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VIPs inkognito

Ich weiß, hatte ich versprochen. Dir zu erzählen, wie ich es jetzt doch noch zur VIP geschafft habe. Aber Geduld. Jetzt musstest du so lange warten, da kommt es auf die paar Minuten auch nicht mehr an. Erst noch etwas zu meiner neuen BankCard. Du erinnerst dich? So was von nachhaltig, so was von aus 100% recyceltem PVC, der Kartenkörper! Was in dem Schreiben meiner Bank auch noch stand: Laut Elektro- und Elektronikgerätegesetz ist diese Karte ein Elektrogerät und darf nicht im Hausmüll entsorgt werden. Daher geben Sie diese bitte zerschnitten bei einer geeigneten Sammelstelle für Elektrogeräte ab. Die Adresse erhalten Sie von Ihrer Kommunalverwaltung. Wusste ich nicht, dass meine BankCard ein Elektrogerät ist. Deshalb, frag mich besser nicht, wie ich bis jetzt meine BankCards entsorgt habe.

So, jetzt aber, jetzt habe ich dich aber lange genug auf die Folter gespannt. Du weißt ja bereits, dass ich, seitdem ich eine VIP bin, so was von ganz anders durchs Leben gehe. Ich denk mir, dass ich das auch ausstrahle. Ja, doch, das macht etwas mit mir. Ich bin der festen Überzeugung, wenn ich damals schon im Bonner Kunstmuseum diese Ausstrahlung gehabt hätte, vielleicht. Aber komm, Schnee von gestern. Du weißt ja, ein Gläschen Prosecco für mich, und schon sehe ich die Welt mit anderen Augen – vor allem aber die Kunstwerke. Egal, was da an der Wand hängt – wahnsinnig schön! So auch in einer Galerie in Meckenheim: Ein Gläschen Winzersekt und schon bin ich total begeistert. Nein, Spaß beiseite, tatsächlich eine tolle Ausstellung: „Squaredance“ in der Galerie FIRLA. Kannst du dir noch bis zum 13.Juli anschauen!

Wo wir aber auch so was von lieb behandelt wurden. Horch: Letztens hatten mein Traummann und ich Hochzeitstag. Und wo haben wir den zelebriert? Richtig, back to the roots! Zu den Ursprüngen, zum Anfang. Da wo fast jeder Student einmal in seinem Leben in Bonn gewohnt hat. Richtig, in der Altstadt. Wobei ich jetzt gar nicht sagen kann, ob das mit heutigen Maßstäben überhaupt als Wohnen bezeichnet werden kann. Ich geb dir mal Beispiel. Ach, weißt du was, ich geb dir einfach mal den Link dazu. Ich hab da nämlich vor langer Zeit schon mal drüber geschrieben: „Mobildusche oder Frankenbad - das war damals die Frage“. Das war das eine, das andere aber war das Etagenklo, das ich mit meinem Traummann und zwei anderen MÄNNERN teilte! Die dann Feten feierten – mit anderen Männern –, die sich nicht alle zum Pinkeln setzten! Der Knüller: Es gab keine Bodenfliesen sondern Holzdielen – mit Zwischenräumen, mit Ritzen! Du willst gar nicht wissen, was da für Leben in der Bude war! Muss ich noch mehr beschreiben oder hast du genug Kopfkino? Wie komm ich drauf? Richtig, Altstadt, unser Hochzeitstag, auf den wir im Pawlov angestoßen haben. Kennst du bestimmt: Egal wann du da an der Ecke Heerstraße / Dorotheenstraße vorbei radelst, egal welche Jahreszeit, welche Temperaturen – da sitzen immer Menschen draußen, gefühlt seit Jahrhunderten. Wir auch an unserem Hochzeitstag. Und wie wir da draußen an „unserem“ Zwei-Personen-Tischchen bei einem Kaltgetränk sitzen und mit der Kellnerin ins Gespräch kommen, ihr sagen, dass wir unseren Hochzeitstag feiern – direkt gab es noch für meinen Göttergatten und mich ein Glas Sekt aufs Haus. So kann es auch gehen.

