Der politische Diskurs in der Jugend
Kolumne: Der sich verengende politische Meinungskorridor

Der 15.05.22. Ein Sonntag. Doch nicht irgendein Sonntag. Es war der Tag, an dem der 18. Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen gewählt wurde. Für viele Menschen war es eine Wahl, wie jede andere auch. Doch für manche, so wie für mich, war es die erste! Diese Tatsache bedeutet jedoch nicht, dass meine Generation nicht schon vorher sehr politisch interessiert gewesen wäre. Oft findet man sich bei ganz gewöhnlichen Treffen mit Freunden in der Situation wieder, in der zum Teil sehr emotional über das politische Geschehen diskutiert wird. Das geschah schon sowohl anlässlich der letzten Bundestagswahl als auch wieder vor der Landtagswahl in NRW. Diese beiden Erfahrungen und meine selbst sehr politisch interessierte Haltung, mit der ich stets das aktuelle politische Geschehen und die daraus resultierende Resonanz in meiner Generation verfolge, sind nun Anlass dieser Kolumne bezüglich der politischen Gesinnung der Jugend und des sich – aus meiner Sicht – immer weiter verengenden politischen Meinungskorridors. Dies habe ich oft schon in diversen jugendlichen Runden erlebt, weshalb ich diesen Beitrag auch auf ein wahres Erlebnis stützen und dadurch veranschaulichen möchte.
Ein Treffen im Restaurant. Die Stimmung ist gut. Schließlich sind nun endlich die schriftlichen Prüfungen des Abiturs geschafft. Wir sitzen in netter Runde beisammen, essen, kommunizieren. Alles ganz normal für eine Gruppe von Jugendlichen. Doch dann der thematische Schwenk: Politik.
Sofort war mir klar, dass dies unter Umständen wieder einmal äußerst kontrovers, verbissen, moralisierend und polarisierend werden könnte. Doch warum solche Gedanken bei einem Jugendlichen?
Nach einiger Zeit der Kommunikation wurde ganz konkret gefragt, was man denn am folgenden Sonntag in Erwägung ziehe, zu wählen. Es ergriff jemand das Wort und meinte voller Klarheit, dass er nur wissen würde, wen er nicht wählen werde. Das seien zum einen die Grünen und die AfD. Ich, als jemand, der sich persönlich politisch eher bei den Grünen verortet fühlt, konnte natürlich seine ablehnende Haltung gegenüber der AfD sehr gut nachvollziehen. Seine Aussage bezüglich den Grünen habe ich zwar nicht geteilt, aber auch in keinster Weise kritisiert. Schließlich sagt doch keiner, dass man nur die Grünen wählen dürfe, oder? Ich entgegnete ihm tolerant, dass es doch im Endeffekt nur darauf ankomme, dass man nicht rechts oder extrem, so wie es die AfD beispielsweise ist, wähle. Die anderen Parteien, also FDP, CDU, SPD, Grüne und Linke haben natürlich nicht alle die gleiche Wählerschaft und die gleichen Parteiprogramme, wären aber an einer Verbesserung des gesellschaftlichen Lebens interessiert und würden ihre Politik nicht auf Polarisierung, Diskriminierung und Hetze aufbauen. Dass diese Aussage jedoch auf heftigen Widerspruch stieß, hatte ich schon fast vermutet und bestärkte mich abermals in dem Bedürfnis, meinen Unmut über diese Haltung einmal zum Ausdruck bringen zu wollen.
„Was?! Du findest es in Ordnung, die CDU und FDP zu wählen? Das geht doch nicht!“, wurde mir entgegnet, um nur eine Reaktion sinngemäß wiederzugeben. Doch was ist nun das Problem bzw. die Kritik, auf die ich, Teil dieser Generation, nun mit absoluter Deutlichkeit hinweisen möchte?
Ich möchte dringlichst darauf aufmerksam machen, dass meiner Meinung nach die politische Debatte, gerade in der politisch interessierten Jugendgeneration, zum Teil hoch emotional und polarisierend geführt wird. Die Konsequenz ist, dass es aus Sicht vieler nur noch zwei politische Lager gibt, wobei höchst unterschiedliche Parteien – aus meiner Sicht in gefährlicher Weise – in eine Ecke gestellt werden. Das erste Lager besteht aus der AfD, der CDU und der FDP und das andere Lager aus der Linken, der SPD und den Grünen. Wie konnte es nur dazu kommen, dass manche Jugendliche Parteien, wie z.B. die CDU, fast gleichermaßen abstoßend finden wie die AfD? Ist es nicht mehr in Ordnung, konservativ zu sein, oder die freiheitlichen Werte, wofür die FDP maßgeblich steht, attraktiv zu finden oder gar zu wählen?
Meine Meinung ist dazu ganz klar! Wir dürfen als Gesellschaft unter keinen Umständen weiterhin diese sich breit machende Gesinnung unkommentiert lassen. Es wäre hoch problematisch, wenn sich dieser, sich abzeichnende, verengende Meinungskorridor weiter verbreiten würde und sich irgendwann ein Jugendlicher schämen müsse, wenn er in seinem Freundeskreis erzählt, dass er Mitglied der Jungen Union oder der Jungen Liberalen ist. Denn eins ist sicher, auch wenn es nicht ohne Grund verschiedene Parteien gibt, so wollen doch die Parteien der Mitte im Endeffekt doch ähnliche Ziele erreichen. Oft ist doch nur der Weg unterschiedlich, um dieses Ziel zu erreichen.
Mein Appell richtet sich also an alle Jugendlichen in meinem Alter: Seid weiterhin so politisch motiviert und engagiert wie jetzt und zeigt weiterhin klare Kante gegen rechts! Doch reflektiert euch immer wieder selbst! Ist es fair, die eigene politische Ansicht als die einzig wahre darzustellen und somit anderen Menschen vor den Kopf zu stoßen, die lediglich andere politische Priorisierungen setzen, aber keinesfalls politisch extrem gesinnt sind? Nein! Ich wünsche mir respektvoll geführte Diskussionen und Toleranz! Und Toleranz sollte es in einer so freiheitlichen Demokratie, wie wir sie haben und zu schätzen wissen, unbedingt geben!

LeserReporter/in:

Tom Braun aus Köln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.