Nachdenkliches
Handy-Seuche

Welcher kluge Kopf hat nur das Handy erfunden? Und wer hat gesagt, dass das Handy überall hin mitfahren, mitgehen und immer in erreichbarer Nähe sein muss? In der Handtasche. Im Rucksack. In der Hosentasche. Im Abendtäschchen. Um den Hals. In der Waschküche. Im Supermarkt. Auf der Toilette. Beim Kochen. Bei der Hausarbeit. Unter der Dusche. Nein !!! DA NICHT! Weil ..... man hat ja leider keine Tasche für Handy rein! Handy ist eine Seuche! Eine absolute Sucht! Nichts hat größeres Suchtpotential neben Schnaps, Süßigkeiten und Tabletten, als das Handy! Meine Meinung! Selbst ein freier Mensch geht heutzutage nie ohne Handy aus der Türe! Oder?

Gestern war seit langem mal wieder ein Tag mit einem vollen Programm bis zum frühen Nachmittag! Aufgestanden mitten in der Nacht um 7.30 Uhr! Mit Wecker natürlich! Nicht freiwillig! Nicht meine Zeit! Und einem Traumwetterchen, das ich einfach noch genießen musste! Sonne, blauer Himmel und ICH sind eins! Fehlt nur noch Natur, und mein Quartett ist komplett!

Also nach all meinen abgehakten Terminen am Nachmittag ab in meinen Lieblingsschlosspark und mit Buch auf meine Lieblingsbank an meinen Lieblingsteich! Noch ein bisschen Sonne und Ruhe und Abschalten und herrliche Natur und Frieden tanken! Ohne viele Menschen drum herum! Eifel war zu spät. Und auf meinen Lieblingsschlosspark mit den alten Bäumen und der urwüchsigen Natur hatte ich Lust!

Für mich gibt es nichts Schöneres, als auf meiner Lieblingsbank zu relaxen, ein bisschen zu meditieren, die Welt außen vor zu lassen, die Natur zu genießen, der Stille zu lauschen, auf den großen Teich zu schauen, die Spiegelungen der Bäume im Wasser zu beobachten und einfach nur bei mir zu sein!

Kuckuck..Kuckuck..Kuckuck – Kuckuck – Kuckuck !!!!!! Whatsapp angekommen! Oh! Wer will denn jetzt was von mir? Könnte dringend sein! Oder wichtig! Mein Handy hat in meinem Rucksack vorne ein bestimmtes Fach! Quasi sein Zuhause, wenn unterwegs! Also muss ich nicht lange kramen und suchen. Na ja! Nicht unbedingt dringend. Und Wichtig auch nicht unbedingt. Handy wieder in seinem Zuhause geparkt. Reißverschluss zu! Einfach die Augen jetzt schließen, Ruhe, Luft und Natur genießen!

Kuckuck..Kuckuck..K.............! Wer sucht mich denn jetzt? Könnte ja wichtig oder dringend sein! Reißverschluss auf, Handy raus, App gelesen. Stammtisch-Freundin fragt mich, ob ich morgen nach dem Stammtisch bei meinem Lieblingsgolfplatz mit essen komme! Na klar! Komme mit! Muss ich ihr doch kurz antworten, damit sie Bescheid weiß! Aus kurz wird etwas länger, weil ich ihr ja noch ein paar andere Dinge erzählen wollte! Schnell abschicken! Und jetzt ist Schluss mit Handy! So ein bisschen werde ich schon irgendwie knatschig. Etwas unzufrieden. Grummelig! Weil … ich wollte Ruhe und Teich gucken und Natur genießen und das alles eigentlich ungestört! Irgendwie läuft mir meine Zeit weg, und viel relaxt und Natur geguckt habe ich auch noch nicht! Ich mag nicht so arg, wenn ich in meinem Genießen gestört werde! Ab sofort bin ich nur bei MIR!

