Erben der Arisierung
Nichts gehört der Vergangenheit an

Der Historiker Armin H. Flesch nahm sich in seinem Vortrag den Erben der Arisierung an.                                      | Foto: Hollenberg Gymnasium
  • Der Historiker Armin H. Flesch nahm sich in seinem Vortrag den Erben der Arisierung an.
  • Foto: Hollenberg Gymnasium

Waldbröl (eif). Wir wissen, was wir haben. Aber wissen wir auch, woher es stammt?

Dieser Frage nahm sich der Autor und Historiker Armin H. Flesch in seinem Vortrag „Die Erben der Arisierung“ in der Aula des Hollenberg-Gymnasiums an. Schüler*innen der Jahrgangsstufen Q2 und EF lauschten dem Vortrag, der von der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit organisiert worden war. Eindrucksvoll schilderte Armin H. Flesch, wie die Nazis Vermögenswerte von Juden einzogen und was nach 1945 aus diesen Vermögenswerten wurde.

Akribisch genau hatte der Referent die Details zu den Arisierungen zweier heute noch existierender Firmen recherchiert, sie aufgedeckt und öffentlich gemacht. Er durchsuchte Archive wie das der Dresdner Bank, führte unzählige Interviews mit Erben enteigneter Juden und Eigentümern von Firmen, die sich immer noch wehren, sich der Vergangenheit ihrer Firmen und ihrer Vorfahren zu stellen.

Flesch zeigte auf, wie es nicht nur den Industriellen während der Nazizeit möglich wurde, sich am Eigentum der Juden zu bereichern, sondern auch die Bevölkerung in großem Maße von der Enteignung profitierte. So zeigte er Bilder von Versteigerungen jüdischen Hausrates, von Möbeln bis zu getragener Unterwäsche der jüdischen Mitbürger. Die Versteigerungen wurden samt erzielter Preise exakt in Listen dokumentiert.

Später, als keine Vermögenswerte mehr zu Geld gemacht werden konnten, wurden selbst die menschlichen Körper der Jüdinnen und Juden Opfer der Gier des Naziregimes. Ihre Haare wurden zu Schuheinlagen für Soldaten, Filzhüten oder Perücken verarbeitet, das Zahngold der KZ- Insassen eingeschmolzen und von der Reichsbank als Zahlungsmittel für Waffen verwendet. „So hatte jeder und jede was davon“, schilderte Flesch. Er sprach von regelrechten „Produktionsstraßen“, die auf Kosten von Besitz, Leib und Leben der Juden bestanden.

Am Schluss des Vortrags stellte Flesch dann allen Zuhörern die persönliche Frage: „Wissen Sie, ob Sie nicht auch heute noch etwas besitzen, was ursprünglich jüdisches Eigentum war? Was also „arisiert“ wurde?“ Dabei könnte es sich um alte Schmuckstücke unserer Großeltern, alte Möbelstücke oder Porzellan handeln. Diese Frage stimmte alle Zuhörer sehr nachdenklich.

Wie gehen wir heute mit diesem Erbe um? Wie würden wir uns verhalten, wenn wir in der Situation wären?

Mit dem folgenden Zitat von Dr. iur. Fritz Bauer sel. A.: „Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist Gegenwart und kann wieder Zukunft werden“, schloss Armin A. Flesch seinen Vortrag.

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RAG - Redaktion

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