Steinbilder
Sonderausstellung von Petrografiken im Museum Alexander Koenig

Prof. Dr. Michael Raith vor den Petrografien „Aurora“, Cafcit mit Zwillingslamellen, Marmor, Bildhöhe 2 mm (links) und „Perlmutthöhle“, Siderit, Bildhöhe 2mm (rechts). | Foto: Rolf Thienen
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  • Prof. Dr. Michael Raith vor den Petrografien „Aurora“, Cafcit mit Zwillingslamellen, Marmor, Bildhöhe 2 mm (links) und „Perlmutthöhle“, Siderit, Bildhöhe 2mm (rechts).
  • Foto: Rolf Thienen
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Bonn - Steine hier, Steine dort. Überall, wo man hinschaut, findet man sie.
Große und kleine, dicke und schmale, lange, runde, graue, weiße,
gesprenkelt und und und, die Vielfalt ist schier unerschöpflich. Doch
was wissen wir Normalbürger über die Steine, die wir sehen? Wir
finden sie z.B. am Rheinufer und besonders Kinder werfen sie gerne in
den Fluss. Wir schnipsen sie mit Fuß vor uns her und beschleunigen
oder hemmen damit die „Wanderung“ der Steine in Richtung Nordsee
ungemein, denn Steine wandern. Über tausende und Millionen von Jahren
getrieben von den Naturgewalten und menschlichen Eingriffen. Doch
woraus bestehen diese Steine, wie sieht es in ihrem Innersten aus und
welche Vielfalt an, im wahren Wortsinne, Bausteinen bilden
letztendlich einen Stein? Solch einen phantastischen Einblick ins
Innerste der Steine bietet jetzt eine Sonderausstellung im Bonner
Museum Koenig.

Professor Dr. Michael Raith, seit 2005 emeritierter Professor am
Institut für Geowissenschaften der Rheinischen-Friedrichs-Wilhelms
Universität Bonn, hat sich sein wissenschaftliches Leben lang mit
Steinen befasst und lehrte zugleich Generationen von Studenten das
Mikroskopieren. Und um in das Innere eines Steins zu schauen, bedarf
es neben der Kenntnis auch schon einiger Fertigkeit im Umgang mit dem
Material.

Zunächst werden von den zu untersuchenden Steinen Dünnschliffe
gefertigt, das sind 0,025 Millimeter „dicke“ Scheibchen, die
dadurch lichtdurchlässig sind und so beim Betrachten unter dem
Mikroskop feinste Strukturen erkennen lassen. Mit Hilfe von
Polarisationsfiltern ist es dann möglich, durch sogenannte
Interferrenzeffekte das Korngefüge in unterschiedlichen Farben
erscheinen zu lassen. Das heißt, die einzelnen Bestandteile des
Steines treten in unterschiedlichen Farben hervor. Dies ist dann die
eigentliche Grundlage der Wissenschaftler, die von diesem Punkt aus in
ihrer Arbeit zusammen mit weiteren Faktoren und auch Instituten und
Fachbereichen die Fragen beantworten und Erkenntnisse ziehen, die uns
die Welt besser erkennen lassen.

Doch Prof. Raith geht darüber hinaus noch einen Schritt weiter. Er
sucht in den Fotografien dieser Dünnschliffe Strukturen, die in eine
durchaus metaphysische-künstlerische Richtung weisen. Es sind Bilder,
die, wie Prof Dr. Bernhard Misof, Direktor des Zoologischen
Forschungsmuseums Alexander Koenig (ZFMK), sagt „wie eine Chimäre
zwischen Kunst und Wissenschaft“ erscheinen und, so Prof. Misof
weiter „auch bei Nichtfachleuten das Interesse an
Forschungsmethoden“ wecken.

Die im ZFMK ausgestellten Fotografien zeigen Strukturen, die den
Betrachter Bilder erkennen lassen können, die er in sie hineinsieht.
Während der bildende Künstler assoziativ arbeitet, sind in den
„Petrografiken“ reale unveränderliche natürliche Strukturen
abgebildet, die alleine durch den Betrachter aus ihrem naturgegebenen
Zusammenhang hin zu einer imaginären Bilderwelt interpretiert werden
können. Dabei sind die abgebildeten Ausschnitte selber klein, in der
Regel 0,5 bis 1 Millimeter, und es ist erstaunlich, wie diese kleinen
Ausschnitte in den großformatigen Fotografien z. B. eine tiefe
räumliche Wirkung zu erzeugen in der Lage sind, und das bei der Dicke
des Ausgangsmaterial von 0,025 Millimeter!

Prof. Raith, der in seiner Jugend- und Schulzeit in Freiburg zunächst
einen grafisch, künstlerischen Gang anstrebte, so z. B. ein Studium
bei HAP Grieshaber, sich letztendlich dann doch für die
Naturwissenschaften entschied, hat nie den staunenden Blick auf die
Natur und der in ihr verborgenen Schönheiten verloren und auch im
Bereich der Literatur Vorlieben gefunden. Besonders in der Lyrik und
hier in der Sonderform des Haiku, einer japanischen traditionellen
Kurzform in besonderem Versmaß und aus drei Zeilen bestehend, findet
er Vorbilder dafür, seinen eigenen Gedanken Ausdruck zu geben. Und so
ergänzen solche Haikus alle 30 ausgestellten Fotografien und bieten
dem Betrachter neben der visuellen Rezeption auch eine gedankliche
Anregung, wobei es jedoch ausdrücklich erwünscht ist, selber in das
Abgebildete einzutauchen und die fotografische Dimension als
Ausgangspunkt eigener Gedanken zu nehmen.

„Im Zwischenreich“, Sonderausstellung von Petrografiken im
Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig, Adenauerallee 160,
Bonn.

Haltestelle Museumsmeile

Noch bis zum 29. November geöffnet
die., do., fr., sa. und so. 10 - 18 Uhr
mi. 10 - 21 Uhr
Es gilt der normale Eintrittspreis ins Museum.

- Rolf Thienen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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