Das Jahrhundert-Hochwasser
Vor genau 30 Jahren soff Köln bei Pegel 10,69 m ab

Große Teile der Altstadt waren am 30. Januar 1995 bei einem Pegelstand von 10,69 Meter überflutet.  | Foto:  HSZ Köln - Vogt
  • Große Teile der Altstadt waren am 30. Januar 1995 bei einem Pegelstand von 10,69 Meter überflutet.
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Es sind Bilder, die surreal wirken. Doch vor 30 Jahren überflutete der Rhein tatsächlich Teile der Altstadt. Auch viele andere Veedel waren betroffen, da der Pegel am 30. Januar 1995 eine Höhe von 10,69 Meter erreichte. Eine Marke, die in den letzten 200 Jahren nicht übertroffen wurde. Der Hochwasserschutz wurde daraufhin deutlich ausgebaut. Auf eine neue Jahrhundertflut ist Köln also vorbereitet. Sollte der Pegel eines Tages allerdings die Marke von 11,70 Meter überschreiten wird es kritisch.

von Alexander Büge

Köln. Viel Zeit zu reagieren bleibt im Extremfall nicht. Denn aufgrund einer schnellen Schneeschmelze im Süden und kontinuierlichen starken Regenfällen in der Region kann der Rhein innerhalb von kürzester Zeit enorm an Wasser zulegen. „Am 21. Januar 1995 ist der Pegel im Schnitt pro Stunde um bis zu 21 Zentimeter gestiegen“, erinnert sich Reinhard Vogt, der damals in Köln für den Hochwasserschutz zuständig war. „Innerhalb von 32 Stunden kam es dadurch zu einem Anstieg von 4,10 Meter auf 8,11 Meter.“ Entsprechend schnell mussten Vogt und tausende Helfer handeln.

Da es nur 13 Monate zuvor, am 23. Dezember 1993, bereits zu einem Pegelstand von 10,63 Meter gekommen war und Vogt daraufhin ein Hochwasserkonzept erstellt hatte, wussten die Experten allerdings, was zu tun war. So mussten insgesamt rund 2000 Hochwasserschutzmaßnahmen abgewickelt werden. In diesem Zuge wurden beispielsweise mobile Wände errichtet, zahlreiche Wasserabpumpeinheiten installiert und mehr als 400 000 Sandsäcke platziert. Zudem wurden in Köln circa 9,2 Kilometer lange Stegeinheiten aufgebaut und mehr als 50 Boote eingesetzt, um den betroffenen Menschen einen Ausweg aus der Extremsituation bieten zu können.

Erneute Niederschläge im Einzugsgebiet des Rheins sorgten dann letztlich dafür, dass am 30. Januar 1995 die Jahrhundertrekordmarke von 10,69 Meter erreicht wurde. Das Schlimmste konnte zwar verhindert werden, dennoch waren mehr als 33 000 Menschen direkt von den Folgen des Hochwassers betroffen. „Wie 1993 ist auch 1995 bei dem Hochwasser niemand ums Leben gekommen“, erinnert sich Vogt an die damalige Situation. „Und darauf bin ich stolz. Dort, wo es richtig gefährlich wurde, haben wir die Menschen rechtzeitig evakuiert.“

Nachdem der Pegel wieder deutlich gesunken, das Wasser aus der Altstadt verschwunden und zahlreiche Keller leergepumpt waren, begann die eigentliche Arbeit von Vogt aber erst. Denn ihm war klar: Auch wenn die entstandenen Schäden deutlich geringer ausfielen als beim Weihnachts-Hochwasser 1993, darf sich in Köln ein Ereignis wie dieses nicht wiederholen. Vielmehr müssten die Menschen künftig besser vor Hochwasser geschützt werden. Deshalb fertigte er anschließend ein 230 Seiten starkes Hochwasserkonzept an, das er den verantwortlichen Politikern im Juni 1995 vorlegte. Und da der Handlungsbedarf für die Entscheider der Stadt offensichtlich war, wurde die Umsetzung von Vogts Konzept am 5. Februar 1996 einstimmig vom Stadtrat beschlossen.

Was passiert ab welchem Pegelstand?

Somit konnte der Hochwasserschutz in Köln entlang des Rheins über die Jahre kontinuierlich ausgebaut werden, sodass nun 11,30 bis 11,70 Meter hohe mobile Wände die Überflutung von Stadtgebieten verhindern. „Wir sind in Köln wirklich gut aufgestellt“, erklärt Dr. Ulf Schulze-Hennings, der Leiter der Hochwasserzentrale der Kölner Stadtentwässerungsbetriebe (StEB Köln). „Es gibt Teilbereiche der Stadt, die vor Hochwassern geschützt sind, die alle hundert Jahre vorkommen. Andere Teilbereiche Kölns sind sogar vor Ereignissen geschützt, die statistisch gesehen nur alle 200 Jahre auftreten.“

Doch nicht nur das: Tatsächlich werden je nach Höhe des Wasserstands immer mehr Menschen in den Hochwasserschutz integriert. Dabei sind im Extremfall Mitarbeiter der StEB, der DLRG, vom THW, der Rheinenergie, der Polizei oder gar der Bundeswehr im Einsatz.

In puncto Hochwasser ist Köln laut Experten also sowohl infrastrukturell als auch personell gut aufgestellt. Gleichzeitig können Extremsituationen nie hundertprozentig ausgeschlossen werden, da die Fachleute aufgrund von steigenden Niederschlagsmengen im Winter aktuell davon ausgehen, dass die Risiken von hohen Rhein-Pegelständen steigen.

Auch deshalb raten die Experten der Bevölkerung im Vorfeld von drohenden Hochwasser-Szenarien, sich entsprechend zu informieren, vor allem, wenn sie in möglichen Überschwemmungsgebieten leben. Schwierig sei das nicht. Ganz im Gegenteil. Im Netz biete sich bei den StEB Köln beispielsweise im Rahmen des sogenannten Wasser-Risiko-Checks die Gelegenheit, sich für jede Kölner Adresse anzeigen zu lassen, wie groß das Risiko einer Überflutung sei und welche Maßnahmen vor Ort im Extremfall vorgenommen werden sollten. Somit könne jeder Kölner gut darauf vorbereitet sein, wenn der Rhein das nächste Mal deutlich übers Ufer tritt.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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