Premiere bei Szene 93
Im Zweifel für den Angeklagten?

- Zwölf Geschworene und eine Gerichtsdienerin (Regisseurin Annette Dewitz, r.) in einem Raum: Werden sie ein einstimmiges Urteil fällen und wie geht Machtkampf zwischen Nr. 8 und Nr. 3 (vorne) aus?
- Foto: Scheel
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Schuldig oder nicht schuldig? Eine Gruppe von zwölf Geschworenen muss
über das Schicksal eines 19-Jährigen entscheiden, der seinen Vater
im Streit mit einem Messer ermordet haben soll. Mit dem packenden
Gerichtsklassiker „Die zwölf Geschworenen“ des US-amerikanischen
Drehbuch- und Bühnenautors Reginald Rose aus dem Jahre 1957 feierte
das Theaterensemble von Szene93 unter der Regie von Annette Dewitz in
der Kleinen Bühne Premiere.
Erftstadt-Liblar (cs). Nach einer sechstätigen Gerichtsverhandlung
ziehen sich zwölf Geschworene zur Urteilsfindung zurück. Sprechen
sie den mutmaßlichen Mörder schuldig, erwartet ihn die Todesstrafe.
Elf Laienrichter wollen nur nach Hause und nehmen ein vorschnelles,
unreflektiertes Urteil in Kauf: schuldig. Allein der Geschworene Nr. 8
äußert Zweifel an der Schuld des Angeklagten. Da das Urteil
einstimmig ausfallen muss, entbrennt eine erbitterte,
spannungsgeladene Diskussion, bei der unterschiedliche Charaktere
aufeinandertreffen, psychische Belastungen und Vorurteile zu Tage
treten. Nach und nach scheinen die vermeintlich wasserdichten Beweise
den Geschworenen keineswegs mehr eindeutig. Nur ein Geschworener zeigt
sich unerbittlich …
„Das Stück ist großartig aufgebaut und immer aktuell“, meinte
Annette Dewitz, „es geht um Vorurteile, Gruppendynamik, um den
freien Willen, die Bewältigung zwischenmenschlicher Konflikte und das
Scheitern von gemeinsamen Lösungen.“ Vor vielen Jahren hatte die
amerikanische Version mit Henry Fonda als Nr. 8 die Regisseurin sehr
beeindruckt. Der Wunsch, das Psychodrama selbst einmal zu inszenieren,
entstand vor zehn Jahren bei dem Besuch einer Aufführung, die eine
Studentengruppe auf die Bühne brachte.
Bühnen- und Kostümbild im Stil der 1950er Jahre bilden einen
harmonischen, dennoch neutralen Rahmen für das Bühnengeschehen:
Nichts ist grell, kein Geschworener fällt durch sehr bunte Kleidung
auf; Wände, Tische und Stühle bleiben unauffällig – Dewitz´
Inszenierung konzentriert sich ganz auf die zwölf Akteure und ihre
Interaktion. Zwei Stunden lang tragen die Geschworenen auf engstem
Raum Konflikte aus, entwickeln kammerspielgerecht gegensätzliche
Charaktere. Dass der Bühnenboden der Liblarer Spielstätte optisch in
den Zuschauerbereich übergeht, trägt nicht zuletzt dazu bei, das
Publikum ins Geschworenenzimmer zu versetzen.
Die amerikanische Filmversion werde sie sich, so Dewitz, erst nach
Ende der Spielzeit im Frühjahr nächsten Jahres ansehen: „Für
meine Inszenierung wollte ich ganz bewusst Beeinflussungen durch die
Vorlagen vermeiden, sondern das Stück aus meinem Gefühl heraus
machen.“ Und das ist der Regisseurin mit Unterstützung von Iris
Lenzen (Regieassistenz) und dem mehrheitlich sehr spielerfahrenen,
immer aber ausdrucksstarken Ensemble Gudrun Romes, Nicole Stöbe,
Jürgen Henne, Ingo Brückner, Ansgar Spies, Anne Glasow, Sascha
Mohme, Lydia Rondorf, Hans-Paul Marten, Volker Schumann, Stephan
Nichtweiß und Stephanie March auf beeindruckende Weise gelungen:
Stück und Akteure sorgen für einen spannenden Theaterabend, der noch
lange nachklingt.
Für die zehn Vorstellungen des sehenswerten Dramas „Die zwölf
Geschworenen“ in der Kleinen Bühne, Poststraße 4, gibt es nur noch
Restkarten. Informationen und Reservierung auf www.szene93.de und ( (0
22 35) 92 28 34.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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