Der Pegel des Stroms sinkt immer weiter
Der Rhein läuft ein

Der Rhein führt derzeit so wenig Wasser, dass Ruinen zum Vorschein kommen: Hier Pfeiler der „Patton-Brücke“, die im Sommer 1946 eröffnet wurde. Die feste Behelfsbrücke der Amerikaner befand sich von 1946-1951 auf Höhe der Bastei und dem Rheinpark in Deutz. | Foto: Alexander Büge
  • Der Rhein führt derzeit so wenig Wasser, dass Ruinen zum Vorschein kommen: Hier Pfeiler der „Patton-Brücke“, die im Sommer 1946 eröffnet wurde. Die feste Behelfsbrücke der Amerikaner befand sich von 1946-1951 auf Höhe der Bastei und dem Rheinpark in Deutz.
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Mehr Trockenheit geht kaum: Im Monat März gab es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 nur ein Jahr mit weniger Niederschlag. Bis Mitte April setzte sich dieser Trend fort. Die Folgen sind vor allem am Rhein unverkennbar. Sichtbar dünner geworden, plätschert er träge durch Köln. Sogar die Überreste einer amerikanischen Nachkriegs-Behelfsbrücke sind wieder zu sehen. Doch nicht nur deshalb ist der aktuelle Pegelstand von 1,44 Meter (Stand Montag, 14. April) historisch.

von Alexander Büge

Deutz. Denn tatsächlich führte der Rhein im Monat April zuletzt vor mehr als 100 Jahren weniger Wasser als heute – was das Ausmaß der aktuellen Trockenheit eindrucksvoll verdeutlicht. „Es gab bereits wesentlich tiefere Pegelstände, aber während dieser Jahreszeit nur sehr selten“, erklärt Jörg Uwe Belz, Diplom-Geograph der Bundesanstalt für Gewässerkunde im Gespräch mit EXPRESS – Die Woche. „Für diese Jahreszeit haben wir aktuell den niedrigsten Pegelstand seit 1921 und den zweitniedrigsten seit dem Jahr 1901.“

Ob deshalb bald auch der Allzeit-Tiefststand des Kölner Pegels von 69 Zentimetern unterboten wird, ist derzeit allerdings schwer zu sagen. Denn dafür müsste es wohl noch einige weitere trockene Wochen geben, so wie in den Rekordjahren 2018 (69 Zentimeter am 23. Oktober 2018) oder 2022 (71 Zentimeter am 16. August 2022).

„Wenn wir künftig eine Phase mit etwas mehr Niederschlag haben, könnte sich die Situation wieder normalisieren“, erklärt Belz. „Zudem kommen die Niederwasserereignisse in Köln meist im Spätsommer oder im Herbst vor.“
Dass der Rekord in diesem Jahr dennoch gebrochen wird, hält Kölns Hochwasserexperte Reinhard „Riku“ Vogt aber keinesfalls für unmöglich. „Ich rechne damit, dass der Pegel weiter runtergeht. Selbst wenn es jetzt mal kleinere Regenfälle gibt, werden diese nicht für eine Änderung der Tendenz sorgen“, sagt Vogt. „Es wäre nichts besonderes, wenn auf diesen trockenen Frühling ein nicht so regenreicher Sommer folgt. Dann könnten wir im Juli oder August den absoluten Niedrigwasserstand erreichen.“

Heißt: Auf die Schifffahrt kämen weitere Probleme hinzu. Schließlich können Schiffe bereits bei dem aktuellen Pegelstand nur noch mit circa 50 Prozent ihrer eigentlichen Ladung fahren. Und das, obwohl die Fahrrinne in Köln exakt 111 Zentimeter tiefer liegt als der eigentliche Rheinpegel.
„Wir haben aktuell mehr Schiffe auf dem Rhein als sonst, da die selbe Last nun auf mehrere Schiffe verteilt werden muss“, erklärt Belz. „Bei der Kalkulation müssen Unternehmen das einplanen, auch wenn es die sogenannten Kleinwasserzuschläge gibt.“ Aus diesem Grund arbeiten einige Hafenbetreiber bereits mit tiefgangoptimierten Schiffen, die extra auf Niedrigwasserereignisse angepasst sind.

Doch die niedrigen Pegelstände sind nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht ein Problem, da das Wasser aktuell deutlich stärker verschmutzt ist sonst. Logisch: Wenn der Rhein weniger Wasser führt, ist die Konzentration der Schadstoffe höher. Und das wiederum ist nicht optimal für einige Fisch- und Pfanzenarten.
Was die Schifffahrt sowie die Umwelt vor Probleme stellt, freut hingegen die Geologen. Schließlich lassen sich am Rhein bei Niedrigwasser wahre Schätze finden. Sogar Gold kommt am Rheinufer laut Experten in geringen Mengen vor. „Es wurde bei der Bildung des rheinischen Schiefergebirges vor 400 Millionen Jahren von heißem Wasser aus dem Erdinneren nach oben in die umliegenden Gebirge gespült“, erklärt der Kölner Geologe und Naturführer Sven von Loga. Große Nuggets könne man aber nicht finden. Vielmehr handele es sich um winzige Flöckchen, die man mit einer Pipette nach dem Waschen einsammeln könne. Reich werde man dadurch aber nicht.

Nach Schätzen dieser Art zu suchen, habe dennoch seinen Reiz. „Wer die Augen aufmacht, findet fast immer etwas“, sagt von Loga. Fossilien seien dort beispielsweise zu finden sowie Schnecken oder Seeigel. Selbst Mammutzähne habe er schon entdeckt. Auch für ihn ist das aktuelle Niedrigwasser deshalb etwas ganz Besonderes.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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