Auf bis zu 6000 Feldern
Reiche Ernte am Straßenrand - Selbst pflücken ist in

Foto: Fabian Nitschmann/dpa

Farbenfrohe Gladiolen, leuchtende Sonnenblumen und duftende Erdbeeren
- direkt neben dem Straßenrand locken im Sommer gleich felderweise
schönste Blumen und frische Früchte zum Selbstpflücken und
-schneiden.

Auf deutschlandweit rund 4000 bis 6000 Feldern können sich die Kunden
mittlerweile ihren Nachschub für Vase und Obstteller besorgen. Dabei
kommen sie meist deutlich günstiger weg als im Supermarkt oder
Blumengeschäft. Das lässt nicht nur das Angebot, sondern auch den
Kundenzuspruch für diese Art der Direktvermarktung wachsen.

Schätzungsweise 900 Anbieter in ganz Deutschland verdienen sich
mittlerweile mit Blumen und Obst zum Selbstpflücken ein Zubrot, und
mancher von ihnen kann sogar ganz davon leben, sagt Dieter Bär. Der
diplomierte Agrarwissenschaftler sieht sich selbst als Pionier auf
diesem Gebiet. Vor 25 Jahren und noch im Studium legte er das erste
Blumenfeld zum Selbstschneiden an, inzwischen sind es 30 Felder.

Seine Erfahrungen gibt Bär weiter. Eine gut sichtbare Lage der Felder
neben einer größeren Straße, Parkmöglichkeiten, Stadtnähe und
gleichzeitig möglichst wenig Konkurrenz durch ähnliche Angebote
seien wichtige Standortvorteile, sagt Bär. 

Fragen rund um die Zahlungsmoral sind überhaupt eines seiner
Steckenpferde. Bär hat schon ganze Forschungsprojekte von Studenten
begleitet - mit Verhaltensbeobachtungen direkt am Ort, auf dem
Selbstpflück-Feld. Nach seiner Erfahrung wächst die Quote der
ehrlichen Zahler beispielsweise, wenn die Kunden auf Infoblättern
erfahren, dass eine Familie hinter dem Blumenangebot steht, die von
dem erwirtschafteten Geld ihren Lebensunterhalt bestreitet. Wird
dagegen nur eine Firma als Anbaubetrieb genannt, sinken die Skrupel.
Besonders ärgerlich sei das, wenn Wiederverkäufer gleich im großen
Stil Felder leerräumen und sich dann ohne Bezahlung aus dem Staub
machen, sagt der Landwirt.

Die allermeisten Leute aber zahlten zum Glück ehrlich den geforderten
Preis - je Gladiole und Sonnenblume sind das in Deutschland
durchschnittlich 80 Cent, Tulpen kosten um die 50 Cent und Dahlien im
Schnitt 40 Cent. Auch Arztpraxen, Kirchen, Restaurants oder Kanzleien
gehören zu den Stammkunden der Anbieter. Sie schätzten auch, dass
sie sich rund um die Uhr die Frische vom Feld holen können, ohne an
Öffnungszeiten gebunden zu sein, sagt Bär.

Aber wie kommt das alles eigentlich bei Blumengeschäften an, die
teils deutlich höhere Preise verlangen und davon nicht nur Personal,
sondern auch Ladenmieten bezahlen müssen? Beim Fachverband Deutscher
Floristen sieht man die Felder - anders als Supermärkte und
Discounter - eher gelassen, wie Verbandssprecherin Nicola Fink sagt.
Naturthemen lägen im Trend und selbst zu pflücken, könne die
Verbraucher zusätzlich positiv für Blumen und Pflanzen einnehmen.
Wenn die Saison auf dem Blumenfeld dann im Herbst beendet ist, kämen
die Kunden vielleicht umso lieber wieder in die Fachgeschäfte, um
sich aus deren Angebot etwas auszusuchen.

Apropos Saison: Wie alle anderen Landwirte auch sind die Anbauer von
Blumen und Obst zum Selbsternten stark auf das Wetter angewiesen - und
das hat nicht nur Erdbeerbauer Johann Lang in diesem Jahr zu schaffen
gemacht. Die Erntezeit sei zwei bis drei Wochen früher zu Ende
gegangen als üblich, berichtet er. Schön seien die Früchte schon
gewesen, aber der Ertrag wegen teils erheblicher Frostschäden bei den
Frühsorten geringer als sonst. Dann wieder fehlten die
Niederschläge, so dass die süßen Früchte weniger Gewicht auf die
Waage brachten. Auch hielt die Hitze im Juni manche Kunden davon ab,
in die Erdbeerfelder zu kommen.

Doch Lang kann dem Wetter auch seine guten Seiten abgewinnen, weil er
auch Blumen zum Selbstpflücken anpflanzt: So hätten die Sonnenblumen
dank der Hitze zwei bis drei Wochen früher mit der Blüte losgelegt
als sonst.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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