Interkommunaler Hochwasserschutz
Positive Bilanz nach zwei Jahren

Die Mitglieder der „hwsErft“ trafen sich anlässlich des zweijährigen Bestehens der Kooperation an der Gymnicher Mühle.  | Foto: Erftverband
  • Die Mitglieder der „hwsErft“ trafen sich anlässlich des zweijährigen Bestehens der Kooperation an der Gymnicher Mühle.
  • Foto: Erftverband

Erftstadt (vd). Die Flutkatastrophe im Sommer 2021 sorgte für immense Schäden in der Region und forderte sogar Menschleben. In der Folge standen – zum Teil bis heute andauernd - nicht nur Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten auf dem Plan, sondern es waren auch Vorkehrungen und Lösungen gefragt, um die Gefahren von Starkregen und Hochwasser besser in den Griff zu bekommen.

Schnell war klar, dass Hochwasserschutz zielführend nur gemeinsam, interkommunal gelingen kann. Und so formierte sich die Interkommunale Hochwasserschutzkooperation Erft (hwsErft), die im Juni 2022 mit 17 Gründungsmitgliedern ihre Arbeit aufnahm. Nun, nach zweijähriger Zusammenarbeit, wurde am Naturparkzentrum Gymnicher Mühle, das auch das Erftmuseum samt Flutausstellung beheimatet, Bilanz gezogen – und die fiel positiv aus, denn: Vertreterinnen und Vertreter aus drei Kreisen, 16 Städten und Gemeinden sowie dem Erftverband haben sich in Folge der Katastrophe zusammengeschlossen, um den Hochwasserschutz in der Region gemeinsam zu stärken.

Und so arbeitet der Erftverband im Rahmen der „hwsErft“ an interkommunalen Hochwasserschutzmaßnahmen – aktuell an fünf Hochwasserrückhaltebecken (HRB) und am Hochwasserabschlag in den Zülpicher Wassersportsee. Der Erftverband befinde sich „in engem Austausch mit den Kreisen und der Bezirksregierung Köln, um Planungs- und Genehmigungsprozesse zu vereinheitlichen und zu beschleunigen.“

Über 40 Workshops

Parallel hätten in den Kommunen wichtige Schritte hin zu den interkommunal abgestimmten Hochwasserschutzkonzepten eingeleitet werden können, betonten die Verantwortlichen. Bislang hätten dabei über 40 Workshops für Transparenz hinsichtlich der Aktivitäten im lokalen und interkommunalen Hochwasserschutz gesorgt, wobei Bürgerinnen und Bürger durch ihre aktive Teilnahme mit zahlreichen Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Schutzmaßnahmen beigetragen hätten. Die zuständigen Fachbüros würden diese auswerten und in das Kartensystem der Kooperationshomepage „WebGIS“ einpflegen.

Professor Heinrich Schäfer, Vorstand des Erftverbandes, erklärte mit Blick auf die künftigen Ziele der Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft: „Im Fokus unserer Arbeit steht weiterhin die Entwicklung durchdachter Hochwasserschutzkonzepte, die aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden. Bis zum Jahr 2025 möchten wir die interkommunalen Konzepte für die Teileinzugsgebiete Erft, Swist, Veybach, Rotbach und Neffelbach mit den bis dahin abgeschlossenen kommunalen Konzepten vereinen, um ein kohärentes Schutzsystem über die gesamte Erft-Region zu etablieren und somit aktiv für den Schutz und die Sicherheit unserer Städte und Gemeinden zu sorgen.“

Die Beteiligten betonten, dass die Arbeitsergebnisse der Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft demonstrieren würden, wie durch „gemeinschaftliche Koordination, Expertenwissen und Bürgerengagement ein effektiver und zukunftsorientierter Hochwasserschutz realisiert werden kann.“

