"Neue Wege" gehen
Optionen für Cannabis-Clubs - Aufklärung entscheidend

Foto: VLRS / stock.adobe.com
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Es ist eine viel beachtete und kontrovers diskutierte Entscheidung, die da jüngst vom Bundeskabinett ­beschlossen wurde: „Mit dem Gesetz zur ­Legalisierung von Cannabis will die Bundesregierung neue Wege hin zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Cannabis ­gehen“, heißt es in der Begründung. Ziel sei es, die Sicherheit zu erhöhen. Erwachsenen soll ein kontrollierter Zugang in begrenzten Mengen zu nicht-medizinischen Zwecken ­ermöglicht werden - bei gesicherter Qualität. So soll der Schwarzmarkt zurückgedrängt und die Jugend besser geschützt werden. Wichtig: Für Jugendliche unter 18 Jahren soll Cannabis auch weiterhin nicht zugänglich sein. Ein entscheidendes Element bei der ­Realisierung sind die gemeinschaftlichen, nicht-gewerblichen Vereinigungen, die den „neuen Weg“ in der Praxis realisieren sollen. Wir haben mit Verantwortlichen der Cannabis-Clubs in Bedburg und Brühl über die neue Gesetzeslage und die Folgen gesprochen.

Rhein-Erft-Kreis. Erwachsene sollen bald straffrei bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen dürfen. Mit dem neuen Gesetz zur Legalisierung von Cannabis will die Bundesregierung ab Anfang kommenden Jahres „neue Wege“ gehen, denn: „Die bisherige Drogenpolitik zum Cannabiskonsum stößt an ihre Grenzen. Trotz Verboten steigt der Konsum gerade bei jungen Menschen. Cannabis vom Schwarzmarkt ist häufig mit Gesundheitsrisiken verbunden. Es kann verunreinigt sein und einen unbekannten THC-Gehalt enthalten, dessen Wirkstärke Konsumenten nicht abschätzen können.“ Cannabis, beziehungsweise der Wirkstoff der weiblichen Hanfpflanze THC (Tetrahydrocannabinol), sorgt für Rauscheffekte und Euphorie. ­Negative Auswirkungen stehen ebenfalls zu Buche - von kognitiven bis hin zu psychischen. Es besteht das Risiko zur Abhängigkeit. Gerade für Jugendliche birgt der Konsum von „Gras“, wie es umgangssprachlich häufig genannt wird, die Gefahr, langfristige Schäden davonzutragen. Übrigens: Der medizinische Einsatz von Cannabis steht bei diesem Vorhaben nicht im ­Fokus. Für diese „rauschfreien“ Produkte gelten andere Vorgaben. Bei aller Legalisierung verfolgt die Bundesregierung dennoch klare Vorgaben: Für den privaten Gebrauch darf man drei Pflanzen selbst anbauen. Im Grunde sollen aber gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Vereinigungen einen Eigenanbau für ­Erwachsene zum Eigenkonsum realisieren. „In einem zweiten Schritt soll dann die Abgabe in ­lizensierten Fachgeschäften angegangen werden“, so der Plan der Bundesregierung - wissenschaftlich konzipiert und begleitet. 

Cannabis-Clubs als Schlüsselelement

Ein entscheidendes Element bei der Umsetzung des Vorhabens sind die so genannten „Cannabis Clubs“. Sie dürfen nicht in der Nähe von Schulen, Kitas und anderen Jugendeinrichtungen entstehen und maximal 500 Mitglieder haben. Über sie soll ein geregelter Anbau und Konsum realisiert werden. Im Rhein-Erft-Kreis sitzt dabei ein Club, der ­bereits in den „Findungsprozess“ für das neue Gesetz involviert war: der „Cannabis Social Club Greenflakez Bedburg“. Seit 2022 ist eine Gruppe um Initiator Michael Mandt bereits aktiv. Die Gründung eines eingetragenen Vereins wurde im April dieses Jahres auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit Mitstreiter Kai Lindenau und weiteren Freunden wollte Mandt früh Präsenz zeigen und Aufklärung für das Thema betreiben - mit Erfolg. Aufmerksamkeit, Resonanz und der Club selbst wurden größer: „Wir haben uns vernetzt, einen Vorstand gegründet und einen Anbaurat. Es folgten ein Radio-­Interview und der Austausch mit der Cannabis Apotheke Lux99 in Hürth sowie mit lokalen Politikern“, fasst Mandt Schritte eines längeren Weges in Kürze zusammen. Aktuell dient der Club quasi als „Blaupause“ zur Gründung eigenständiger Vereine in Köln, Leverkusen und Hürth oder sogar in Erlangen oder Bayreuth - nach dem Vorbild und der „Marke“ der „Greenflakez“. Der Club sei sich seiner Verantwortung absolut bewusst, so Michael Mandt: „Wir möchten nicht nur ein Club sein, an dem gleichgesinnte Volljährige ihrem Genuss nachkommen und Mitglieder legal Cannabis erwerben können. Wir möchten eine aktive Rolle in der Gesellschaft einnehmen und über das Thema - auch die Risiken - aufklären“, betont der Initiator.

