Nachdenkliches
ARMUT lebt im Verborgenen

Donnerlitsch! Ist das alles teuer geworden! Seit Corona? Müssen Hotels und Restaurants drei Jahre Flaute mittels Preissteigerungen wieder herein holen? Eine kleine Flasche Wasser im Strandpavillon 3,40 €! Ist das normal? Richtiger Durst kann da teuer werden!

Ich hatte mir im Internet die Speisekarte meines Lieblingsitalieners angeschaut und fand dort noch die alten Preise. Alt? Wie alt? Von VOR Corona? Meine Spaghetti pomodore 9,50 €. Ein ziviler Preis, wie ich finde. Jetzt, hier und heute 11,- €. Einfache Spaghetti mit Tomatensoße! Vegetarisch! Ohne Fleisch! Und die Restaurants sind rappelsvoll! Mittags. Spätnachmittag. Und abends. Besetzt bis auf den letzten Platz. Und das mehrere Schichten hindurch. Angefangen ab 18 Uhr für die Frühesser. Bis nach 22 Uhr. Die Leute stehen draußen vor den Lokalen Schlange und warten darauf, einen freien Platz zu erwischen. Ich spreche von meinen gerade gemachten Urlaubserfahrungen in Holland.

Im Vis-Lokal gegenüber von meinem Hotel beginnt ein etwas einfacheres Fischgericht bei 25,- €! Und die Gäste lassen es sich schmecken! Noch ein Weinchen dazu. Und hinterher noch einen Cappuccino oder Espresso oder Kaffee! Oder/und ein Dessert! Den Urlaub möchte man ja genießen! Ich staune nur so vor mich hin! Bin ICH im falschen Film! Ich gönne JEDEM ALLES wirklich von ganzem Herzen und freue mich riesig als ehemalige Reiseleiterin, wenn die Leute glücklich und zufrieden sind und eine tolle Zeit verleben! Und ausgeruht, gut erholt und mit neuer Kraft und Energie für den kommenden Alltag wieder nach Hause kommen! Aber ich staune … Die Hotels auch alle rappelsvoll! Kein Zimmer mehr zu bekommen! Ausgebucht bis Ende Sommerferien! Teilweise sogar auch schon bis September! Ich hatte gerade Glück mit meinem freien Zimmer für neun Tage. Vielleicht auf Grund einer Absage ein Loch im Buchungsprogramm? Ausnahme. Sonderfall. Kein großer Komfort. Noch nicht mal einen Föhn auf dem Zimmer. Den musste man, frisch geduscht und mit nassen Haaren, erst unten an der Rezeption erfragen und ausleihen. Aber trotzdem ziemlich UN-billig, nur mit Frühstück. Aber Frühstück war klasse! Abendessen als Halbpension plus 27,- €! Das muss ja alles erst einmal bezahlt werden können! Zu allererst muss es aber mal sauer verdient werden! Das Geld.

Die holländische Küste ist voll in deutscher Hand! Immer schon! Auch VOR Corona! Eher in nordrheinwestfälischer Hand! K. BM. GL. AC. BN. D. NE. … Einige wenige andere Auto– oder Wohnmobil-Kennzeichen von weiter her. Liegt wohl an der kurzen Entfernung. Schnell am Meer. Herrlicher Strand. Alles da, was das Herz begehrt! In manchen Monaten sieht man kaum einen Holländer! So scheint es jedenfalls. (Witz!)

Wahrscheinlich ist alles gut, so, wie es ist! Ist es das? Stimmen die Relationen noch? Das Preisleistungsverhältnis? VOR Corona war Urlaub machen teilweise schon nicht preiswert. Aber jetzt … Ich staune wirklich! In den holländischen Restaurants ist alles offen. Von draußen kann man drinnen jedem auf den Teller schauen! Und ins Glas! Die Essgewohnheiten und der Hungerpegel sind wie ein offenes Buch! Warum auch nicht! Man muss nicht verbergen, dass man den Urlaub genießt. Ganz oft der einzige Urlaub im Jahr.

