Masche der Autoankäufer
„Bitte rufen Sie zurück“

- Wer einen solchen Zettel am Auto entdeckt, soll zuerst an einen Unfallschaden und einen ehrlichen Verursacher denken.
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Region (red). Wenn in der morgendlichen Hektik zwischen der Fahrt zur Arbeit oder dem Absetzen der Kinder in der Kita ein kleiner Zettel an der Autoscheibe klebt, schrillen bei vielen Autobesitzern sofort die Alarmglocken. „Bitte anrufen 0163...“, steht da in sauberer Handschrift, gerne auf einem gelben Haftnotizzettel, angebracht direkt neben dem Seitenspiegel oder an der Tür. Der Puls steigt. Hat jemand beim Ausparken den Lack gestreift? Ein Kratzer, eine Delle, vielleicht sogar ein abgebrochener Spiegel?
Erleichterung mischt sich mit Nervosität – immerhin scheint der Verursacher so ehrlich zu sein, seine Telefonnummer zu hinterlassen. Also greift man zum Handy, ruft an, bereit für eine unangenehme, aber zivilisierte Schadensregulierung.
Doch statt der Unfallklärung meldet sich ein überaus freundlicher Herr, der gleich zur Sache kommt: Nein, kein Schaden. Vielmehr sei ihm unser Wagen aufgefallen – ein attraktives Modell, durchaus gefragt, und ob wir denn über einen Verkauf nachdenken würden? Mit geschulter Stimme werden in Windeseile alle Eckdaten abgefragt: Baujahr, Laufleistung, Motorisierung, Farbe. „Was wäre Ihnen das Fahrzeug denn noch wert?“ lautet die finale Frage – als hätte man selbst in Gedanken bereits den Kaufvertrag aufgesetzt.
Eine Masche mit psychologischer Raffinesse
Diese Masche ist besonders perfide, weil sie mit einem psychologischen Trick arbeitet: Sie nutzt den Moment der Sorge, in dem wir mental auf einen Unfall vorbereitet sind, um unser Schutzschild zu senken. Die handschriftliche Notiz wirkt menschlich, vertrauenswürdig. Tatsächlich aber ist sie oft Teil einer gezielten Werbestrategie von freien Autoankäufern, die auf diesem Weg an möglichst viele private Verkäufer gelangen wollen – am besten, bevor der Wagen den Weg zu einem regulären Händler oder ins Onlineportal findet.
Denn wer emotional unter Druck steht oder schlicht keine Lust auf aufwendige Inserate hat, lässt sich womöglich zu einem schnellen Verkauf überreden – häufig unter Marktwert.
Was tun, wenn so ein Zettel am Auto klebt?
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Keine Panik: Wer eine Notiz mit Telefonnummer findet, sollte sich zunächst das Auto genau ansehen. Gibt es wirklich einen Schaden? Wenn nicht, ist es sehr wahrscheinlich ein Lockangebot.
- Nummer googeln: Viele dieser Nummern sind bereits bekannt – ein schneller Blick ins Netz reicht oft, um festzustellen, dass es sich um gewerbliche Autoaufkäufer handelt.
- Nicht zurückrufen (wenn kein Interesse besteht): Wer keinen Verkauf plant, muss auch nicht antworten. Die Anrufe sind in der Regel unverbindlich, können aber penetrant werden, sobald man einmal reagiert hat.
- Notiz dokumentieren und entfernen: Wer sich belästigt fühlt, kann den Vorgang bei der Stadt oder beim Ordnungsamt melden – in manchen Kommunen gelten solche Zettel bereits als unerlaubte Werbung im öffentlichen Raum.
- Verkauf mit Bedacht angehen: Wer doch über einen Autoverkauf nachdenkt, sollte sich mehrere Angebote einholen – online wie offline – und nie unter Druck entscheiden.
Ein ehrlicher Unfallverursacher ist heutzutage fast schon ein Glücksfall. Aber hinter der netten Handschrift am Auto steckt nicht immer ein Kratzer – sondern manchmal einfach nur ein cleverer Verkäufer. Wer sich davon nicht täuschen lässt, fährt am Ende besser – und zwar mit dem eigenen Auto weiter.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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