Katastrophe in Bliesheim
Schäden aller Art, aber „fantastischer Zusammenhalt“

Ortsbürgermeister Frank Jüssen koordinierte „das große Aufräumen“ | Foto: Volker Düster
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Erftstadt-Bliesheim - Das Unwetter führte in Erftstadt vergangene Woche zu ­einer
Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes. Besonders stark betroffen waren
Blessem und Bliesheim. Während Blessem nach der Evakuierung in Folge
der Erdrutsche und der Hauseinstürze noch in den Aufräumarbeiten
steckte, konnte in Bliesheim mit Ortsbürgermeister Frank Jüssen
bereits eine Bilanz gezogen werden.

Das Ausmaß der Schäden, nicht nur materiell, sondern auch emotional,
war immens, aber am Ende muss man auch sagen: „Ein fantastischer
Zusammenhalt hat Unglaubliches bewirkt“, erklärt Frank Jüssen
sichtlich erschöpft.

Bliesheims Ortsbürgermeister war von der ersten Stunde an mit „im
Einsatz“, als „der Mühlenbach im Bereich des Gestütes Waldsee
über die Ufer ging und neben dem Gestüt auch den Sportplatz, das
Fanfarenheim, die Tennisplätze, das Schützenheim, die
Merowingerstraße und die Wiesen bis hin zur Kallenhofstraße
überflutete. Gemeinsam mit Karl-Heinz Rosentalski habe ich dann, da
weder die Feuerwehr, die bereits zu Einsätzen ausgerückt war, noch
Polizei vor Ort waren, die Straße für Autos abgesperrt, um
Schlimmeres zu verhindern“, schildert Frank Jüssen. Gegen 0 Uhr
war die Merowingerstraße im Bereich des Kaspar-Stotzem-Sportparks
unpassierbar für die meisten PKWs geworden. "Drei Fahrzeuge, deren
Fahrzeugführer es trotzdem versuchten, blieben in den Wassermassen
stecken und mussten herausgeschoben werden." Doch das war nur der
Anfang der Unwetter-Katastrophe.

Die Bliesheimer Hochwasser-Katastrophe

Noch in der Nacht versuchten dann die Feuerwehr und zahlreiche
Personen, die Tiere in den niederen Erftauen vor dem stetig steigenden
Wasser in Sicherheit zu bringen. "Die Schreie der Tiere waren immer
lauter zu hören. Gegen 3 Uhr waren sie nahezu ganz verstummt, ob
gerettet oder nicht", erinnert sich Frank Jüssen mit Schrecken. 

„Gegen 4 Uhr morgens hörte man dann den Katastrophenalarm aus
Weilerswist - in Bliesheim stieg da im Morgengrauen in gespenstischer
Stille Nebel auf. Immer mehr Pferdebesitzer rannten dann am Morgen
panisch in die Wassermassen, um ihre Tiere zu retten. Dabei setzten
sie aber teilweise ihr eigenes Leben und das von Feuerwehrleuten, die
sie aus den Fluten retten mussten, aufs Spiel." Probleme bereiteten
dann mehr und mehr die Kommunikations- und Infrastrukturen: "Gegen 7
Uhr brach das Mobilfunknetz zusammen. Zahlreiche Umspannstationen
wurden überflutet und gingen mit lautem Knall hoch. Und dann trat
gegen 10.30 Uhr die Erft über die Ufer und überschwemmte nahezu das
gesamte Altdorf im Bereich der Merowingerstraße und der
Frankenstraße, so dass die Anwohner evakuiert werden mussten. Einige
Bliesheimer mussten per Boot oder sogar per Helikopter gerettet
werden“, fasst Jüssen das Geschehen zusammen.

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Schäden mit immensen Ausmaßen

Unzählige Keller und Erdgeschosse von Häusern wurden letztlich
geflutet, das komplette Inventar zerstört. Das ganze, unvorstellbare
Ausmaß wurde deutlich, als sich die Wassermassen wieder
zurückgezogen hatten.

