Erinnerungskultur schärfen
Bayer gründet eine neue Stiftung

Dr. Hans Finkelstein (links) im Gespräch. Laboransicht aus dem Werk Uerdingen, 1932.  | Foto: Bayer
  • Dr. Hans Finkelstein (links) im Gespräch. Laboransicht aus dem Werk Uerdingen, 1932.
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Leverkusen. Bayer hat die Gründung der Hans und Berthold Finkelstein Stiftung gGmbH bekanntgegeben. Sie wird die Erinnerungskultur im Unternehmen schärfen und unabhängige Forschungsprojekte zum Unrechtsregime zu Zeiten der Nationalsozialisten – insbesondere zum Thema Zwangsarbeit bei der I.G. Farben – unterstützen. Darüber hinaus wird sie wissenschaftliche Veranstaltungen organisieren, Programme für verantwortungsbewusste Führung entwickeln und Projekte für den Dialog vorantreiben. Ihr Ziel ist es, die Widerstandskräfte gegen Intoleranz, Totalitarismus und Hass zu stärken – heute und in Zukunft.

Namensgeber sind Hans und Berthold Finkelstein. Ihre Biografien stehen stellvertretend für das erlittene Unrecht vieler Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus. Hans Finkelstein, Erfinder der sogenannten Finkelstein-Reaktion, war Forschungsleiter bei „Chemische Fabriken vorm. Weiler – ter Meer“ in Uerdingen, einem Unternehmen, das später in der I.G. Farben aufging. Forschungsarbeiten im Bayer Archiv haben offenbart, dass Hans Finkelstein das Unternehmen im Laufe der Arisierung 1938 verlassen musste. Noch im selben Jahr nahm er sich das Leben. Sein Sohn Berthold musste später im selben Betrieb Zwangsarbeit leisten.

„Mit der Gründung der Stiftung und der Würdigung der Familie Finkelstein erinnern wir an das Geschehene und reflektieren das Handeln der I.G. Farben während der NS-Zeit. Wir möchten damit Freiheit und Meinungsvielfalt unterstützen und unseren Beitrag für den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz aller Art leisten“, sagte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Baumann. „Ich bin Johannes Finkelstein, dem Enkel von Hans Finkelstein, überaus dankbar, dass wir mit seiner Zustimmung seinen Vater und Großvater ehren dürfen. Ihr Andenken wird unsere Erinnerungskultur und die Aktivitäten der neuen Stiftung leiten.“

Zur Vorsitzenden des Beirates wurde Annette Schavan, ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung und langjähriges Mitglied des Deutschen Bundestags, ernannt. Seit 2019 ist Schavan zudem Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. „Die Erinnerung an das nationalsozialistische Unrechtsregime und die zahllosen menschlichen Schicksale aufrechtzuerhalten, ist gemeinsame Aufgabe des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Mit der Hans und Berthold Finkelstein Stiftung trägt Bayer aktiv zu dieser Erinnerungskultur bei“, sagte Schavan. „Die Geschichte der Familie hat mich tief bewegt und es ist mir eine Ehre, an dem wichtigen Unterfangen der Stiftung und der Würdigung des Erbes der Finkelsteins beteiligt zu sein.“

Johannes Finkelstein wurde zum Mitglied des Beirats ernannt, ebenso wie Dr. Piotr Setkiewicz, Leiter der historischen Abteilung der Staatlichen Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, Dr. Sara Berger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut und Bella Zchwiraschwili, Direktorin des Pears Jüdischen Campus Berlin. „Der Beirat wird unabhängige und kompetente Unterstützung leisten und damit unser Engagement für die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte stärken. Er wird uns dabei helfen, Lehren für verantwortungsbewusste Führung heute und in Zukunft zu ziehen“, so Baumann. Weitere Mitglieder des Beirats werden zu einem späteren Zeitpunkt ernannt.

Die Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG, kurz: I.G. Farben, entstand 1925 als Zusammenschluss von sechs deutschen Unternehmen. Die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co gehörten zu den Gründungsmitgliedern. Die heutige Bayer AG ging 1952 aus der I.G. Farben hervor.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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