Inklusive Wassergewöhnung
Herzkranke Pänz fürs Schwimmen begeistern

Spielerisch werden herzkranke und gesunde Kinder an das Element Wasser gewöhnt. | Foto: Stahl
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von Angelika Stahl

Chorweiler. „Ich kann mit einem Schwimmbrett schwimmen und auch schon ‚blubbern‘. Dabei muss ich mit dem Mund ganz nah an die Wasseroberfläche und ein Wasserspielzeug durch Pusten vorantreiben“, erzählt Jonas stolz. Der Siebenjährige ist eines von zwei herzkranken Kindern, die am inklusiven Wassergewöhnungskurs des DJK STG Köln-Nord e.V. teilnehmen.

Im August 2023 startete der Schwimmverein in Kooperation mit der Elterninitiative herzkranker Kinder e.V. einen inklusiven Wassergewöhnungskurs für Kinder ab fünf Jahren. Um an dem Kurs teilnehmen zu können, benötigen herzkranke Kinder ein ärztliches Attest, das ihre Fitness für die Teilnahme bestätigt.
In den Kursen erlernen die Kinder auf spielerische Weise Grundfertigkeiten, wie etwa: Tauchen, Springen aber auch durchs Wasser zu gleiten und was für herzkranke Kinder besonders wichtig ist, das richtige Ausatmen unter Wasser.

„Das Besondere an unserem Angebot ist, dass gesunde Kinder und Herzkinder gemeinsam an das Element Wasser gewöhnt werden. Die Schwimmlehrer der Wassergewöhnungskurse sind Sportstudenten der Sporthochschule, sie alle besitzen das silberne Rettungsschwimmerabzeichen und sind in Erster Hilfe ausgebildet. Darüber hinaus wurden sie von einer Kardiologin der Uniklinik unterwiesen, was bei Kindern mit einem Herzfehler unbedingt zu beachten ist“, erläutert Jürgen Hesse, der Vorsitzende des Schwimmvereins.
Deswegen liegt auch der Notfall-Rucksack inklusive Beatmungsbeutel und Sauerstoffflasche bei jeder Stunde griffbereit auf der Bank am Becken.

Jürgen Hesse erzählt, dass Kinder mit einem angeborenen Herzfehler wegen ihrer eingeschränkten körperlichen Leistungsfähigkeit häufig aus sozialgesellschaflichen Aktivitäten wie etwa dem Schwimmsport ausgeschlossen werden. „Die Wassergewöhnung fördert das Selbstbewusstsein der Mädchen und Jungen und ist der erste Schritt zum Schwimmen lernen. Im Rahmen eines angepassten Unterrichts lernen die Kinder ihre ganz persönlichen Leistungsgrenzen einzuschätzen.“

Jede Kurs beginnt mit der gleichen Begrüßungszeremonie. Bei den Übungsstunden sind immer in der Regel zwei Schwimmlehrer im Wasser und zwei Lehrer am Beckenrand. Im Kreis sitzend und an den Händen haltend tauchen Tuana, Mathilda und die anderen Kinder einmal kurz im Lehrschwimmbecken ab. Jedes Kind nur so tief, wie es sich traut.

„Das Ritual zu Beginn des Kurses gibt den Kindern Sicherheit, sie haben Zeit, anzukommen und sich auf die Stunde im Wasser zu freuen“, sagt Schwimmlehrerin Jasmin Siemers. Die 23-Jährige ist eine der Studenten, die den Kurs leiten. „Herzkranke Kinder sind in ihrer Entwicklung etwas langsamer ausgebildet als gesunde Kinder. Die Wassergewöhnung als Vorstufe zum Schwimm-Sport benötigt nicht viel Kraft und ist darum besonders gut geeignet für diese Kinder. Sie können sich in ihrem ganz eigenen Tempo entwickeln und sehen den Erfolg“, sagt sie.

Ihr Ziel ist es, dass die Kinder sich im Wasser wohlfühlen und sich sicher darin bewegen. Um den Kindern diese Sicherheit zu geben, sind Siemers und die anderen Schwimmlehrer besonders aufmerksam, wenn ein Herzkind in der Gruppe ist. Dann kommt auch stets ein zweiter Schwimmlehrer dazu. „So haben wir etwa in einem Kurs ein Kind mit einem Herzschrittmacher. Es darf nicht an den Händen durchs Wasser gezogen werden, weil die Gefahr besteht, dass ein Kabel des Schrittmachers reißt.“ Anders verhält es sich bei Kindern wie Jonas. Er hat ein hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS). Das ist eine Unterentwicklung der linken Herzhälfte und der Hautschlagader. Jonas darf beim Tauchen nicht die Luft anhalten. Das würde zu einem Herz-Kreislaufstillstand führen. „Darum versuchen wir ihm beizubringen, unter Wasser auszuatmen und erst beim Auftauchen einzuatmen.“

Manche Eltern von Kindern mit einem Herzfehler haben Bedenken, ihr Kind zur Wassergewöhnung oder aber zum Seepferdchenkurs anzumelden“, weiß Siemers. „Diese Sorge verstehe ich gut, versuche sie aber den Eltern in einem Gespräch zu nehmen.“ Zu sehen, wie die Kinder sich von Stunde zu Stunde mehr zutrauen, mutiger werden und die Angst vor dem Wasser verlieren, freut sie besonders. „Und wenn dann ein Herzkind freudestrahlend erzählt, dass es zum ersten Mal getaucht ist, ist das für mich als Schwimmlehrerin ein super schönes Gefühl.“

Weitere Infos gibt es unter djk.stg.de. Herzkinder können sich über die Elterninitiative herzkranker Kinder e.V. anmelden.

Spielerisch werden herzkranke und gesunde Kinder an das Element Wasser gewöhnt. | Foto: Stahl
Der Notfallrucksack ist bei jedem Training immer in Reichweite. Zum Inhalt gehört neben einer Sauerstoffflasche auch ein Beatmungsbeutel. | Foto: Stahl
Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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