"Können Cannabis-Konsum nicht verhindern!"

Dies rief auch Lokalpolitiker der SPD auf den Plan, mit dem Club zusammenzuarbeiten - unter anderem Aaron Spielmanns, den Geschäftsführer der Jusos Rhein-Erft: „Seien wir ehrlich: Wir können nicht verhindern, dass Menschen Cannabis konsumieren. Wir können aber verhindern, dass sie es auf dem Schwarzmarkt kaufen, wo es oft nicht in Reinform, sondern mit anderen Substanzen vermischt verkauft wird. Dadurch kommen Cannabiskonsumenten erst in Kontakt mit harten Drogen.“ Die zwei wichtigsten Bausteine des neuen Gesetzes fasst Spielmanns so zusammen: „Anbau über Vereine, staatlich kontrolliert, und eine Abgabe nur an Club-Mitglieder über lizensierte Abgabestellen zu kostendeckenden Preisen.“ Alles verbunden mit der Hoffnung: „Die günstigeren legalen Angebote werden Schwarzmärkte austrocknen.“

Dies ist auch eines der Ziele eines weiteren Clubs im Rhein-Erft-Kreis: dem „Cannabis Culture Club Brühl“, kurz CCCB. Dessen Vorsitzender Sven Steiger erklärt: „Wir stehen für einen bewussten Umgang mit Cannabis, machen uns in Beratungen für Gesundheit und Jugendschutz stark und möchten den Schwarzmarkt verdrängen.“ ­Interesse am Cannabis-Club besteht auch in Brühl: „Unser Verein hat bereits 173 Interessenten aus allen sozialen Schichten im Alter von 18 bis 65 Jahren“, so Kassenwartin Rassin Greven und Peter Wilms vom Anbaurat. Der Verein sucht nun eine 500 Quadratmeter große Halle oder ein Gewächshaus, denn im Frühjahr 2024 soll den Mitgliedern ihr erstes selbst angebautes, rauchfähiges Cannabis ausgehändigt werden können.

„Das Gefahrenpotenzial von Cannabis ist unbestritten“

Mit dem neuen Gesetz und dem Engagement der Clubs soll laut Bundesregierung auch eine breit angelegte Aufklärungskampagne einher gehen. Die ist für die Drogenhilfe Köln gGmbH entscheidend, denn: „Das Gefahrenpotenzial von Cannabis ist unbestritten. Aus Sicht der Suchtprävention ist es maßgeblich, inwieweit es gelingt, vor ­allem junge Menschen darin zu bestärken, gar nicht zu konsumieren. Wenn sie es doch tun, sollte der Konsumbeginn so spät wie möglich sein und so ­wenig schädlich wie möglich“, bezieht die Fachstelle für Suchtprävention im Rhein-Erft-Kreis Stellung. Das Fazit der Drogenhilfe Köln gGmbH: „Ob die geplanten, so genannten Cannabis Social Clubs, hier eher positiv oder negativ einwirken, lässt sich seriös nicht beantworten, da es schlicht noch keine Erfahrungen dazu gibt.“ Aber: „Die Verbreitung des Cannabiskonsums ist - trotz bestehenden Verbotes - in den letzten Jahren bereits sehr hoch gewesen, Prävention und Beratung zu Cannabis daher nichts Neues für die Drogenhilfe Köln.“ Hinsichtlich der Aufklärung sieht die Drogenhilfe folgendes Problem: „Suchtprävention und -beratung auf lokaler Ebene müssen vermehrt gefördert werden. Diese Angebote werden aber nicht durch den Bund, sondern durch die Länder und Kommunen finanziert. Eine Übernahme dieser Kosten vermissen wir in den aktuellen Entwürfen. Gleichzeitig sind im Haushaltsentwurf 2024 erhebliche Kürzungen im Präventionsbereich auf Bundesebene vorgesehen - unserer Auffassung nach hier kein gutes Signal.“

Reul: "Mit dieser Frage stehe ich nicht alleine da!"

Klare Kritik an der Legalisierung äußert zudem NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU): „Meine Polizistinnen und Polizisten werden sicher nicht losgehen und anfangen, Pflanzen zu zählen. Gesetze funktionieren nur dann, wenn ich die umsetzen und kontrollieren kann. Das sehe ich alles heute noch nicht gegeben. Und was ich bis heute auch nicht verstehe: Wie kann man Cannabis-Legalisierung und Jugendschutz in einem Atemzug nennen? Mit dieser Frage stehe ich nicht alleine da.“

Die Drogenhilfe sieht nun eine zentrale Aufgabe: „Die Gesellschaft steht, ähnlich wie bei Alkohol und Nikotin, vor der Herausforderung, Menschen zu befähigen, die Gefahren frei zugänglicher Substanzen einschätzen zu können, sich bestenfalls gegen den Konsum zu entscheiden oder diesen so risikominimierend wie möglich durchzuführen.“

Nähere Infos zum Thema:

cscgreenflakez.de

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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