Unwetter-Chronik aus Bliesheim
Dramatische Bilder und Rettung per Helikopter

Dramatische Stunden: Swist und Erft verwandeln auch das Sportzentrum von Bliesheim in ein reißendes Flutgebiet - mittendrin Horst Willems im Haus seiner Vermieterin. | Foto: Willems
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  • Dramatische Stunden: Swist und Erft verwandeln auch das Sportzentrum von Bliesheim in ein reißendes Flutgebiet - mittendrin Horst Willems im Haus seiner Vermieterin.
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Erftstadt-Bliesheim - (Film: Volker Düster / Bildmaterial Horst Willems - redaktionellen
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Idyllisch liegt das Haus an der Merowingerstraße 57 inmitten von
Wiesen gegenüber des Bliesheimer Sportparks. Im ­Zuge des Unwetters
wurde es aber zum „Wasserturm“, aus dem Maria Meyer, ihre
Pflegekraft und Horst Willems per Helikopter gerettet wurden.

Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli werden die 86-jährige Maria Meyer
und ihr „Helfer in der Not“ Horst Willems nie mehr vergessen.
Innerhalb weniger Stunden wurde der Bliesheimer Ortskern durch das
Unwetter zur Seenplatte - mittendrin das Meyer-Haus als
„Wasserturm“. Horst Willems erinnert sich: „Unsere Vermieterin,
Maria Meyer, rief mich am Mittwochabend gegen 19 Uhr an. Sie lebt mit
ihrer Pflegekraft im wahrscheinlich tiefstgelegenen Haus von Bliesheim
und sagte mir, dass Wasser in ihren Keller gedrückt werde.“ So
schnappte sich der „Helfer in der Not“ seinen Wassersauger und die
Gummistiefel und fuhr vom Wachberg hinunter in Richtung Dorf.

"Wollte die Damen nicht im Stich lassen"

„Die Straße bergab war schon ein kleiner Bach, die
Merowingerstraße aber noch frei. Im Haus angekommen habe ich dann bis
Mitternacht Wasser aus dem Heizungskeller gesaugt und nach oben
geschafft. Dann lief aber durch den Kamin letztlich mehr Wasser ins
Haus, als wir rausschaffen konnten.“ Kein Wunder, denn vor dem Haus
war das Wasser auf der Straße schon auf einen halben Meter
angestiegen: „Da wäre ich mit meinem Wagen nicht mehr rausgekommen
- höchstens noch zu Fuß“, erklärt Horst Willems. „Ich wollte
die beiden Damen in dieser Situation aber nicht alleine lassen.“ Zu
dieser Zeit funktionierte noch der Strom im Haus, so dass Horst
Willems seine Frau informieren konnte. Zudem hielt die Abwasserpumpe
des Hauses den Keller, so lange es Strom gab, noch einigermaßen
trocken.

Wassermassen kamen rasend schnell

Am Morgen änderte sich die Lage dann noch einmal dramatisch: „Gegen
7 Uhr haben wir etwas gefrühstückt, da war der Hinterhof, in dem
auch mein Auto stand, noch trocken. Aber dann ging alles rasend
schnell. In nur wenigen Minuten setzte eine Flutwelle den Hinterhof
unter Wasser. Die Kellertreppe wurde wie ein Wasserfall geflutet,
dabei rissen die Fliesen ab. Wahnsinn, welche ungeheure Kraft Wasser
hat. In wenigen Minuten stand der Keller bis zur Decke unter
Wasser.“

Und es sollte noch viel mehr kommen - das sprichwörtliche Glück im
Unglück: „Das Haus wurde dank der Hecke zwischen Haus und Sportpark
nicht mit voller Wucht von den Wassermassen getroffen. Lücken in der
Hecke leiteten die Hauptströmung am Haus vorbei“, so Horst Willems.

Auch das Erdgeschoss wurde geflutet

Nichtsdestotrotz sorgten die Wassermassen gegen 11 Uhr dafür, dass
auch das Erdgeschoss komplett geflutet war, „da waren wir bereits
ins Obergeschoss geflüchtet. Mein Auto im Hof stand da fast bis zum
Dach unter Wasser.“

Weitere Bilder, die sich dem Trio in der Folge boten, sorgten für
ungläubiges Entsetzen: „Rettungshubschrauber flogen hin und her.
Wir haben gesehen, wie Feuerwehrleute in Booten kenterten bei dem
Versuch, zwei Frauen an Bord zu holen, die ihre Pferde retten wollten.
Für eine Bootsrettung war die Strömung einfach zu stark. Sie mussten
­alle per Rettungshubschrauber in ­Sicherheit gebracht werden.“

Rettung per Helikopter aus dem Hinterhof

Am Nachmittag war dann das Trio selbst an der Reihe: „Wieder kam ein
Hubschrauber geflogen, der über dem Haus stehen blieb. Innerhalb
kurzer Zeit kamen ein Notarzt und zwei Helfer ins Haus. Sie haben uns
informiert, wie unsere Rettung abläuft und gefragt, ob jemand
Beruhigungsmittel benötigt. Zu meiner Verwunderung lehnte das auch
die 86-jährige Frau Meyer ab. Sie sei stark genug.“ Alle mussten
dann in den überfluteten Hinterhof, „Gott sei Dank ohne Strömung,
aber das Wasser ging uns bis zur Brust. Frau Meyers Pflegekraft kann
nicht schwimmen und hatte im Wasser panische Angst. Die Retter waren
aber perfekt trainiert und konnten beruhigen. So wurden wir mit Gurten
fertig gemacht für unseren Flug.“

"Nie das Gefühl, in Lebensgefahr zu sein!"

Selbst in dieser dramatischen Situation fühlte sich das Trio sicher,
„weil die Rettungskräfte sehr souverän waren und große
Gelassenheit ausstrahlten. Das war sehr beruhigend und
faszinierend.“ Auf dem „Trockenen“ wurden die Geretteten direkt
von Ärzten und Sanitätern in Empfang genommen. Und so lautet das
Fazit des Helfers in der Not: „Trotz aller Dramatik, wir hatten nie
das Gefühl, in Lebensgefahr zu sein. Wir können uns nur bei allen
Rettungskräften von Herzen bedanken!“

Die Wiederaufbau-Arbeiten laufen seit dem Abfließen des Wassers auf
Hochtouren. Bevor das Haus aber wieder bewohnbar sein wird, sind noch
zahlreiche aufwändige und kostspielige Arbeiten notwendig. Die
Auswirkungen des Unwetters werden nicht nur im Haus an der
Merowingerstraße 57, sondern vielerorts in Bliesheim - wie auch in
Blessem und in den anderen betroffenen Orten - noch lange bestimmend
sein.

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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