Rund 4.000 Teilnehmer demonstrieren gegen Deponie-Öffnung
Protest geht weiter

- Kurz nach dem Start waren die Straßen zwischen Rheinallee und Innenstadt schwarz voller Menschen.
- Foto: Gabi Knops-Feiler
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Leverkusen - Fanclubs organisieren normalerweise Dinge, die direkt mit Fußball
zu tun haben. Nicht so in Leverkusen. Dort stellten der Dachverband
„Nordkurve 12“ der aktiven Bayer 04-Fans zusammen mit den
„Ultras Leverkusen“ den größten Protestzug auf die Beine, den es
jemals so in dieser Art gab.
Eigentlich hatte Nordkurve-Vorsitzender Ulrich Wissing mit rund 3.000
Menschen gerechnet. Tatsächlich korrigierte die Polizei die Zahlen im
Laufe der Veranstaltung immer weiter nach oben, es werden über
4.000 Teilnehmer gewesen sein – deutlich mehr als erwartet.
Nachdem sich die Menschenmassen am Samstag bereits vor zehn Uhr an der
Wacht am Rhein versammelten, mussten sie sich noch eine Weile
gedulden, da immer mehr Menschen dazu strömten. Kurz nach dem Start
waren die Straßen zwischen Rheinallee und Innenstadt schließlich
schwarz voller Menschen und weiß voller Protestschilder, die sich mit
sich führten. „Gift und Schutt macht uns kaputt“, „Ihr spart
Kosten, wir zahlen mit unserem Leben“ oder „Niemals aufgeben“
war darauf zu lesen. Es ging um den Protest gegen den Bau der
Rheinbrücke und der damit verbundenen Öffnung der ehemaligen Deponie
in der Dhünnaue.
„Still und leise, unter minimaler überregionaler Beachtung, hat
sich der geplante Neubau der Leverkusener Rheinbrücke, nur wenige
Kilometer nördlich von Köln, in den vergangenen Jahren zu einem
handfesten Politskandal entwickelt, zu einer Geschichte über bewusste
Täuschung der Öffentlichkeit, über undurchsichtige Absprachen
zwischen Politik und einem Großkonzern – und über die Inkaufnahme
gravierender Umweltschäden und einer gesundheitlichen Gefährdung
zehntausender Menschen“, übte Wissing deutliche Kritik an
Straßen.NRW. Zwar hatte die Landesbehörde bei dem von Leverkusener
Bürgerinitiativen angestrengten Prozess vor dem
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig grünes Licht zum Bau der
Rheinbrücke erhalten.
Doch „viele Beschlüsse sind offen und nicht entschieden, das wollen
und werden wir beeinflussen“, verdeutlichte Wissing. Dass es noch
nicht zu spät sei, um eine Änderung herbeiführen zu können, davon
waren nicht alle Akteure an diesem Tag überzeugt. „Das Thema ist
durch und schon vor Jahren schon beschlossen worden“, urteilte
Renate Krancioch (72) aus Manfort, die auch zuvor aktiv bei vielen
Protesten mitgewirkt hatte und nun gekommen war, um nichts unversucht
zu lassen.
Im Gegensatz zu den jüngsten Aktionen, die von der Initiative „Lev
muss leben“ um Politiker Erhard Schoofs von der Bürgerliste
organisiert worden waren, marschierten diesmal auffallend viele junge
Leute und Familien mit. Wie zum Beispiel die Familie von Mark Kanzler
aus Hitdorf, die per Plakat das Horrorszenario von einem
„Familienausflug Leverkusen 2020“ heraufbeschwor, bei dem alle nur
noch mit Schutzanzügen und Atemmasken unterwegs sein können. „Die
Politik und Straßen.NRW spielen ein falsches Spiel, das ist ein
Skandal“, echauffierte sich der Familienvater. „Es geht um nicht
mehr und nicht weniger als um die Zukunft unserer Kinder“, ergänzte
er und vermutete, die heute schon weit über den Grenzwerten liegende
Feinstaubbelastung könne zu einem unkalkulierbaren Risiko werden.
Klaus Georg Stamm von der Bürgerinitiative Rheintunnel Leverkusen
kommentierte in diesem Zusammenhang: „Wir hatten schon vor Jahren
darauf hingewiesen, dass sich die Stauszenarien, die mit der Baustelle
dieses gigantischen Bauvorhabens zusammenhängen, strangulierend auf
die Stadt auswirken werden.“ Das habe Einfluss auf Schulbusse und
das gesamte Leben in Leverkusen.
Erhard Schoofs war hellauf begeistert vom Einsatz der jungen Leute.
Bei seinem Kampf wurde er schon länger durch die Bayer-Fans
unterstützt. Weiter intensiviert hat sich die Zusammenarbeit jedoch
erst seit dem Fest unter der Stelze im September. „Der Druck auf die
Politik muss erhöht werden“, argumentierte er. Wobei Wissing
klarstellte: „Hier geht es nicht um Parteien, sondern um die Sache.
In der Stadt hat es schon eine Weile gebrodelt und das kommt jetzt an
die Oberfläche.“ Übrigens nicht zum letzten Mal, versprach er,
denn der Widerstand werde fortgesetzt. Die Form stehe zwar noch nicht
fest, aber es gebe weitere Aktionen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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