Kay Boenig in den Ruhestand verabschiedet
Herausfordernde Zeiten

Kay Boenig vor einer Buche, die im vergangenen Jahr dem trockenen Sommer zum Opfer fiel und gefällt werden musste. Foto: Sebastian Flick
  • Kay Boenig vor einer Buche, die im vergangenen Jahr dem trockenen Sommer zum Opfer fiel und gefällt werden musste. Foto: Sebastian Flick
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Über 40 Jahre hat Kay Boenig den Wald im Bergischen Land in all seinen Facetten kennengelernt. Als Leiter des Regionalforstamtes Bergisches Land war er zuständig für eine Waldfläche von 76.500 Hektar. Nun verabschiedete sich Boenig in den wohlverdienten Ruhestand.
von Sebastian Flick
Region. Die Liebe zum Wald hatte Boenig schon sehr früh entdeckt: Bereits als Jugendlicher war er sehr naturverbunden und hatte großes Interesse an der Ökologie natürlicher Lebensgemeinschaften. Auch weil er schon als Schüler in den Ferien im heimischen Ville-Wald arbeitete, reifte der Wunsch, Förster zu werden schon sehr früh in ihm und so war das Studium der Forstwissenschaften in Freiburg naheliegend. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete Boenig zunächst im Stadtwald Villingen-Schwenningen, bevor er seinen Referendardienst im Forstamt Schleiden in der Eifel antrat. Von hier aus verschlug es ihn schließlich ins Bergische Land, wo er zunächst die Leitung des Forstplanungsbezirks übernahm und später verschiedene Leitungsfunktionen im Regionalforstamt innehatte.
Im Laufe seiner über 40-jährigen Dienstzeit hat Boenig sämtliche Entwicklungen des Waldes im Bergischen Land und die mit diesen einhergehenden Anforderungen und Erwartungen miterlebt. Sein Ziel, zusammen mit den Waldbesitzern einen zukunftsfähigen und klimaangepassten Naturraum zu schaffen, hat er dabei trotz zahlreicher Hürden nie aus den Augen verloren. „Als ich meinen Dienst im Bergischen Land begann, hatte ich den Traum, die Wälder weiterzuentwickeln und die Fichtenwälder in Mischwälder zu verwandeln. Wir hatten die Vorstellung und das Ziel, der Nachwelt bessere Wälder zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden hatten“, blickt Boenig zurück. Zum Beginn seiner Dienstzeit lag der Fichtenanteil im Bergischen Land noch bei über 40 Prozent, bildete also fast die Hälfte des gesamten Baumbestandes. Der hohe Fichtenanteil ist zurückzuführen auf die Aufforstung der in den 1950er und 1960er Jahren noch kriegsverwüsteten Wälder. Reine Fichtenwälder sind jedoch äußerst anfällig gegen Sturm, Trockenheit und Nassschnee. Ziel war es daher, das Risiko durch den Umbau in einen Mischwald zu reduzieren. Tatsächlich gelang es, den Fichtenanteil in den Wäldern des Bergischen Landes bis zum Jahr 2017 auf 30 Prozent zu reduzieren und den Anteil der heimischen Buche in gleichem Maße zu erhöhen. „Wir waren sehr erfolgreich, auch wenn so mancher Rückschlag verkraftet werden musste“, blickt Boenig zurück und denkt dabei unter anderem an den Orkan Kyrill, der einige Wälder verwüstet hatte. Eine Herzensangelegenheit war für Boenig die Unterstützung der rund 30 000 Kleinwaldbesitzer, denen das Forstamt beim Erhalt und der Pflege ihrer Wälder mit Rat und Tat zur Seite stand.
Beim Rückblick auf die Entwicklung des Waldes während seiner Dienstzeit unterteilt Boenig in zwei Zeitabschnitte: „Bis zum Jahr 2018 hat sich der Wald im Bergischen Land zum Positiven hin entwickelt: Die Reinbestände der Fichten waren zurückgegangen, nachdem viele Fichtenwälder in Mischwälder verwandelt wurden. Statt Fichten wurden unter anderem Eichen und Lärchen gepflanzt. Auch die amerikanische Roteiche und die Douglasie haben die Fichten ersetzt. „Wir hatten viel erreicht beim Umbau der Wälder. Doch dann kamen die Trockenjahre 2018 bis 2020 und 2022, die zu einem herben Rückschlag führten“, blickt Boenig zurück und erinnert sich: „Wir wussten, dass wir uns auf den Klimawandel einstellen müssen. Wir hatten uns aber nie vorstellen können, dass der Klimawandel so schnell voranschreiten würde.“ Den drei trockenen Sommern in Folge sind fast alle älteren Fichtenbestände und auch zahlreiche Buchenbestände des Bergischen Landes zum Opfer gefallen. Mit dem Bergahorn, der Kiefer und der Lärche haben einige weitere Baumarten unter den Folgen stark gelitten. Bereits im Herbst 2018 waren die ersten Schäden nach dem extrem trockenen Sommer deutlich sichtbar. „Noch heute arbeiten wir die letzten Dürrebestände auf“, berichtet Boenig. Die trockenen Sommer und die Corona-Pandemie hatten ihn kurz vor Ende seiner Dienstzeit noch einmal vor große Herausforderungen gestellt. „Die Trockenjahre hatten Waldbesitzern und Förstern große Sorgen bereitet. Ich hatte mir meine letzten Dienstjahre sicherlich schöner vorgestellt“, schaut Boenig zurück. Mit Blick in die Zukunft betont der Forstamtsleiter, wie wichtig es ist, sich auf weitere Auswirkungen des Klimawandels einzustellen. Experten prognostizieren in den nächsten 80 Jahren eine weltweite Erderwärmung um 2 bis 3,5 Grad. „Dann sind wir in Deutschland bei einem Klima, wie wir es heute in Italien haben“, warnt Boenig. Ziel müsse es sein, weiterhin klimastabile Mischwälder aus heimischen Baumarten zu schaffen und diese mit wärmeliebenden sowie trockenheitstoleranten Baumarten wie beispielsweise die Esskastanie oder Schwarzkiefer zu ergänzen. „Wir werden auf jeden Fall unseren Baumarten-Kanon erweitern müssen. Wenn wir einen zukunftssicheren Wald haben möchten, müssen wir auf ein breites Spektrum an klimaresilienten Baumarten setzen“, sagt Boenig. Im Bergischen Land ist ein sukzessiver Umbau des Waldes geplant. Der Mischwald der Zukunft sollte mindestens vier Baumarten haben. Boenig selbst wird diesen Umbau nach Ende seiner Dienstzeit sicherlich weiter verfolgen – dann allerdings nicht mehr beruflich, sondern als Spaziergänger: „Ich wandere sehr gerne“, verrät Boenig.

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RAG - Redaktion

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