Friedensdemos
Zwei Friedensdemos in Bonn am Karsamstag

Frieden schaffen, ja, aber mit unterschiedlichen Ansätzen. Ein Bündnis aus mehreren Institutionen forderte weiterhin Waffen zu liefern an die Ukraine, um Friedensgespräche aus einer ausgeglichenen Situation zu ermöglichen.  | Foto: fes
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  • Frieden schaffen, ja, aber mit unterschiedlichen Ansätzen. Ein Bündnis aus mehreren Institutionen forderte weiterhin Waffen zu liefern an die Ukraine, um Friedensgespräche aus einer ausgeglichenen Situation zu ermöglichen.
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Bonn (fes). Gleich zwei Kundgebungen für den Frieden gab es am Karsamstag in der Bonner Innenstadt. Teilnehmer beider Demonstrationen verurteilten den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine aufs Schärfste, beklagten die vielen Toten und die Zerstörungen des Aggressors und demonstrierten für Frieden. Auch das Recht der Selbstverteidigung wurde den Ukrainern nicht abgesprochen. Allerdings mit unterschiedlichen Ansätzen.

„Kein Sieg ohne schwere Waffen“, „Mehr Panzer = weniger Tote“ oder „Nicht über uns ohne uns“ war auf den Plakaten der rund 150 Teilnehmenden an einer Kundgebung organisiert vom Bonner Osteuropaforum, dem Verein „Ukrainer in Bonn“ und der Initiative „Freies Russland NRW“, die sich für die Wiederherstellung für den Frieden, die Freiheit und die Menschenrechte in der Russischen Föderation einsetzt, zu lesen.

„Ein Sieg für die Ukraine bedeutet auch Freiheit für Russland“, meinte Yuri Nikitin, Vorsitzender von „Freies Russland NRW“. Stava Stomporowski vom Osteuropaforum kritisierte jene Initiativen, die fordern, keine Waffen mehr zu liefern und stattdessen zu verhandeln: „Sie sagen immer dasselbe, aber sie sagen nie, wie der Frieden wirklich erreicht werden soll. Die Ukrainer und wir haben eine Sehnsucht nach Frieden.“ Stomporowski betonte, dass alle Teilnehmer dieser Kundgebung sich für eine friedliche Weltordnung einsetzten, doch Wladimir Putin oder Xi Jinping würden eine andere Weltordnung mit der Unterwerfung freier Länder anstreben: „Niemand der Friedensbewegten sagt etwas Kritisches zur Russifizierung und zum Imperialismus“, kritisierte Stomporowski, „wir haben Butcha und Irpin gesehen, dort hat sich das Böse enthemmt, seitdem haben wir eine neue Realität.“ Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten lehnte Stomporowski ab: „Wir haben gesehen, dass Putin sich an keine Verträge hält.“ Um ihr Anliegen zu unterstreichen, hatte das Bündnis Figuren des Düsseldorfer Bildhauers Jacques Tilly nach Bonn geholt, die mit ihren bissigen, satirischen Darstellungen Putins Aggressionen verurteilen. Die überdimensionalen Figuren waren auf dem Rosenmontagszug in Düsseldorf zu sehen gewesen.

Ganz anders sahen dies die Teilnehmenden des zehnten Bonner Ostermarsches, dem sich 20 Initiativen angeschlossen hatten. Die Demonstranten zogen vom Beueler Mirecourtplatz über die Kennedybrücke zur Kundgebung auf dem Münsterplatz.

Zwar betonte auch Anmelder Bernhard Bergmann, dass dieser Krieg durch nichts zu rechtfertigen sei, allerdings wolle man „der Logik der Militarisierung“ nicht folgen: „Wie viele Tote und wieviel Zerstörung soll es noch geben? Wir fordern einen Waffenstillstand. Sofort.“ Den Organisatoren und Teilnehmern der parallel verlaufenden Kundgebung bot Bergmann an, in den Dialog zu treten. Auf Transparenten forderten die Demonstranten sofortige Friedensverhandlungen von Bundeskanzler Olaf Scholz, ein Stopp der „Kriegshetzerei“ oder einen „Frieden ohne NATO“.

Einer der Redner war der Bonner Pfarrer und Flüchtlingshelfer Christoph Nicolai. Er sprach von einem „ethisch-moralischem Dilemma“: „Wer Waffen schickt, macht sich schuldig, und wer keine Waffen schickt, macht sich ebenso schuldig.“ Das eine wie das andere Verhalten koste Menschenleben: „Aber im Ringen um den Frieden ist es unsere Aufgabe, dieses Dilemma auszuhalten.“

Beide Postionen stünden sich diametral gegenüber. In dieser Dilemma-Situation sei es laut Nicolai nicht ausgemacht, welche Einstellung eher zum Frieden führe: „Deshalb ist es absolut unangemessen, der jeweils anderen Position die Berechtigung streitig zu machen.“ Von einer eindeutigen eigenen Positionierung entbinde dies jedoch niemanden. Das Ziel für den Ostermarsch 2023 sei daher klar: „Für eine solidarische Welt ohne Krieg, ohne Zwang zur Flucht, ohne Umweltzerstörung, ohne Armut.“ Pfarrer Nicolai forderte daher mit Bertha von Suttner: „Die Waffen nieder!“ Auch die Leiterin des Bonner Frauenmuseums Marianne Pitzen äußerte sich: „Jede Waffe zerstört und tötet, ja, mordet. Alle Waffen haben nichts Positives gebracht. Verhandlungen bedeuten keine Kapitulation, sondern ein Ausgleich von Interessen.“

Frieden schaffen, ja, aber mit unterschiedlichen Ansätzen. Ein Bündnis aus mehreren Institutionen forderte weiterhin Waffen zu liefern an die Ukraine, um Friedensgespräche aus einer ausgeglichenen Situation zu ermöglichen.  | Foto: fes
Frieden um jeden Preis – womöglich auch auf Kosten der angegriffenen Ukraine – forderten andere Demonstranten. | Foto: fes
Redakteur/in:

Frank Engel-Strebel aus Bornheim

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