Kritik an Kreisumlage
Kommunen am Abgrund

Wollen die Steigerung der Kreisumlage nicht einfach so hinnehmen: Die Bürgermeister und Kämmerer der kreisangehörigen Kommunen, die in Mechernich mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen sind.  | Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
  • Wollen die Steigerung der Kreisumlage nicht einfach so hinnehmen: Die Bürgermeister und Kämmerer der kreisangehörigen Kommunen, die in Mechernich mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen sind.
  • Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Eine solche Ansammlung von Bürgermeistern und Kämmerern ist selten, wenn es sie überhaupt schon einmal gegeben hat. Doch die Lage ist ernst, das machen sie unmissverständlich klar. So ernst, dass alle kreisangehörigen Kommunen des Kreises Euskirchen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in das Mechernicher Rathaus eingeladen haben. Der Grund: Die exorbitante Erhöhung der Kreisumlage

Kreis Euskirchen (lk). „Ich bin jetzt 26 Jahre lang Bürgermeister dieser schönen Stadt, aber eine solche Steigerung der Kreisumlage habe ich noch nicht erlebt“, sagte Gastgeber und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zur Begrüßung.

„Die Kommunen stehen am Abgrund“, ergänzt Anna-Katharina Horst. Was die Weilerswister Bürgermeisterin zwar nicht explizit ausspricht, aber zwischen den Zeilen ganz deutlich durchklingen lässt: Die Kommunen stehen am Abgrund und die Kreisumlage schubst sie hinein. „Es muss etwas passieren. Auf Kreisebene kann es einfach nicht bei einem Weiter so bleiben“, ergänzt sie.

Um diese Position zu untermauern, hat Mechernichs Kämmerer Ralf Claßen über 30 Folien vorbereitet. „Wenn das so weitergeht, ist die kommunale Selbstverwaltung mehr als gefährdet“, sagt er.

Die Eckdaten sind schnell erzählt: Die Kreisumlage soll ein 2025 um 31,3 Millionen Euro ansteigen. Von da an ist eine kontinuierliche Steigerung vorgesehen so dass die Kommunen im Jahr 2028 bereits 55,61 Millionen Euro mehr an den Jülicher Ring überweisen müssten.

Die größten Einzahler in diesem Jahr sind Euskirchen mit 74,25 Millionen Euro, Mechernich mit 30,88 Millionen Euro und Zülpich mit 24,25 Millionen Euro. Interessanter sind allerdings die Quoten. „Von 100 Euro, die wir als Kommune einnehmen, gehen 38 Euro an den Kreis“, nimmt Claßen Mechernich als Beispiel.

In den anderen Kommunen sieht es nicht besser aus. Auf 100 Euro gerechnet, gibt Blankenheim 39 Euro an den Kreis ab, bei Schleiden sind es 36 Euro, bei Euskirchen und Weilerswist sind es 35 Euro. „

Für die Bürgermeister und Kämmerer steht daher fest: Der Kreis Euskirchen zwingt sie dazu, die Steuern zu erhöhen und in vielen Fällen auch die Leistungen zu reduzieren.

Damit werde die Erhöhung der Kreisumlage zu einem Problem für jeden einzelnen der rund 190.000 Einwohner. Während aktuell die Hebesätze der Grundsteuer B noch bei einem Mittelwert von 756 Prozent liegen, müsste dieser Mittelwert bis 2028 auf 1819 Prozent ansteigen. Für rund 80 Prozent der Kreisbürger würde das eine Mehrbelastung von 585 Euro pro Jahr bedeuten. 18 Prozent der Steuerzahler müssten 1169 Euro pro Jahr mehr bezahlen und ein kleiner Teil sogar rund 2285 Euro mehr.

Marcel Wolter kann schon jetzt von traurigen Zahlen berichten. „Bei uns liegt die Grundsteuer B bei 1008 Prozent. Damit sind wir nach der neuen Statistik des Bundes der Steuerzahler in den Top 10 gelandet“, berichtet der Schleidener Beigeordnete.

„Das alles tut richtig, richtig weh“, unterstreicht auch Ingo Pfennings. Der Scheidender Bürgermeister wartet mit einer besonders bitteren Auswirkung dieser harten Einschnitte auf: „Wir kriegen rund 250 Millionen Euro Wiederaufbauhilfe vom Land, können aber niemanden einstellen, der die Vergabe der Mittel koordiniert.“ Ralf Claßen setzt hier noch einen drauf: „Schleiden kann keine Ingenieure für den Wiederaufbau bezahlen, aber der Kreis stellt jemanden ein zur Beobachtung des Feldhamsters.“

Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian kann das nur allzu gut nachvollziehen. Die Stadt befindet sich erneut im Haushaltssicherungskonzept und muss den Wiederaufbau mit dem Personal stemmen, das aktuell im Rathaus beschäftigt ist.

Ralf Claßen findet daher deutliche Worte in Richtung Kreis Euskirchen: „Wenn wir eine kommunale Familie sind, dann kann der eine nicht leben, wie Gott in Frankreich, und die anderen müssen versuchen, das irgendwie zu finanzieren.“

Damit leitete er zu den Forderungen über, die die elf Kommunen an den Kreis Euskirchen richten. „Wir fordern vom Kreis mindestens 15 Millionen Euro Budgetkürzungen pro Jahr“, so der Mechernicher Kämmerer.

Rund 10,6 Millionen Euro könnten alleine die Anwendung des rechtlich vorgegebenen globalen Minderaufwands erreicht werden.

Auch auf eine geplante Sicherheitsreserve soll verzichtet werden. Als „unsinnig“ empfinden die Kommunen die Tatsache, dass der Kreis Eigenkapital aufbaut. Das hat 2022 den Stand von 62,8 Millionen Euro erreicht und ist seit 2009 um ganze 41,4 Millionen Euro angewachsen. „Das ist alles finanziert von zu viel gezahlter Kreisumlage von uns“, sagt Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt.

Noch ein Sparvorschlag: Reduzierung von Stellen. Einen Stellenzuwachs von rund 300 in zehn Jahren ist für die Städte und Gemeinden aber wenig nachvollziehbar. „300 Stellen sind drei Mal das Zülpicher Rathaus“, rechnet Ulf Hürtgen, Bürgermeister der Römerstadt vor: „Wenn die Erledigungsquote hoch wäre, könnte ich damit leben. Aber das ist leider in vielen Fällen nicht so.“

In ihrem Schreiben an den Landrat haben die elf Kommunen festgehalten: „Unser Appell: Die kommunale Familie gemeinsam stärken. Denn die Städte und Gemeinden des Kreises Euskirchen sind das Fundament der regionalen Entwicklung. Ihre finanzielle Stabilität muss gesichert werden.“

Mit ihrer gemeinsamen Aktion wollten sie noch einmal eindrücklich für ihre Anliegen sensibilisieren. Jetzt sei die Zeit zum Umdenken. Denn der Kreisausschuss berät am 26. März über den Haushalt. Die Verabschiedung im Kreistag ist für den 9. April geplant. „Bekanntlich stirbt die Hoffnung, dass sich etwas ändert, zuletzt“, sagte Kämmerer Ralf Claßen zum Abschluss seiner Präsentation. In der Mechernicher Ratssitzung hatte er noch hinzugefügt: „Wenn diese Hoffnung aber auch stirbt, dann sterben auch die Kommunen.“

Redakteur/in:

Lars Kindermann aus Rhein-Erft

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