Kunst für Sehbehinderte
Über Worte zu Bildern

Was sonst im Museum nicht erlaubt ist, ist hier ausnahmsweise gestattet: beinahe auf „Tuchfühlung“ mit Oskar Kokoschkas „Die Heiden“ (1918).  | Foto: Mielke
  • Was sonst im Museum nicht erlaubt ist, ist hier ausnahmsweise gestattet: beinahe auf „Tuchfühlung“ mit Oskar Kokoschkas „Die Heiden“ (1918).
  • Foto: Mielke

Inklusion bedeutet, Barrieren zu beseitigen. Seit drei Jahren bietet der Museumsdienst Köln Führungen für Sehbehinderte (und deren Freunde) an. Doch wie kann das funktionieren: Kunst erfahren, wenn man blind ist oder lediglich über Sehreste verfügt?

von Priska MIelke

Köln. An diesem trüben Vormittag Anfang Februar haben sich zwei Damen und ein Herr im Foyer des Museum Ludwig eingefunden. Zwei der Teilnehmenden haben eine stark eingeschränkte Sehfähigkeit. Nachdem Julia Greipl vom Museumsdienst die kleine Gruppe begrüßt hat, geht es ins zweite Obergeschoss. Dort hängt die „Rusalka“ (russisch für Nixe, Meerjungfrau) von Natalia Gontscharowa. Das 1908 entstandene Gemälde mit seiner auf Grau-, Blau- und Grüntöne beschränkten Farbpalette und den starken Hell-dunkel-Kontrasten ist ideal für eine Führung mit sehbehinderten Personen, die meist ja noch über einen Sehrest verfügen.

An diesem Dienstag steht die Führung unter dem Thema „Haut“. Zunächst beschreibt Julia Greipl das Format des Gemäldes und beantwortet die grundlegende Frage „Was ist dargestellt?“, dann folgt ein reger Austausch.

Weiter geht es zu Ernst Ludwig Kirchners „Halbakt mit Hut“ (1911). Hier werden Farben verwendet, die man gemeinhin nicht als „Hautfarben“ bezeichnen würde, und trotzdem entsteht der sinnliche Eindruck einer sehr zarten, samtweichen Körperoberfläche. „Welcher Dame würden Sie lieber über die Haut streichen?“, fragt Julia Greipl in die Runde. Die Meinung ist einhellig: der unter ihrer blauen Hutkrempe etwas verschämt dreinblickenden Dame. Noch zwei weitere Gemälde von Oskar Kokoschka und Otto Dix stehen auf dem Programm, und es ist erstaunlich, wie gut sich die Wahrnehmungen der Teilnehmenden zu einem Gesamtbild ergänzen.
Solche „intensiven Gesprächsführungen“ für Sehbehinderte finden an jedem ersten Dienstag im Monat im Museum Ludwig und an jedem zweiten Dienstag im Monat (jeweils 11 bis 12.30 Uhr) im Wallraf-Richartz-Museum statt. Infos und Anmeldung unter service.museumsdienst@stadt-koeln.de.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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