NS-DOK: Wohnungslose im Nationalsozialismus
„Betteln polizeilich verboten"

Im Gewölbe des Hauses informieren Stelen über die Ausgrenzung und Verfolgung von Wohnungslosen im NS-Regime. | Foto: ha
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(ha). Das NS-DOK zeigt in Zusammenarbeit mit dem
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. im Gewölbe des
EL-DE-Hauses (Appellhofplatz 23-25) bis zum 8. Juli die
Sonderausstellung „Wohnungslose im Nationalsozialismus“. Das
Konzept wurde von der Bundesarbeitsgemeinschaft bereits 2004
realisiert. Zahlreiche Stelen informieren über die Ausgrenzung,
Kriminalisierung und politische Verfolgung von Menschen, die vom
Regime als „andersartig“, „faul“ oder „arbeitsscheu“
eingestuft wurden.

Neben der Einweisung in sogenannte Arbeitshäuser drohte den Menschen
im Fadenkreuz der Behörden Zwangssterilisierung, KZ-Haft und
gewaltsamer Tod. Die Zahl der internierten Bettler, Obdachlosen und
Nichtsesshaften im „Dritten Reich“ beziffert das
NS-Dokumentationszentrum auf schätzungsweise 10.000 Menschen.

„Obdachlose standen außerhalb der Gesellschaft. Die Gründe für
ihre Obdachlosigkeit wurden nicht reflektiert. Der NS-Staat hat
Begriffe wie asozial und gemeinschaftsfremd juristisch etabliert. Dies
ermöglichte eine umfangreiche Verfolgung. Noch bis 1965 gab es in
Deutschland die Arbeitshäuser, in die Bettler oder Obdachlose
eingewiesen werden konnten. ,Landstreicherei‘ wurde als Delikt erst
1974 aufgehoben“, sagte Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes.

Auch 2018 sei Gewalt gegen Wohnungslose ein Teil der Realität in
Deutschland, so die Politikerin.  
Ausstellungsmitinitiator Andreas Sellner vom Verein
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe erinnerte an die
nationalsozialistischen Versuche, den sogenannten „Wandertrieb“
als genetisch vererbbar zu propagandieren, um Ängste und Vorbehalte
in der Gesellschaft zu schüren. „Wir wollen mit der Ausstellung
daran erinnern, wie man mit schwachen Menschen umgegangen ist. In
einem freien, demokratischen Staat kann man auch betteln. Ob man etwas
gibt, ist Ihre Entscheidung “, wandte sich Sellner an die Zuhörer.

Im Rahmen der Eröffnung setzte sich der Leiter des
NS-Dokumentationszentrums, Werner Jung, für ein Denkmal in der
Domstadt ein, das an die Opfer jener Verfolgungen erinnert.

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