Handy klingelt! Ich habe mir eine ganz tolle Musik als Klingelton ausgesucht. Mein Sohn! Schööööön! Ich freue mich immer, wenn mein schon lange erwachsenes „Kind“ mich anruft und wir eine Runde plauschen können. Er möchte wissen, ob es mir gut geht und was ich so mache. Ja, mir geht es supergut! Bin in meinem Lieb....schlosspark auf meiner Lieb...bank und genieße Natur und Ruhe! Gleich werde ich ein bisschen lesen, weil ich ein interessantes Buch mitgebracht habe. Und natürlich relaxen! Und genießen! Wir beplauschen unser bisheriges Tagesgeschehen und das von gestern und das von morgen und sind damit beide über unseren momentanen Lebensinhalt informiert. „Dann genieß mal weiter das schöne Wetter und Deine Ruhe, und lass es Dir gut gehen!“, meint mein Sohn. Und das Gespräch ist damit beendet! Ich freue mich, dass er Hallo gesagt hat. Und ich nun weiß, dass es ihm gut geht und was er so macht.

Ich schaue mir ein bisschen die Sonne an, deren helle Strahlen durch die hohen Bäume schauen und sich in den Ästen brechen. Das ist ein tolles Bild! Sehr stimmungsvoll! Aber … da die Sonne nun eigentlich nur noch durch die Bäume scheint, eine wunderschöne Atmosphäre, mir aber etwas kühl wird, auch durch den Wind, der an den Laubbäumen zwischen den Nadelbäumen die Blätter zum Rauschen bringt, packe ich meine Sachen und ziehe zehn Meter weiter auf die nächste Bank hinter mir, über die Wiese rüber, die voll in der Sonne liegt. Sonne pur. Blauer Himmel. Wieder richtig schön warm. In den Blättern säuselnder Wind. Idylle pur! Und schon 18 Uhr! Gelesen habe ich noch keinen Buchstaben! Und richtig relaxt auch nicht! Noch nicht meditiert. Und mich auch noch nicht mit mir alleine glücklich gefühlt. Aber ab sofort wird das anders !!!

Kuckuck..Kuckuck..Kuckuck! OHNE Kuckuck – Kuckuck! Nur dreimal Kuckuck meint, dass ich ein Foto oder ein Video bekommen habe von einem lieben Menschen! Mein Enkelchen, gerade zehn und zum Geburtstag ein Handy bekommen, schickt mir ein Video! Irgendwelche Figürchen, von denen ich keine Ahnung habe! Als „Omi“ muss man schließlich nicht alle neuen Comic-Figürchen kennen! Und auf dem neuesten Stand sein. Ist aber lustig! So viel kann ich im hellen Sonnenlicht auf dem kleinen Monitor nun doch erkennen. Vor lauter Schule und Hausaufgaben und Hobbys haben meine Enkelchen nun nicht mehr so viel Zeit für Omi. Eigentlich bisschen schade, aber verschafft MIR mehr Freizeit und Unabhängigkeit! Auch schöööön! Ich tippe meinem kleinen Schatz eine App, damit er was zum Lesen und Freuen hat!

Und nun werde ich ein paar Seiten in meinem Roman lesen, weil … gerade ziemlich spannend! Irgendwie blöde, dass beide im Streit auseinander gehen und er nun direkt zum Flughafen muss, weil sein Flieger von New York nach England geht! Und sie bleibt mit Tränen in den Augen und voll von unausgesprochenen und ungeklärten Dingen und voller Frust, Wut, Enttäuschung und Sehnsucht alleine in New York zurück! Aber ihre Arbeit dort inmitten von stinkreichen Leuten und die ganze Atmosphäre der Stadt machen ihr viel Freude! Bei Gelegenheit, wenn er wieder in England angekommen ist, wird man sofort telefonieren .......................... Diese Ereignisse reißen mich völlig mit! Und alles in der herrlichen Abendsonne!