Doch in dieser Not zeigte sich auch eine beispiellose
Hilfsbereitschaft: „Nicht nur innerhalb der Bliesheimer
Nachbarschaft, sondern auch von außerhalb. Fremde kamen, um zu helfen
- sogar aus Fürstenfeldbruck. Am Samstag haben wir im Gerätehaus der
Bliesheimer Feuerwehr eine Koordinierungsstelle eingerichtet, damit
die Auf­räumarbeiten von mindestens 300 Helfern so effektiv und
kontrolliert wie möglich anlaufen konnten.“

Fake-News zur Steinbachtalsperre

Problematisch war zu dieser Zeit auch die Informationslage, vor allem
hinsichtlich der Steinbachtalsperre. Auch hier wurde von zentraler
Stelle aus für die Beruhigung der Bevölkerung gesorgt.

Um den immensen Müll schnell aus den Straßen zu bekommen, wurde
zunächst eine Abladestation am Ende der Frankenstraße eingerichtet.
„Die war bereits am Samstag voll“, so Jüssen. Das Hab und Gut von
zahlreichen Bliesheimern stapelte sich alleine hier auf gut 100 Metern
Länge und 5 Metern Höhe. In der Folge wurden weitere Abladestationen
an den Ortsausgängen und am Sportplatz eingerichtet. „Ich schätze,
dass bis Donnerstag bereits 400 Tonnen durchnässter, schlammiger
Müll aus den Straßen geräumt war. Da haben wir bereits Helfer aus
Bliesheim nach Blessem geschickt“, erinnert sich der
Ortsbürgermeister.

Die Renovierung beginnt - weitere "Baustellen"

Nach dem großen Säubern steht in zahlreichen Häusern in den
nächsten Wochen und Monaten das Renovieren an - und im Dorf sind
ebenfalls noch einige „Baustellen“ zu bearbeiten: „Mehrere
Häuser, unter anderem unsere Apotheke, sind seit fast zwei Wochen
ohne Strom. Gleiches gilt für die Gasversorgung. Auch die
Internetversorgung ist in manchen Häusern noch nicht wieder gegeben.
Zudem sind seit dem Hochwasser alle drei Erftbrücken gesperrt. Wie
lange das noch dauert, kann noch nicht gesagt werden. Die
Standfestigkeitsprüfungen laufen. Außerdem wurde die
Kallenhofstraße unterspült und teilweise zerstört“, fasst Jüssen
das Bliesheimer Schreckensbild zusammen.

Dank an alle Helfer aus Nah und Fern

Rückblickend dankt der Ortsbürgermeister „Bürgermeisterin Carolin
Weitzel und dem ersten Beigeordneten Jörg Breetzmann, die mir freie
Hand bei den zu treffenden Entscheidungen gelassen haben - und dann
natürlich in erster Linie den unzähligen Helfern, die tagelang bis
zur völligen Erschöpfung im Einsatz waren: der Polizei, den
Löschgruppen der Feuerwehren aus Nah und Fern, dem THW, unserer
Pfarrgemeinde, den Firmen Remondis und Rhiem & Sohn, die zusammen mit
zahlreichen Bauern wie Andreas Kalscheuer oder Sven Kurth sowie Bau-
und Transportunternehmen mit ihrem Equipment schnell wieder für
‚saubere Verhältnisse‘ in den Straßen gesorgt haben - und
natürlich allen Bliesheimern.“

Ebenfalls dankt er „den zahlreichen Spendern von dringend
benötigten Hilfsgütern, zum Beispiel der Organisation ‚Angler
helfen Kindern‘. Binnen kürzester Zeit wurden insgesamt kaum noch
zu bewältigende Massen angeliefert.“

In größter Not ein "fantastischer Zusammenhalt"

Mit einem matten Lächeln lautet Jüssens Resümee: „Auch wenn in
dieser beispiellosen Situation nicht immer alles glatt gelaufen ist:
Nicht nur die Bliesheimer haben mit beispiellosem Einsatz
fürein­ander Hand in Hand der Katastrophe die Stirn geboten. Dafür
allen Beteiligten herzlichen Dank, das war ein fantastischer
Zusammenhalt!“

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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