Wobei ich das ja mit dem Sekt respektive Prosecco nicht gar so eng nehme: Jetzt, zu dieser Jahreszeit gerne auch mal ein Glas Rosé. Und da weiß ich jetzt nicht, wie das XIAO das erfahren hat, dass ich darauf voll abfahre (ich meine das bitteschön metaphorisch!). Vielleicht hat es auch mit meinem neuen VIP-Status zu tun, dass die mich kennen. Weil, neulich lese ich doch in meinem SCHAUFENSTER folgende Lettern: XIAO-News – Brunch-Genuss & Rosé-Sommer. Ab 25. Mai Sonntags-Brunch / Frühstück & jeden Dienstag all you can drink Rosé-Wein im Buffet-Preis inklusive. Hallo, ich natürlich sofort am Start von wegen Tischreservierung und so, bis mir plötzlich einfiel. Holla, die Waldfee! Ich mein, das muss sich ja schon lohnen, das mit dem Rosé gratis. Wenn ich dann aber dienstags danach auf meine Schüler treffe. Ich habe deshalb nach reiflicher Überlegung davon Abstand genommen. Gut, meine Schüler im besoffenen Kopf zu erleben – also nicht die mit besoffenem Kopf sondern ich: hätte schon seinen Reiz! Aber die Gefahr, dass mir da die Hand zu locker sitzt und ich dem ein oder anderen eine pfeffere – zu groß! Aber toll vom XIAO finde ich es allemal. Und die Sommerferien stehen ja vor der Tür!

Apropos Rosé. Neulich waren mein Traummann und ich in Belgien, in Limburg, im Städtchen Leuven unterwegs. Ich komm deshalb drauf, weil es da im Hotel eine sogenannte Honesty Bar gab. Hatte ich bis dato noch nicht gehört, aber schau, ich hab mal für dich ins Internet geschaut: Eine Honesty Bar, auch Vertrauensbar genannt, ist eine Bar, an der sich Gäste selbst bedienen und die konsumierten Getränke und Snacks eigenständig auf einer Liste notieren oder in eine Kasse legen. Die Bezahlung erfolgt in der Regel beim Auschecken oder nach eigenem Ermessen. Sie ist ein Konzept, das auf Vertrauen zwischen Gast und Gastgeber basiert. Jetzt weißt du auch, warum ich so was bis jetzt nicht kannte. Genau, da wo wir sonst absteigen, kannst du dich nicht verlassen, dass die Gäste, du weißt, was ich meine. Ja, ich gebs zu, das Hotel war ausnahmsweise ein klein wenig edel. Deshalb diese Honesty Bar. Wobei ich es so ganz nicht verstehe. Weil es ja doch oft auch heißt, dass gerade die Reichen. Also, dass die nicht umsonst reich geworden sind. Egal. Wie auch immer, in der Bar gab es verschiedene Biersorten in Flaschen im Kühlschrank. Mein Mann sich eine Flasche und ein Glas genommen und auf einem Zettel mit vorgefertigter Liste einen Strich hinter Bier gemacht. Gedacht war es so, dass man für jeden Tag einen Zettel mit Datum und Namen ausfüllt. So, und jetzt aber. Ich entschied mich für ein Glas Rosé. Die 0,75 l Weinflaschen standen angebrochen bzw. unangebrochen in der Bar in einem kleinen Kühlschrank. Und ich – und jetzt musst du dich in mich hineinversetzen. Weil, da stand auf dem Zettel „ein Glas Wein“. Was ist denn ein Glas Wein? Oder besser gefragt: Wie viel ? Ich habe dann kurz in die Höhe geguckt und nach einer Video-Kamera gesucht. Und keine gesehen. Und bin deshalb, ja, du kannst es dir schon denken, davon ausgegangen, dass ein Glas 0,2 l Wein bedeutet – oder 0,25 l. Und manchmal kannst du es ja auch nicht so genau bemessen – beim Einschütten.

Jetzt bin ich heute auch wieder nicht dazu gekommen, dir zu erzählen, wie ich eine VIP geworden bin. Schade, nächstes Mal aber, versprochen!

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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