Präventions-Initiative „Kurve kriegen“
„Auf die Fahrbahn zurück“

Pädagogen, Sozialarbeiter oder Psychologen sind Teil von „Kurve kriegen“, sie verfügen über mehrjährige Erfahrung mit risikobelasteten Kindern und Jugendlichen. Foto: Polizei/ iStock.com/KatarzynaBialasiewicz
  • Pädagogen, Sozialarbeiter oder Psychologen sind Teil von „Kurve kriegen“, sie verfügen über mehrjährige Erfahrung mit risikobelasteten Kindern und Jugendlichen. Foto: Polizei/ iStock.com/KatarzynaBialasiewicz
  • hochgeladen von Angelika Koenig

Rhein-Berg (kg). „Frühe Hilfe statt späte Härte“. Nach diesem Grundsatz startete Anfang Juli die Polizei in Rhein-Berg mit „Kurve kriegen“, einer Präventions-Initiative des Landes, die sich an acht- bis 15-jährige Straftäter wendet. Dabei wird die Kreis-Polizei von Pädagogen der Diakonie Michaelshoven unterstützt.
Schule schwänzen, Verweise, Sachbeschädigungen, Prügeleien, Kiffen, Sozialstunden, Raub, Dealen, Untersuch Minderjährigen ungshaft, Knast … was zunächst harmlos anfängt, endet fatal. Manche Lebensläufe steuern bereits in jungen Jahren auf eine Karriere als Intensivtäter zu. Genau dort setzt „Kurve kriegen“ an, und widmet sich diesen Menschen. Die Spezialisten dringen dabei in die Vergangenheit der, um Antworten zu finden, was dazu geführt hat, dass Kriminalität ein Teil der Entwicklung wurde, wo die Ursachen zu finden sind und wo die Lösungen.
Der Fokus liegt auf den schwierigsten Fällen. Die Vorauswahl macht die Polizei über registrierte Kriminalität, inklusive möglicher Risikofaktoren wie häusliche Gewalt, Vermisstenfälle und ähnlichem. Dann besuchen Polizisten in Zivil die Familien zu Hause und stellen die Präventions-Initiative vor. Sind alle einverstanden, kann ein Pädagoge die Familie aufsuchen.
Dann gilt es, dass alle zusammenarbeiten, weil Kriminalprävention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Denn Sicherheit gehört zu den essentiellen Grundbedürfnissen des Menschen. So kann bei „Kurve kriegen“ auch die Clique, das soziale Umfeld, und ganze Schulklassen mit einbezogen werden. Einstiegspunkte sind „Face to Face“-Betreuung, Erlebnispädagogik, soziales Kompetenztraining, aber auch Schuldnerberatung, Nachhilfeunterricht und Elternarbeit. Eine Teilnahme dauert durchschnittlich zwei bis drei Jahre.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass bis zu zehn Prozent aller tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen bis zu 50 Prozent aller Delikte dieser Altersgruppe begehen. Entwickelt sich daraus ein Intensivtäter, hinterlässt er bis zu seinem 25. Lebensjahr durchschnittlich 100 Opfer. Darunter Delikte wie Diebstahl, Raub, Körperverletzung. Und er verursacht bis zu 1,7 Millionen Euro an sozialen Folgekosten. Dabei zeichnet sich die Entwicklung zum Intensivtäter häufig im Kindesalter ab. Die Fachkräfte von „Kurve kriegen“ sollen diese Entwicklung frühzeitig erkennen und einlenken. Straftaten, Täter und Opfer sollen so auf „Null“ reduziert werden.
Die Präventions-Initiative startete in 2011 mit acht Pilotstandorten. In diesem Jahr werden bereits 41 der 47 Kreispolizeibehörden in NRW dabei sein. Statistisch gesehen konnten 6.423 Opfer verhindert werden. Die Pädagogen investieren dafür fast 60.000 Stunden pro Jahr. Manche der Kinder und Jugendlichen erfahren durch „Kurve kriegen“ erstmals, wie es sich anfühlt, ernst genommen und als Mensch respektiert zu werden.
Die Teilnahme an der Initiative ist freiwillig und kostenlos. Das Land NRW investiert pro Jahr und pro Minderjährigen etwa 11.000 Euro. Ein Haftplatz würde jeden Monat circa 6.500 Euro kosten. 1.600 Kinder und Jugendliche haben bisher teilgenommen. Etwa 40 Prozent von ihnen werden nach „Kurve kriegen“ nicht mehr auffällig, bei den übrigen 60 Prozent ist der Rückgang der Straftaten deutlich erkennbar. Die Rückfallquote liegt bei zwei Prozent.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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