahrt und machte 1993 den Ballonfahrerschein.

Zu einem eigenen Ballon kam der smarte Fahrer bereits während seiner
Ausbildung. Ein namhafter Sponsor hatte eine entsprechende Anzeige
geschaltet „Suche Ballonfahrer“. Unter den vielen Bewerbern fiel
die Wahl auf Matthäus, der damals noch in Arnsberg lebte.

Dann folgte der Umzug nach Köln, was für einen Ballonfahrer mit
Schwierigkeiten und Problemem verbunden ist. Die Stadt, die
Oberleitungen, der Flughafen, hier sind nur eingeschränkte
Heißluftballonfahrten möglich. Nach einer Pause begann er als
Hobby-Ballonfahrer beim Köln-Bonner Flughafen. Sein damaliger
Arbeitgeber, eine Fluggesellschaft, sprach ihn an. Er wollte auch
einen eigenen Ballon, mit Werbung - über Köln. Smodis erklärte die
Einschränkungen und Schwierigkeiten von Heißluftballonen über
Ballungsgebieten, hatte jedoch die Idee „Luftschiff“ im Kopf.

Er machte sich schlau bei der weltweit einzigen Herstellerfirma für
Heißluft-Luftschiffe in Aachen. Rund eine viertel Million Euro,
inklusive Equipment, kostet so ein Luftschiff. Versorgt mit den
nötigen Daten präsentierte er den Geschäftsführern seine Idee.
Wendig, lenkbar, gezielt einsetzbar, also viel effektiver und weniger
problematisch....

Der Arbeitsgeber war begeistert, wollte dieses Luftschiff als
Werbemedium, aber nur unter einer Bedingung: Smodis spielt mit! So
gründete der Pilot die Firma „airgraphic“ im Jahr 2004, machte
eine Ausbildung zum Luftschiffpiloten und verpflichtete einen weiteren
sehr erfahrenen Luftschiffpiloten, der ihn in der ersten Zeit
unterstützte. Bereits ein Jahr später konnte man den „Zeppelin“
bundesweit und in Österreich am Himmel bestaunen.

Die Luftschiff-Hülle hatte eine Lebensdauer von etwa 500
Flug-Stunden. Das zweite Luftschiff musste anschließend her -
natürlich im neuen Design. Das dritte, vierte, fünfte sowie zuletzt
2016 ein sechstes Luftschiff, alle mit unterschiedlichen
Auftraggebern, ließen nicht lange auf sich warten. Und da stehen sie
nun, die Schätze der Lüfte in einer unscheinbaren Halle.

Mittlerweile fahren fünf Piloten für „airgraphic“, darunter auch
Hermann Löser aus Arnsberg. Und ich hatte das Glück, mit ihm von
einer Wiese in Köln-Bilderstöckchen zu starten. Doch zuvor mussten
220 Kilogramm Hülle ausgebreitet werden. 41 Meter pink-schwarzer
„Stoff“. Damit soll man abheben können? Doch das vierköpfige
Team um Luftschiffpilot Löser wusste, was zu tun ist. Mit vereinten
Kräften wurde gezurrt und montiert, die 275 Kilo schwere Gondel
angebracht und schließlich mit einem riesigen Ventilator kalte Luft
in das innere der Hülle geblasen. 3.000 Kubikmeter fasst diese und
hat einen Durchmesser von etwa zwölfeinhalb Meter.

Hermann hat zuvor Windrichtung und -stärke beim Wetteramt ausgemacht,
ein kleiner Luftballon hilft ihm vor Ort die Situation einzuschätzen.
Der gelbe Ballon fliegt, ... hoch, aber gerade. Hermann gibt grünes
Licht. Der Wind stimmt, es kann los gehen.

Etwas aufgeregt klettere ich in die enge, offene Kabine. Ich werde
angeschnallt , aber links neben mir ist der „Abgrund“. Noch ist es
nur eine grüne Wiese in Köln, aber bald schon werden es ein paar
hundert Meter bis zum Boden sein. Hermann reicht mir einen Kopfhörer
mit Mikrophon. So sind wir verbunden. Aber nicht nur wir. Es bedarf
einer Start- und Landeerlaubnis des Towers vom Flughafen. Der 48
Kilowatt (65PS) starke Motor wurde angeschmissen, es wird laut, es
ruckelt etwas, dann heben wir ab, ganz sachte, immer höher, unter den
staunenden Blicken der Besucher im Park unter uns.

Die Menschen winken uns zu. Ich winkte mutig zurück, halte mich mit
der anderen Hand an meiner Kamera fest. Sonst eher redegewandt werde
ich hier oben ganz ruhig, genieße die traumhafte Aussicht, während
Hermann arbeitet. Er „hängt in den Seilen“! Denn das Schiff wird
nicht mit einem Lenkrad gesteuert, sondern mittels zweier Leinen, die
er mit nicht geringem Kraftaufwand rauf- und runterbewegt um das
Luftschiff in Position zu bringen.

In der Ferne sehe ich den Dom - Heimat! Hermann steuert genau drauf zu
und ermöglicht mir ein atemberaubendes Panorama, das ich so noch nie
erlebt habe. Immer wieder gibt es Kontakt mit dem Tower und Hermann
gibt die Daten vom Bordcomputer durch. Hier oben ist es beinahe
unbeschreiblich, es gibt faszinierende Bilder aus einer Perspektive,
die ich bisher nicht kannte. Unter dem Kopfhörer höre ich das
Motorengeräusch, das aber in den Hintergrund tritt.

Der Dom zum Greifen nahe, wir fahren über dem Rhein - entlang an
Mühlheim und Deutz, am Schokoladenmuseum, Rhenania, Bayenthal vorbei
bis zum Ziel, dem Forstbotanischen Garten in Rodenkirchen und werden
dabei von zigtausend Menschen beobachtet. Hermann kommt wieder ans
Arbeiten. Es ist nicht einfach das über 40 Meter große Schiff auf
den Landeplatz zu manövrieren. Aber er ist ein erfahrener Pilot und
meistert auch diese Landung mit Bravour.

Sanft setzen wir auf der Wiese im Park auf, wo uns das
airgraphic-Team, dass uns auf dem Landweg begleitet hat schon
erwartet. Wären wir jetzt auf einem Malle-Flug, würde ich
applaudieren, so kann ich nur sagen: „Vielen Dank für diese
grandiose Erfahrung an Hermann Löser und an airgraphic-Chef Matthäus
Smodis.“

- Kirsten D‘Angeli

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