Mehr Infos gibt es unter hws-kooperation.erftverband.de

Statements aus der Region

Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats im Kreis Euskirchen:
„Wir betrachten die regionale Situation sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in spezifischen Einzelfällen, um den komplexen Anforderungen des Hochwasserschutzes gerecht zu werden. In der Kooperation der Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft vereinen wir regionale und lokale Perspektiven, um effektiv auf Starkregen und Flutgefahren zu reagieren.“

Sacha Reichelt, Bürgermeister der Stadt Euskirchen:
„Der Zusammenschluss der Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft ermöglicht es den Kommunen, Wissen über Stadt- und Gemeindegrenzen hinaus zu teilen und eine starke Stimme nach außen zu haben. Maßnahmen wie die Verlegung des Veybachs und die Renaturierung der Erftauen in Euskirchen setzen Hochwasserschutz schon jetzt erfolgreich um und schaffen Bewusstsein für die gemeinsame Arbeit.“

Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin Bad Münstereifel:
„Der koordinierte Hochwasserschutz in Bad Münstereifel, gestärkt durch die Bürgerschaft, Verwaltung und den Erftverband, zeigt, dass nur ein Zusammenwirken aller die Risiken mindert. Das bewusste und engagierte Miteinander der letzten zwei Jahre gibt uns Zuversicht für die Zukunft.“

Anna-Katharina Horst, Bürgermeisterin Weilerswist:
„Um Hochwasserschutz in unserer Region effektiv umzusetzen, ist grenzüberschreitende Zusammenarbeit unerlässlich. Wir haben uns auf den Weg gemacht, einen nachhaltigen Hochwasserschutz umzusetzen. Im engen Austausch mit der Bezirksregierung Köln agieren Kommunen, Kreise, Erftverband, Bürgerinnen und Bürger, aber auch unterstützende Fachbüros gemeinsam. Nur so geht es.“

Ulf Hürtgen, Bürgermeister der Stadt Zülpich:
„Effektiver Hochwasserschutz erfordert grenzübergreifendes Denken. Die Gründung der hwsErft ermöglicht gemeinsame Maßnahmen gegen Starkregen- und Hochwasserereignisse. Die Plangenehmigung für die Maßnahme ‚Einleitung des Vlattener Baches in den Wassersportsee bei Extremereignissen‘ ist ein Meilenstein für Zülpich, da ein Retentionsvolumen von etwa 800.000 Kubikmetern geschaffen wird, mit positiven Auswirkungen über die Stadtgrenzen hinaus.“

Sebastian Schuster, Landrat Rhein-Sieg-Kreis:
„Wir alle wissen, dass es den absoluten Hochwasserschutz nicht geben kann, aber wir müssen zukünftig deutlich besser vorbereitet sein. Dabei ist mir die Verbesserung des vorsorgenden Hochwasserschutzes ein ­besonderes Anliegen. Mit der Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft haben wir ein wichtiges Instrument, alle Beteiligten einzubinden, und uns gemeinsam den großen Herausforderungen, die noch vor uns liegen, zu stellen.“

Heinz-Peter Witt, Technischer Beigeordneter der Stadt Meckenheim:
„Die Zusammenarbeit mit den Kreisen und dem Erftverband ermöglicht es uns, die Hochwasserschutzkonzepte kontinuierlich zu verbessern und Wiederaufbaupläne zu aktualisieren. Weitere Kommunen und Kreise zeigen Interesse an einem Beitritt zu unserer Allianz. Das verstärkt unser gemeinsames Ziel, über kommunale Grenzen hinaus zu agieren.“

Ludger Banken, Bürgermeister der Stadt Rheinbach:
„Durch die Beteiligung der Bürgerschaft bei Workshops und Gewässerbegehungen konnten viele gute Ideen zum Hochwasserschutz gesammelt werden. Dieses Wissen ermöglicht es uns, konkrete Maßnahmen zu bewerten und im Verbund der Hochwasserschutzkooperation abzustimmen, um einen effektiven Schutz im Gewässereinzugsgebiet zu gewährleisten.“

