Heiraten mit Lernschwierigkeiten

Liebes-Glück

Verliebtsein, heiraten und miteinander durch das ganze Leben gehen - davon träumen viele Menschen. Menschen, die Lern-Schwierigkeiten haben, träumen auch davon. Sie heiraten aber sehr selten. Die trauen sich nicht zu fragen oder ist zu teuer zu heiraten oder haben noch nicht den Richtigen gefunden. Und manche Eltern wollen das auch nicht. Nur zwei oder drei Paare mit Lern-Behinderung haben sich im Rathaus von Frechen das Ja-Wort gegeben.

Nadja (41) und Kevin (28) haben sich getraut. Das erste Pärchen mit Lern-Schwierigkeiten, das wir kennen, dass verheiratet ist. Und wir kennen sehr sehr viele. Kennengelernt haben sich die beiden beim Freizeit-Treff. Beim Dart spielen. Amor hat da mitgespielt und zwei Pfeile haben getroffen: ein Pfeil Nadja und ein Pfeil Kevin. Nadja sagt: „Kevin kam rein und es war so ‚wow‘, hat der Mann schöne Augen.“

Die Trauung gibt es in Einfacher Sprache, damit das Braut-Paar alles versteht. Wenn die Braut oder der Bäutigam nicht schreiben kann, ist das nicht schlimm. "Ein Hand-Zeichen reicht aus. Das gilt als Ehe-Schließung", sagt Regina Brandt. Die ist Standes-Beamtin im Rathaus. Sie hilft beim nötigen Papier-Kram. "In den meisten Fällen stehen den Verlobten aber auch die Betreuerinnen und Betreuer oder Orgainsationen zur Seite", sagt die Standes-Beamtin.

Nadja und Kevin wurden von ihren Familien unterstützt. Manche Eltern haben bedenken, wenn ihre Kinder heiraten wollen. Nicht so die Mutter von Nadja die sagt das Kinder das recht haben zu Heiraten auch wenn sie Einschränkungen haben und das sie ihr leben selber so gestalten können wie sie es wollten. Cornelia ist sehr offen. Cornelia sagt: "Überall da, wo Selbstbestimmung möglich ist, sollten Eltern das auch ermöglichen. Unterstützend da sein, aber die Tochter oder den Sohn auch machen lassen. Eine Garantie, dass die Ehe für immer hält, hat niemand."  Solche Mütter müsste es überall auf der Welt geben.

Weißes Kleid, Schleier, Ringe tauschen – das ist für viele Menschen ein wichtiger Tag im Leben. Für Nadja und Kevin war das auch wichtig. Wir haben mit ihnen über ihre Traum-Hochzeit gesprochen.

Blatt-Gold: Was liebst du an Kevin, Nadja. Was findest du am besten?
Nadja: Ich liebe einfach alles an Kevin: Er ist herzensgut, kennt meine Macken und mich so nimmt wie ich bin.
Kevin: Ich liebe das, wenn ich mich morgens so schwer tue beim Aufstehen, liebe ich es, wenn Nadja früher aufsteht und für mich die Brote macht und wenn wir Abendessen unter der Woche auch und das liebe ich so an ihr. Ich liebe es auch, dass sie ein bisschen älter ist. Und dass sie mit mir spazieren geht.

Blatt-Gold: Wie habt ihr euch kennengelernt?
Kevin: Wir haben uns beim Freizeit-Treff der Gold-Kraemer-Stiftung kennengelernt. Und dann haben wir uns ein bisschen in der Stadt getroffen oder Nadja ist mal zu mir gekommen. Am Wochen-ende hat sie bei mir geschlafen. Dann wurde es immer mehr. Wir haben dann ein Probe-Wohnen gemacht, wie das ist, zusammenzuwohnen, ob das funktioniert, zu Hause, wenn wir beide arbeiten und einkaufen und dann sind wir zusammengezogen. 

Blatt-Gold: Und seit wann seid ihr ein Paar?
Kevin: Wir sind 3 Jahre zusammen, hatten davon zu Anfangs 6 Monate eine ganz normale Freundschaft angefangen und dahinter gibt eine ganz schöne Geschichte. Nadja hatte einen Blumen-strauß mit zur Arbeit genommen und dann hat ein Freund gefragt: „Was möchtest du mit den Blumen?“ Und dann hat sie mich gefragt, ob ich sie heiraten möchte und ich habe „Ja“ gesagt.

Nadja: Das war spontan und eigentlich nur Spaß!

Blatt-Gold: Wie lange seid ihr schon glücklich?
Kevin: Wir sind immer glücklich!

Heiratsantrag im Fußballstadion

Blatt-Gold: Hast du der Nadja einen Antrag gemacht?
Kevin: Ja, in Dortmund, da waren wir uns ein Spiel angucken: Dortmund gegen Leipzig. Die Tickets für das Spiel hatte ich gekauft gehabt. Meine Frau ist Borussia Dortmund-Fan. Während des Spiels, habe ich einen Heirats-antrag gemacht und sie hat Ja gesagt. Das war schön. Und wir haben 3:2 gewonnen. Zur Hochzeit haben wir einen BVB-Toaster bekommen. Immer wenn wir den Toast reinmachen und der danach wieder rausgekommen ist, hat der gesungen: Ole, ole, jetzt kommt der BVB.

Alle lachen

Heiraten? Warum ist euch das wichtig?

Blatt-Gold: Warum wolltet ihr heiraten?
Nadja: Die Hochzeit war mir wirklich wichtig, um Kevin zu zeigen: Es gibt für mich keinen anderen Mann auf der Welt mit dem ich an meiner Seite leben möchte.
Kevin: Ich habe großes Vertrauen zu ihr, weil alles gut klappt und gut funktioniert zusammen. Ich kann mir auch keine andere Frau vorstellen und möchte nur mit ihr fest zusammen sein und fest zusammenbleiben. Es gibt keine andere Frau und die bleibt immer im Herzen.

Blatt-Gold: Hast du Schmetterlinge in den Bauch gekriegt?
Nadja: Ja, die hab‘ ich immer noch, wenn ich morgens aufwache und ihm in die Augen gucke.

Blatt-Gold: Gab es Leute, die versucht haben, euch das auszureden mit der Hochzeit?
Kevin: Es gab bisher keinen, der dagegen war.
Nadja: Im Gegenteil, alle haben sich gefreut.

Blatt-Gold: Hat sich etwas bei euch verändert, seit ihr geheiratet habt?
Nadja: Bei mir schon. Nachdem wir ja gesagt haben, habe ich mich viel mehr mit Kevin verbunden gefühlt.
Kevin: Ich fühle mich genauso, dass wir eine engere Verbindung haben und uns unterstützen.

Nadja: Jeden Morgen, wo ich neben dem Kevin wach werde, bin ich glücklich. Jeden Abend, wo ich neben dem Kevin einschlafe, bin ich glücklich. Ich kann mir das gar nicht anders vorstellen, als morgens und abends neben ihm einzuschlafen und aufzuwachen.

Blatt-Gold (alle): Awwww.

Text: Christiane Becker, Ralf Faßbender und Jochen Rodenkirchen mit Unterstützung. Die Reporter*innen haben Lernschwierigkeiten und nehmen teil am Projekt "Fit für Medien", initiiert von der Gold-Kraemer-Stiftung in Kooperation mit der CaritasStiftung im Erzbistum Köln, der Kämpgen-Stiftung und den Reha-Betrieben Erftland.