Kuckuck ........... fünfmal …! Irgendwie nervt dieses ständige Kuckuck in der Ruhe der Natur! Zumal nirgendwo ein Kuckuck ist, der wirklich ruft! Das wäre ja noch toll in dem großen wunderschönen Park! Wieder eine App! Von einer Freundin, die zur Zeit in Cuxhaven Urlaub macht! Freut mich, dass sie sich meldet und ein bisschen von ihrem Urlaub erzählt. Bei dem herrlichen Wetter am Meer, ein Traum! Nachdem ich die App gelesen und beantwortet habe mit Grüßen aus dem Schlosspark, gehen meine Gedanken auf die Suche nach einem Ort am Meer, wohin ich gerne fahren würde. Ins Ausland fliegen, fällt flach! Kommt im Moment nicht in Frage für mich! Nach Holland ans Meer! Das wäre super! Auf eine Insel … Wangerooge oder Föhr oder Sylt. Das wäre klasse! Wäre doch eine Möglichkeit, noch für Spätsommer oder Frühherbst.

Na so was! Vor lauter WhatsApp habe ich nicht bemerkt, dass sich die Sonne inzwischen hinter den Bäumen versteckt hat! Kühl ist es auf meiner Bank geworden. Ups! Und auch schon spät! Und zu Hause will ich noch kochen! Hunger! Schweren Herzens löse ich mich von meiner Bank, etwas im Blick, was denn nun aus meinem Relaxen, Genießen, Natur und Landschaft gucken, Abschalten und Meditieren geworden ist ???! Eigentlich macht sich Unzufriedenheit breit. Das Gefühl, meine Zeit nicht so genutzt zu haben, wie ich es vorhatte. Nicht wirklich abgeschaltet zu haben. Meinen Nachmittag nicht für mich selbst genutzt zu haben. Nicht wirklich nur bei MIR gewesen zu ein. Die Sonnenstunden nicht bewusst erlebt und genossen zu haben. Nun sind sie weg!

Bisschen traurig bin ich! Scheißhandy! Hätte ich ja lautlos oder abstellen können! Aber … die Kontakte wollen ja auch gepflegt werden! Ist doch erfreulich, wer alles an mich gedacht hat. Und was es bei meinen mir wichtigen Menschen so alles Neues gibt. Hätte ja auch irgendetwas passiert sein können. Hätte ja auch jemand Sorgen haben und meine Hilfe brauchen können. Hätte … hätte … hätte ........! Vorbei! Zu spät! Der Tag ist rum!

Und mein Lieblingsschlosspark inzwischen geschlossen! 19 Uhr! Man kann sich so lange im Park aufhalten, wie man möchte, muss aber dann durch den Notausgang, das Drehgitter, den Park verlassen. Also noch eine kleine Runde durch den inzwischen menschenleeren Park hin zum Drehgitter. Jetzt mit ungestörtem Blick auf die beeindruckenden alten Bäume mit ihren riesigen Stämmen und Ästen, die teilweise schon mit dicken Drahtseilen gehalten werden. Auf die Teiche, die in der Abendsonne glitzern. Und auf die wunderschöne urwüchsige Natur, die unendlich viel Ruhe und Frieden ausstrahlt.

Und wenn ich das nächste Mal wieder in meinem Lieblingsschlosspark bin, und das wird ganz bald sein, dann werde ich meine Zeit genau so nutzen, wie ich es mir vorgenommen habe und wie es mir und meiner Seele gut tut! Relaxen und genießen! Und ich werde mich ganz sicher nicht mehr von meinem Handy in Beschlag nehmen lassen! Und ich werde es stumm schalten! Und mich nicht von diesem Gekuckucke aus meiner Ruhe und meinem Genießen bringen lassen! Dann wird die Zeit MIR ganz alleine gehören!

......... nur so hin und wieder werde ich mal ganz kurz auf mein Handy schauen, weil .... es KÖNNTE ja etwas Dringendes sein und jemand meine Hilfe brauchen .................

(C)eth

LeserReporter/in:

Ellen Thoms aus Pulheim

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