Petra Kalkbrenner, Bürgermeisterin der Gemeinde Swisttal:
„Solidarität und gezieltes, planvolles Handeln sind die Grundpfeiler, die unseren Hochwasserschutz effektiv gestalten. Jede Initiative in Swisttal ist ein wichtiger Schritt, der nicht nur unsere lokale Sicherheitslage verbessert, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der gesamten Erft-Region gegenüber den Herausforderungen durch Naturkatastrophen stärkt.“

Carolin Weitzel, Bürgermeisterin der Stadt Erftstadt:
„Für effektives Hochwasserrisikomanagement sind verstärkte Anstrengungen aller Beteiligten nötig. Kommunale Hochwasserschutzkonzepte sind ein zentraler Baustein zur Verbesserung des technischen Hochwasserschutzes. Die intensive Beteiligung der Bürgerschaft fördert eine ganzheitliche Betrachtung des Einzugsgebiets und unterstützt die interkommunale Zusammenarbeit.“

Dieter Spürck, Bürgermeister der Kolpingstadt Kerpen:
„Hochwasser und Starkregen machen nicht an der Stadtgrenze halt. Daher sind gemeinsame Grundlagen und ein gemeinsames Handeln in der Region unabdingbar. Die Zusammenarbeit der letzten zwei Jahre sind von gegenseitigem Lernen geprägt und zeigen, wie es zielgerichtet in eine sichere Zukunft gehen kann.“

Die Projekte im Überblick

HRB Vussem
Das HRB Vussem am Veybach wird zwischen den Mechernicher Ortslagen Eiserfey und Vussem geplant. Mit einem zirka 6 Meter hohen Erddamm soll auf einer Fläche von 7,9 Hektar ein Rückhaltevolumen von rund 193.000 Kubikmetern geschaffen werden. Das Projekt befindet sich in der Vorplanungsphase.

HRB Kommerner Mühlensee
Der Kommerner Mühlensee am Bleibach oberhalb der Ortslage Mechernich-Kommern wird in ein Hochwasserrückhaltebecken umgestaltet. Mit dem 7,5 Meter hohen Damm wird auf einer Fläche von rund 25.000 Quadratmetern ein Rückhaltevolumen von zirka 52.000 Kubikmetern geschaffen. Das Projekt befindet sich in der Entwurfsphase.

HRB Schwerfen
Das HRB Schwerfen am Rotbach wird zwischen Mechernich-Eicks und Zülpich-Schwerfen geplant. Mit einem zirka 8 bis 9 Meter hohen Erddamm soll auf einer Fläche von 6,5 Hektar ein Rückhaltevolumen von rund 260.000 Kubikmetern geschaffen werden. Das Projekt befindet sich in der Vorplanungsphase.

HRB Möschemer Mühle
Das HRB Möschemer Mühle am Eschweiler Bach wird zwischen den Ortslagen Eschweiler und Iversheim der Stadt Bad Müns­ter­eifel geplant. Mit einem zirka 10 Meter hohen Erddamm soll auf einer Fläche von etwa 10 Hektar ein Rückhaltevolumen von rund 350.000 bis 400.000 Kubikmetern geschaffen werden. Es werden derzeit noch weitere hydrologische Grundlagen für den Standort ermittelt.

Hochwasserabschlag in den Zülpicher Wassersportsee
Am Zülpicher Wassersportsee wird zwischen den Zülpicher Ortslagen Floren und Lövenich am Vlattener Bach ein zirka 140 Meter langer Hochwasserabschlag in den Wassersportsee geplant. Hierdurch wird auf einer Staufläche von rund 83 Hektar ein Retentionsvolumen von etwa 800.000 Kubikmeter zum Hochwasserrückhalt genutzt. Das Projekt wurde im Frühjahr 2024 genehmigt.

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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