Forensik mit Basar vor der LVR-Klinik
Patienten fertigten Dekoartikel
WESTHOVEN - (kg). Am offenen Basarzelt fahren immer wieder Fahrzeuge vorbei.
Auf der Betonpiste erzeugen sie beim Kontakt mit den Dehnungsfugen
„Waschbrett“-Geräusche, die an Fernstraßen erinnern.
Tatsächlich liegt die Forensische LVR-Klinik etwas außerhalb: Wald,
ein Feld, ein paar Mietshäuser, Reste eines alten Preußenforts und
der oft geschlossene Übergang am Gremberger Güterbahnhof befinden
sich in der Nähe.
Auf den ersten Blick wirkt das weiße Zelt neben dem Klinikeingang
„Porzer Ringstraße 25“, deplatziert. Doch die vielen Dekoartikel
vermitteln den Flair einer dieser Stände am Straßenrand, bei denen
alles selbst und von Hand gemacht ist. Also hält man an, geht hin und
guckt. Das machen immer wieder Leute, die vorbeikommen.
Mehr als 300 Werkstücke haben die Arbeitstherapien (AT) Holz und
Metall verlassen, und werden hier angeboten, schätzt Arbeitspädagoge
Kadir Kaplan. Er ist Handwerksmeister im Maschinenbau, und erzählt
von neun Patienten der AT Metall, die unter anderem Kerzenständer und
Schlüsselanhänger gestalteten. Ergotherapeutin Heike Vennes von AT
Holz berichtet von 14 Patienten, die Kreationen wie Schafe und
Vogelhäuschen, aber vor allem Osterhasen in allen möglichen
Varianten herstellten. Der Basar ist ein Novum, zumindest was das
Thema Frühling betrifft, und dass ein Verkaufsstand zum ersten Mal
vor dem Gelände aufgebaut wurde. Zuvor gab es einige Weihnachtsbasare
innerhalb der Maßregelvollzugsanstalt.
Der Gebäudekomplex wurde 2009 errichtet, seitdem ist Chefarzt Dr.
Herbert Meurer der Leiter der Einrichtung. Bis zu 150 straffällige
Patienten, zurzeit sind es 130, können in dem 140.000 Quadratmeter
großen Areal untergebracht werden, das von 5,50 Meter hohen
Betonmauern umgeben ist. Innen gibt es unter anderem Klinikhäuser,
eine Sporthalle, ein Sportfeld und neben den ATs Holz und Metall eine
AT Garten. Des Weiteren kümmert sich ein Stamm von rund 136
Mitarbeitern, darunter Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Ergo-,
Arbeits- und Sporttherapeuten, sowie Pflegemitarbeiter um Patienten,
sagt Meurer, „die im Rahmen einer schweren Erkrankung schwere
Körperverletzung, Brandstiftung und Diebstähle begangen haben“.
Untergebracht sind aber auch Leute, die töteten.
„Die Patienten waren gefährlich. Wichtig ist, dass die Gefahr durch
Therapie herabgesetzt wird“, erklärt der Chefarzt. Er sagt, dass
das Delikt das Symptom der Erkrankung sei. „Und wenn ich die
Erkrankung im Griff habe, und der Patient Krankheitseinsichtiger wird,
dann ist die Gefahr eines Rückfalls gering“. Es gebe seit geraumer
Zeit so genannte Lockerungen, und Insassen können mit Begleitung
hinaus. So waren auch Patienten hinter dem Tresen des Frühlingsbasar.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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