Rathaussturm in Mechernich
Des Bleistifts schicker Kern

Bei der Schlüsselübergabe gab es kein Vertun: Die Macht ist mit den Narren über die tollen Tage.  | Foto: Kirsten Röder / ProfiPress
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  • Bei der Schlüsselübergabe gab es kein Vertun: Die Macht ist mit den Narren über die tollen Tage. 
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Mechernich - (pp). Nein! Kampflos ergeben, das ist Dr. Hans-Peter Schick seine
Sache nicht. Rumms! Der Bürgermeister und seine Adjutanten feuerten
die ersten Gewehrsalven ab, um den Beamtenbunker gegen das närrische
Volk zu verteidigen, das vehement die Herrschaft an sich reißen
wollte.

Gespitzt ragte Schick aus der Verteidigungslinie der Verwaltung
hervor. Seine Frau Gaby und sein Sohn Alexander hatten ihm das
exklusive Kostüm auf den Leib geschneidert. Der Bürgermeister lief
keck als „Bleiberg-Bleistift“ auf.

Er scheute sie also nicht. Die Mine aus Blei, die in großen Lettern
von den Gazetten aufgegriffen und unters Volk gebracht worden war. Zur
Seite stand ihm sein Beigeordneter Thomas Hambach, der als Bergmann
sein Steigerglück versuchte, um nicht nur in einstigen Stollen,
sondern auch in frischen Neubaugebieten nach dem Jahrtausende-alten
Bleivorrat zu suchen.

„Blei ist das Kreuz, es macht uns Sorgen, gestern, heute und auch
morgen“, reimte Schick dann auch bei seiner Abdankung mit Blick auf
die Querelen um die „Bodenschätze“ der Heimat.

„Drei Uenzen Blei“, Baum und Kleber noch hinzu, fertig sei der
schicke Stifte-Prototyp der Bleibergstadt. „Dann bauen wir mit etwas
Glück noch eine große Stiftfabrik“, sinnierte Schick. Am Wind
werde dann noch gedreht, damit der Baustaub weiterweht „und Herr R.
aus Kommern-Süd wieder etwas klarer sieht.“ Denn so viel ist klar:
„Das Leben ist doch viel zu schön, für das ganze Bleigestöhn.“
Besser sei es, Blei zu gießen, als andern in den Po zu schießen.

Zuvor hatte das Team um Friedel Hüllenkremer an der dicken Kanone,
die vor dem Rathaus als schweres Geschütz aufgefahren worden war,
mächtig Stoff gegeben. Kleine quadratische kubanische Kracher wurden
flink in die Kanonenrohre gestopft. Mit lautem Knall gab es mächtig
Qualm. Und dann war es soweit.

Unter großem Jubel der Narren riss das Volk angeführt von
„Oberjeck“ Addy Sechtem, der Prinzengarde und Prinz Peter IV.
(Schweikert-Wehner) die Macht an sich. Konfetti-Kanonen bliesen zum
geträllerten Tusch bunt-schillernde Papierschnipsel in den Himmel.
„Die Stadtkasse soll Euer sein“, kapitulierte Schick schließlich
angesichts der jecken Übermacht.

Der Prinz reckte siegessicher den Schlüssel für den Beamtenbunker
gen Himmel, um gleich nach dem Mikrofon zu greifen und seine
Prinzen-Party-Songs zu singen. Die Jecken stimmten mit ein. Mit „Das
ist Heimat“ fühlten sich alle verbunden. Das Volk schunkelte Arm in
Arm im Sunnesching.

Schlüssel weg - und dann das: Das dicke Ende kam erst noch für Dr.
Hans-Peter Schick. Das närrische Oberhaupt entließ das
Stadtoberhaupt nicht einfach so in Ehren, sondern knöpfte sich den
frisch entmachteten Bürgermeister bei dieser Gelegenheit vor.

Zehn Jahre stünde der neue, millionenschwere Rathaus-„Palast“
jetzt schon da. Der Bau wäre zwar kaum gealtert, dafür des
Bürgermeisters Haut vielleicht umso mehr. „Da hat sich der
Bürgermeister was Schlaues überlegt“, meinte der Prinz. Wie sonst
sollte man begründen, dass er Hochwald an Land gezogen hat?

Das Milch-produzierende Unternehmen habe doch Probleme Wasser zu
bekommen. Denen gebe man jetzt einfach das kühle Nass aus dem
defizitären Schwimmbad, und der Bürgermeister könne – statt
„Botox“-Kur – seine Haut in Milch wie einst Kleopatra nun im
„Eifelbad“ eintauchen.

Jäh wurde des Prinzen Litanei jedoch unterbrochen. Mit einer
dringenden Durchsage für Gleis zwei am „Hauptbahnhof Mechernich“:
„Die geplanten Umbaumaßnahmen verschieben sich auf bestimmte
Zeit“, imitierte Dirk Gemünd, neben Michael Sander Adjutant der
Tollität, die Lautsprecherstimme. Die Stadt werde wohl in die eigene
Schatulle greifen müssen, damit ein behindertenfreier Zugang möglich
werde, mutmaßte der Prinz. Für eine andere Idee erteilte der
Mechernich TUS-Vertreter schon jetzt vorsorglich die gelbe Karte. Denn
2021 wolle der Bürgermeister „das schöne Eifelstadion
plattmachen“. Dann drohe ein Platzverweis.

Und Schick? Entmachtet und losgelöst von all den täglichen Sorgen?
Der wünschte bis Aschermittwoch von Herzen: „Wunderbare bleifreie
Tage!“ 

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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