Wie kann der Durchschnitt der Menschen diese ganzen Preise bezahlen? Sich das alles leisten? Wie schon erwähnt, alles rappelsvoll. Gut besucht. Restaurants und Hotels. Den Campingplatz nicht zu vergessen. Auch die Wohnmobile werden immer größer! Genau wie die Autos auch. Vor Jahren sah man Autos mit kleinen Wohnwagen im Schlepp. Die sind aus dem heutigen Bild fast vollkommen verschwunden. Ersetzt von Wohnmobilen in allen Prachtvariationen! Komfort pur.

Bin ICH falsch gepolt? Oder in der Entwicklung stehen geblieben? In der Entwicklung der Zeit. Der Preise. Der Kosten. Wenn ich mir auf der Terrasse meines Lieblingsstrandpavillons in herrlicher Sonne überlege, ob ich mir einen kleinen Tosti (ZWEI Scheiben) mit Schinken und Käse und Ketchup für 12,- € leisten möchte? Ein kleiner Mittagssnack! Ohne Getränk! Und auch nicht unbedingt zum satt werden bis zum Abendessen. Unter 10,- € findet man fast keine Kleinigkeit mehr. Mittags! Richtiges Essen, die Hauptmahlzeit, gibt es bei MIR abends. Für gutes Geld!

Bezahlen kann ich das alles. Aber bin ich auch bereit, diese Preise zu bezahlen? Stimmt wirklich noch das Preisleistungsverhältnis? Ok, Hotels und Restaurants müssen wieder auf die Füße und in die schwarzen Zahlen kommen! Kann ich verstehen! Sehe ich ein! Einfache und naheliegende Lösung … wenn ich die Preise nicht bezahlen möchte, darf ich mich mittags nicht auf die Terrasse des Strandpavillons setzen! Beim Bäcker ein Brötchen oder eine Fritte speciaal auf die Hand tuts auch, auf einer Bank an der Straße oder auf einer Mauer oder Treppenstufe! Und schmeckt genauso superlecker, wie die Portion Fritten speciaal für 5,80 € im Strandpavillon! Auch das Matjesbrötchen, das ich an einem Stehtisch an der Straße vor dem Fischgeschäft gegessen habe. Für 3,95 €. Geht doch! Oder? Völlig ok, aber nicht unbedingt JEDEN Mittag. Ein bisschen Komfort muss im Urlaub halt auch mal sein! Und der kostet eben! Alternativ … zu Hause bleiben! Oder halt Sparschwein knacken und bezahlen! Wie die Leute ohne Ende, die sich richtig was gönnen. Ohne Bedenken und großes Überlegen. Genießen ohne schlechtes Gewissen. Es sich einfach gut gehen lassen! So man das kann. Finanziell. Wie schon erwähnt … ich gönne von Herzen, aber ich staune!

Manchmal überkommt mich ein schlechtes Gewissen, weil es mir so gut geht! Ich mir das alles noch leisten kann. Und es mit ganzem Herzen und voller Dankbarkeit genieße. Und dann muss ich an all die Menschen denken, die sich noch nie Urlaub haben leisten können, sei es aus finanzieller Not heraus, sei es aus Krankheitsgründen. An Familien, die auf Grund der gestiegenen Preise den Gedanken an Urlaub jetzt aufgeben müssen. Weil inzwischen unbezahlbar.

Überfüllte Hotels und Restaurants sind NICHT die Norm! Auch wenn es so scheint. All die Menschen, die ich im Urlaub getroffen und gesehen habe, sind in der überaus glücklichen Lage, sich eine unbeschwerte tolle Zeit erlauben zu können! Und sie zu genießen. Sei es im Hotel, in einem Privatzimmer oder auf dem Campingplatz. Sie können den Imbiss an der Frittenbude bezahlen. Das leckere Mehrgangmenu im Hotel. Das Brötchen beim Bäcker. Und das Eis in der Eisdiele. Eine kleine Kugel 2,- €! Ich freue mich und bin dankbar! Aber ich denke auch an all die unzähligen Menschen, die in Armut leben und nur mit Ach und Krach über die täglichen Runden kommen! Selbst verschuldet. Oder unverschuldet. Diese Menschen sollten wir nicht vergessen! Diese Menschen sieht man nicht! Weil … Armut lebt im Verborgenen!

LeserReporter/in:

Ellen Thoms aus Pulheim

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