Erik Schmadtke war als Kickboxer aktiv - jetzt hat er neue Ziele im Mixed Martial Arts
Ohne Angst und voller Demut

Von Demian Stock, Maurice Malik und Fabio Mertin

Wesseling – Erik Schmadtkes Wecker klingelt. Es ist dunkel und kalt im Zimmer, doch frühes Aufstehen ist für den Wesselinger Kampfsportler Routine. „Normalerweise stehe ich um sechs Uhr auf, mache mich fertig und esse eine Banane. Danach wird trainiert“, erzählt er. An diesem Morgen steht Techniktraining auf dem Programm, eine Stunde lang. Schmadtke schlägt fokussiert auf den Sandsack ein. So kennt er es seit seiner Kindheit: „Mein Vater hat mir ab meinem vierten Lebensjahr ein paar Grundlagen beigebracht. Zwischendurch habe ich aber auch Fußball gespielt.“ Mit elf Jahren meldete er sich im Kickbox-Verein an. Mit Erfolg: Als zweifacher Deutscher Meister und dreifacher Internationaler Deutscher Kickboxmeister feierte er seine größten Erfolge im Amateurbereich.

2016 wechselte Schmadtke zum Mixed Martial Arts. Schon zu seinen Kickbox-Zeiten hatten ihn die vielfältigen Techniken im MMA gereizt. „Du kannst einen Gegner mit allem schlagen und mit allen Techniken geschlagen werden. Wie stark der Sport von Taktik geprägt ist, lässt sich von ungeübten Augen schwer wahrnehmen“, erläutert er. Als kinetisches Schach bezeichnet Schmadtke seine Sportart. „Bist Du zum Beispiel ein schlechter Kickboxer, aber deine Stärke liegt im Ringen, kannst Du schwächere Kampfstile mit deinen Stärken ausgleichen. Das Regelwerk hemmt Dich nicht in deinen Möglichkeiten.“ Angst darf bei den Kämpfen keine Rolle spielen. „Beide Kämpfer wissen, worauf sie sich einlassen. Wenn ich im Ring bin, denke ich nicht an Angst. Ich weiß, was passieren kann. Das ist der Sport.“ Den Vorurteilen gegenüber dem MMA-Kampf setzt der 21-Jährige entgegen: „Die Sportart ist komplex. Die Taktik steht im Vordergrund. Zusätzlich sind viele Sportler gebildet, besonders in der amerikanischen Profiliga haben nicht wenige Kämpfer höhere Bildungsabschlüsse.“

Nach der Einheit am Morgen ist ein Drittel des Tagespensums geschafft. Es folgt ein ausgiebiges Frühstück vor dem Laptop, um die Online-Vorlesung nicht zu verpassen. Anschließend steht das zweite Training an, danach Mittagessen und etwas Freizeit. Um der körperlichen Belastung im Training und den geistigen Herausforderungen im Studium gewachsen zu sein, legt Schmadtke Wert auf die richtige Regeneration: Gesunde Ernährung, funktionelles Training und aktive Regeneration sind genauso wichtig wie ausreichender Schlaf und ein auf den Wettkampf abgestimmter Trainingsplan. Über die Jahre hat der Kampfsportler sein Trainingspensum ständig erhöht und seinen Körper an die Belastung gewöhnt. Eine Trainingswoche mit 15 Einheiten ist heute keine Seltenheit. „Zu den umfangreichen abendlichen Trainingseinheiten im Verein kommen noch meine privaten kürzeren Einheiten hinzu.“ Auf den Trainingsalltag des Boxers hat die Corona-Pandemie auch Auswirkungen. Er möchte sich trotzdem nicht beklagen, das Wohl der Allgemeinheit geht vor: „Ich trainiere so viel es geht. Im eigens dafür hergerichteten Keller oder an der frischen Luft.“

Zum Abschluss des Tages geht es für Schmadtke zur letzten Einheit. Auch wenn Kampfsportler alleine im Ring stehen, geht es nicht ohne die nötige Unterstützung. Daher schätzt Schmadtke seinen aktuellen Trainer sehr. „Du brauchst Jemanden, der Dir Tipps gibt, Dich in eine Richtung lenkt und detailverliebt an deiner sportlichen und mentalen Leistung arbeitet.“ Der Kampfsport hat ihn gelehrt, dass sich diszipliniertes Arbeiten und eine demütige Lebenseinstellung auszahlen. Schmadtke möchte in den nächsten Jahren so viel kämpfen wie möglich und langfristig das Beste aus sich herausholen. „Ich hoffe mein Ziel hat den Nebeneffekt, dass ich zum Profi werde.“

Im Sommer 2019 war er für seinen Sport im Ausland: „Ich war in Thailand in einem MMA Trainings Camp. Dort hatte ich die Möglichkeit drei Wochen lang in einer Trainingsgruppe mit UFC Profis zu trainieren. Das ist für Fußballfans, als würde Schweinsteiger neben Dir stehen.“ Dort hat der Kämpfer gemerkt, wie hoch die Messlatte im Profisport liegt und wie viel vom Kampfniveau nach oben für ihn möglich ist. Die Familie und sein Umfeld unterstützen ihn in allem so gut es geht. „Ich möchte auf jeden Fall erfolgreich mein Bachelorstudium abschließen. Durch den Sport brauche ich wahrscheinlich etwas länger aber das ist auch ein Ziel, das ich erreichen möchte.“

INFO: Mixed Martial Arts (MMA) ist eine Vollkontakt-Kampfsportart. Die Organisation von Turnieren und TV-Übertragungen des Veranstalters Ultimate Fighting Championship (UFC) lässt die Sportart seit Anfang der 1990er Jahre immer populärer werden. Neben Schlag- und Tritttechniken (Striking) des Boxens, Kickboxens, Taekwondo, Muay Thai und Karate finden auch Boden- und Ringkampftechniken (Grappling) des Jiu-Jitsu, Ringens, Judo und Sambo Anwendung. Der wesentliche Unterschied zu anderen Vollkontaktsportarten ist, dass auch im Bodenkampf Schläge und teilweise Tritte eingesetzt werden dürfen. Seit 2014 existiert die German Mixed Martial Arts Federation (GMMAF) als Ableger des internationalen Dachverbandes IMMAF (International Mixed Martial Arts Federation).

LeserReporter/in:

Fabio Mertin aus Wesseling

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