Vertrauen in die Kirche zerbrochen
Missbrauch durch Pfarrer

Kreisdechant Pfarrer Christoph Bersch und Christa Pesch hatten zum „Missbrauchsgespräch“ in die Kirche eingeladen.  | Foto: Franke
  • Kreisdechant Pfarrer Christoph Bersch und Christa Pesch hatten zum „Missbrauchsgespräch“ in die Kirche eingeladen.
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Gummersbach (cf). Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche in Oberberg-Mitte.

Der heute 71-jährige ehemalige katholische  Pfarrer B. Ue. sitzt in Untersuchungshaft. Ihm wird sexueller Missbrauch von neun Mädchen in 118 Fällen in der Zeit zwischen 1993 und 2018 vorgeworfen.

Das Urteil wird diese Woche vom Landgericht Köln nach mehrmonatiger Verhandlung gesprochen.

Erschüttert

Unabhängig von Urteilsspruch und Strafmaß: Viele Menschen in Oberberg, besonders Katholiken, sind zutiefst erschüttert. Unter dem Titel „Gehört werden - betroffen, enttäuscht, fassungslos“ hatte Pfarrer Christoph Bersch zu einem Gesprächsabend in die Franziskuskirche am Lindenplatz in Gummersbach eingeladen.

Viele Menschen, von jung bis alt, waren dieser Einladung gefolgt. Bersch machte deutlich, dass es ihm wichtig sei, allen zu versichern, dass er ebenfalls zutiefst von dem Tun dieses Priesters erschüttert sei, der von 1985 bis 2002 im Oberbergischen tätig war, teils als Kreisjugendseelsorger, Krankenhausseelsorger und KjG-Diözesanseelsorger. Gewohnt hat B. Ue. während seiner Dienstzeit im Oberbergischen in Gummersbach-Lantenbach.Die Moderation des Abends übernahm Christa Pesch, die ehrenamtlich in der Missbrauchsaufarbeitung des Erzbistums Köln tätig ist.

„Kann ich meinen Glauben noch weiterleben?“

Pesch betonte, dass es hier einerseits um das Verbrechen eines Menschen gehe, aber auch die Kirche hier ihre dunkle Seite gezeigt habe, indem sie Täter geschützt und Opfer nicht genügend beachtet habe.

„Es geht bei B. Ue. um einen Priester, der in den Gemeinden gute Arbeit geleistet hat. Da kommt die Frage auf, ob ich meinen Glauben noch weiterleben kann,“ stellte Pesch in den Raum. Wichtig sei, dass alle zu Wort kämen. Missbrauch sei ein Menschenrechtsverbrechen und somit im Letzten auch Missbrauch Gottes.

Einer der Anwesenden stellte fest: „Ich bin absolut zerbrochen an meinem Glauben durch dieses Geschehen. Ich finde es gut, dass dieser Abend heute stattfindet und Menschen die Möglichkeit haben, sich zu äußern.“ Er fragt Bersch direkt, ob er bereits 2010 gewusst habe, was mit B. Ue. sei.

Bersch hat der Unschuldsbeteuerung geglaubt

Bersch antwortete, dass ihn 2010 der jetzt angeklagte Priester in Wuppertal, wo B. Ue. seinerzeit als Krankenhausseelsorger tätig war, zu einem Gespräch eingeladen und ihm dabei versichert habe, dass er schuldlos sei.

„Ich habe ihm geglaubt. Aus heutiger Sicht bin ich beschämt darüber, dass die Sache damals so gelaufen ist. Ich selbst bin in meinem Grundvertrauen zutiefst verletzt. Gemeinsam, ich schließe mich da voll mit ein, müssen wir wachsam sein für Auffälligkeiten. Ich möchte um Verzeihung bitten, wenn ich mich falsch verhalten habe.“

Ein Mitglied der KjG (Katholische junge Gemeinde), die zu Zeiten von Ue. im Oberbergischen mit ihm sehr verbunden und aktiv war, erzählte, dass sie nicht mehr in dieser Kirche sein könne, in der ein Priester wie B. Ue. Dienst getan habe. Das Fundament sei weggebrochen. Wichtig sei es, Gruppen für Gespräche zu finden.

Perfide Art

Mehrere Anwesende lassen ihrer Enttäuschung freien Lauf und fühlen sich getäuscht von der perfiden Art des B. Ue.

Nicht nur die jungen Menschen seien tief verletzt worden, sondern auch „wir Älteren, deren Vertrauen in Kirche zerbrochen ist“. Alle waren der Meinung, dass die Betroffenen in Gesprächsgruppen aufgefangen werden müssten.

Eine Anwesende brachte zum Ausdruck, volles Verständnis für jede/n zu haben, die/der die Kirche verlasse, aber das könne eigentlich nicht die Lösung sein. Strukturen müssten aufgebrochen werden und dazu sei Mitarbeit notwendig.

Zum Abschluss der Veranstaltung in der Gummersbacher Kirche erklärten sich spontan mehrere Personen bereit, in verschiedenen Gruppen in den Bereichen „Missbrauch“, „Christsein ohne Kirchensteuer zu zahlen“ und „Veränderungen in der Kirche“ mitzuarbeiten. Weitere Interessenten können sich bei Pastoralreferent Simon Miebach (Tel. 0 22 61/51 221) melden.

Kreisdechant Bersch betonte in seinem Schlusswort, dass alle Betroffenen die Möglichkeit haben sollten, Ansprechpartner zu finden. Unter Oberberg-Mitte.de sind Anschriften von Beratungsstellen aufgelistet.

LeserReporter/in:

Christel Franke aus Gummersbach

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