50 Jahre Oberbergischer Kreis
Zeitzeugen im Gespräch

- Heinz Scherer (v.l.), Peter Moll, Hans Gries, Peter Ruland, Reinhard Pilatzki, Bruno Bosbach mit Bürgermeister Dr. Gero Karthaus.
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Von Michael Kupper
Engelskirchen. Im Vorfeld der „Goldenen Hochzeit“ der Gemeinde Engelskirchen tauschten damalige Ratsmitglieder und Verwaltungsmitarbeiter ihre Erinnerungen an die Gründungsphase im Engelskirchener Rathaus aus. Als Zeitzeugen hatten sie die Geschehnisse im Jahr 1975 unmittelbar miterlebt. „So eine Goldhochzeit ist eine gute Gelegenheit, einmal zurück und auch nach vorne zu schauen“, begrüßte Bürgermeister Dr. Gero Karthaus das Publikum im Ratssaal und kündigte an: „Wir werfen heute Abend einen Blick auf die Geburtswehen, das stolze Baby und auch die Jugend der Gemeinde.“
„Die Vereinigung der Gemeinden Engelskirchen und Ründeroth vor 50 Jahren war sicher keine Liebesheirat, sondern eine arrangierte Vernunftehe. Aber solche Verbindungen halten oft lange, erst recht, wenn die Liebe nachträglich dazukommt“, leitete Moderator Reiner Thies die Gesprächsrunde ein. Er erläuterte, dass die heutige Gemeinde ein Ergebnis der kommunalen Neugliederung von 1975 sei. Engelskirchen wurde damals mit Ründeroth vereinigt und zusammen mit Lindlar, Wipperfürth, Hückeswagen und Radevormwald dem Oberbergischen Kreis einverleibt.
Zusammenwachsen,
was nicht zusammengehört
Die ersten Jahre im vereinigten Engelskirchener Gemeinderat wurden davon geprägt, dass in der neuen Kommune zusammenwachsen musste, was nicht zusammengehörte. Die beiden Gemeinden hatten wenig gemein. Engelskirchen (Herzogtum Berg) und Ründeroth (Grafschaft Mark) trennte die Geschichte, unterschiedliche Konfessionen und die politischen Mehrheitsverhältnisse. Nicht einmal die Mundart war dieselbe.
„Nach der Vereinigung hatten wir sechs Fraktionen im Rat, jeweils zweimal CDU, SPD und FDP, schilderte der 76-jährige Heimathistoriker Peter Ruland, nahezu 40 Jahre Ratsmitglied. Als Hinzugezogener sei er sehr überrascht gewesen, mit welcher Emotionalität über die Namensgebung der neuen Gemeinde diskutiert wurde. Zwischenzeitlich sei auch der Name „Aggertal“ im Gespräch gewesen, doch das habe die Bezirksregierung wegen Mehrdeutigkeit abgelehnt.
Schwierig sei die Zusammenlegung auch deshalb gewesen, da beide Orte eine ausgebaute Infrastruktur besaßen.
„Als ich 1979 den Fraktionsvorsitz übernahm, waren die ersten Wunden schon verheilt“, beschrieb Reinhard Pilatzki, ehemaliges Ratsmitglied. Heftige Auseinandersetzungen habe es damals über die Schließung des Ründerother Krankenhauses gegeben; es war das Dialysezentrum der Region. Der Grund für die Schließung damals war die mangelnde Auslastung der Engelskirchener und Gummersbacher Krankenhäuser.
Hans Gries (85) sah das alles hingegen pragmatisch: „Wir Verwaltungsmitarbeiter sind einfach gewohnt, uns an die Spielregeln zu halten.“
Gemeindemitarbeiter Peter Moll: „Ich habe mit 24 Jahren im Personalwesen angefangen und bin gut mit meiner neuen Kollegin ausgekommen – ich fand die Neugliederung spannend.“ Lustig sei das Thema Büroausstattung vor dem Umzug 1986 in das gemeinsame Rathaus gewesen, da es in Ründeroth bereits moderne Bürostühle, in Engelskirchen jedoch noch Holzstühle gab: „So mancher Holzstuhl ging da überraschend schnell kaputt.“
Heinz Scherer als ehemaliges Ratsmitglied hatte genauso wenig Probleme: „Als Bestatter und Karnevalist war ich ohnehin in beiden Gemeinden aktiv.“
Auch für die Zusammenlegung der Rathäuser gab es eine Lösung - den Karneval betreffend: „Seitdem stürmen die Ründerother und die Engelskirchener in abwechselnder Reihenfolge.“
Von Neid hingegen berichtete der 90-jährige Bruno Bosbach, gerade als das Krankenhaus und das Freibad in Ründeroth geschlossen wurde.
Bei der anschließenden Diskussion sagte ein bekennender Ründerother: „Bei einer Hochzeit gibt es Braut und Bräutigam. Wir waren ein hübsche Braut und wir haben uns bis zuletzt gewehrt. Die Flitterwochen waren dann auch nicht so einfach.“ Ein anderer schilderte, dass viele Ründerother nur einmal im Jahr nach Engelskirchen zum Rosenmontagszug gegangen seien: „Wir waren froh, wenn wir dort nicht als Ausländer erkannt wurden.“
Der Rathauschef freute sich über die humorigen Rückblicke: „So hat sich die Lockerheit des Rheinlands mit der Ernsthaftigkeit des beginnenden Westfalens verbunden. Im Rückblick war das die richtige Entscheidung.“
„50 Jahre Gemeinde Engelskirchen“ wird mit einem Festwochenende vom 4. bis 6. Juli auf dem Platz am Rathaus gefeiert. Das Programm startet am Freitag um 19 Uhr mit DJ Herman, am Samstag gibt es ab 20 Uhr ein Open-Air-Konzert mit Wounded Knees und Tünnes Deluxe, am Sonntag ist ab 13 Uhr Familientag, verbunden mit einem Tag der offenen Tür im Rathaus.
Redakteur/in:Beate Pack aus Oberberg |
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