Ausstellung
Im Tod unsterblich

In zweierlei Hinsicht interessant: Auffindungssituation einer Begräbnisstätte in Kuchenheim mit den beiden Ganzkörperskeletten und dem abgetrennten Kopf einer dritten Person. Als Grabbeigabe fand man ein Eisenschwert, das älteste bis dahin im Rheinland gefundene gilt.  | Foto: Rolf Thienen
  • In zweierlei Hinsicht interessant: Auffindungssituation einer Begräbnisstätte in Kuchenheim mit den beiden Ganzkörperskeletten und dem abgetrennten Kopf einer dritten Person. Als Grabbeigabe fand man ein Eisenschwert, das älteste bis dahin im Rheinland gefundene gilt.
  • Foto: Rolf Thienen

Bonn (rth). Tod und Geburt sind die beiden essenziellsten Ereignisse, die das menschliche Leben bestimmen. Während die Geburt, sieht man einmal von den Voraussetzungen der Zeugung und Schwangerschaft ab, quasi aus dem Nichts im Sinne eines menschlichen Verstehens geschieht, setzt der Tod einem bewußten Leben einen Endpunkt. Aus dem bewußten Leben geht es hinüber in ein jenseits, was auch immer das sein mag.

Doch damit konnten sich die Menschen seit altersher nicht abfinden. Sie versuchten von jeher bis heute, den Verstorbenen zumindest in zweierlei Hinsicht für die Reise ins Unvorstellbare zu unterstützen. Auf der einen Seite gab man den Verstorbenen Grabbeigaben zum Gelingen der Reise ins Ungewisse mit ins Grab hinein. Andererseits wurde, gemäß ihrer Stellung im sozialen Umfeld, eine besondere Grabstelle eingerichtet, die in Größe und Aufwand ihresgleichen Suchen. Wir kennen alle die Pyramiden, die Megalitgräber, bei denen tonnenschwere Steine teilweise über Kilometer herangeschafft und aufgerichtet wurden.

Was aber genauso interessant, wenn nicht sogar interessanter ist, sind die Gegenstände, die den vielen unbekannten, wenn auch nicht immer unbedeutenden Personen auf den Weg ins Jenseits mit gegeben wurden, bilden diese Gegenstände doch Grundlage und Hintergrund für ein tieferes Verständnis eben jener Kulturen und den Lebensgewohnheiten der damals lebenden Menschen.

Alljährlich präsentiert das LVR Landesmuseum Höhepunkte ausgegrabener Funde der Grabungsaktivitäten des vergangenen Jahres, die das Amt für Bodendenkmalpflege durchgeführt oder begleitet hat. So auch in diesem Jahr, jedoch mit zwei Änderungen. Einerseits hat man jetzt im Museumsgebäude einen festen Platz für diese Ausstellung eingerichtet und zweitens werden Grabungsfunde nicht mehr nur aus dem unmittelbar zurückliegenden Grabungsjahr gezeigt, sondern sie werden im Zusammenhang mit früher ergrabenen Funden jeweils zu speziellen Themen zusammengestellt und gezeigt, was eine Einordnung der Wertigkeit der Funde auch für den Laien leichter macht und ihre Bedeutung stärker zum Ausdruck bringt.

Themenschwerpunkt in diesem Jahr bildet die zeitliche Entwicklung der Bestattungskultur, angefangen von jungsteinzeitlichen über eisenzeitliche, römische, mittelalterliche bis hin zu neuzeitlichen Bestattungsformen. Wenn man von einem Highlight, im Sinne von spektakulär, der Ausstellung reden kann, so ist dies eine in Euskirchen-Kuchenheim freigelegte Bestattung von drei männlichen Personen aus der späten Eisenzeit (um 1000 n.Ch.). Spektakulär in dem Sinne, dass es sich bei den drei Männern im Alter von 20 - 30 Jahren um zwei vollständige Körperbestattungen handelt, wohingegen von dem dritten Mann lediglich der post mortem abgetrennte Kopf zwischen die beiden übrigen Schädel geklemmt wurde. Was die drei Männer verband, in welchem Verhältnis sie zu einander standen, das werden vielleicht zur Zeit noch anhaltende Untersuchungen zeigen. Auch das dem Grab beigelegte Schwert, das erste seiner Art aus dieser Zeit im Rheinland und das vermutlich auf Verbindungen zum französischen Gebiet hinweist, wird noch Gegenstand weiterer naturwissenschaftlicher Untersuchungen sein.

Diesem Grabungsfund gegenüber weist der schon vor längerer Zeit ausgegrabene Bogenschütze aus Rheinbach auf jungsteinzeitliche Bestattungsformen hin (2300 - 2100 v. Chr.). Im Zeitalter der Glockenbecherkeramik-Kultur wurden Männer auf der linken Seite liegend mit dem Kopf Richtung Norden beigesetzt, Frauen auf der rechten Seite liegend mit dem Kopf nach Süden. In der gleichzeitigen Bandkeramikbecher-Kultur wurden die Männer ebenfalls auf der rechten Seite bestattet und die Frauen auf der linken Seite, allerdings in Ost-West Richtung. Hier im Rheinland assimilierten die beiden Kulturen, doch die Bestattungsformen wurden weitgehend beibehalten bis sie dann durch Feuerbestattung abgelöst wurden.

Mit dem Aufkommen der Feuerbestattung bekommen die Grabbeilagen eine für die Archäologen wichtige Bedeutung, aus denen sie Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Lebensweisen ziehen können. Doch bei alledem bleiben immer noch viele Rätsel übrig, die vielleicht erst in langwieriger Arbeit entschlüsselt werden können. Und so behilft man sich damit, einzelnen Personen Attribute beizugeben, damit die Besucher die Möglichkeit haben, sie kennen zu lernen, so wie „Die Schöne aus Zülpich“, „Die Priesterin aus Borschemich“ aber auch den „Geköpften aus Kuchenheim“, den „Bogenschützen aus Rheinbach“ oder den um 600 n. Chr. bestatteten „Krieger aus Beuel“.

Archäologie Im Rheinland - Im Tod unsterblich

Gräber und Grabfunde von der Jungsteinzeit bis in die Neuzeit.

LVR Landesmuseum Bonn

Colmantstraße 14 - 16

Öffnungszeiten: 11 - 18 Uhr, montags geschlossen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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