Rauchmelder
Kleiner Lebensretter

Rauchmelder sind seit 1. Januar 2017 in allen Wohnungen in Nordrhein-Westfalen Pflicht. | Foto: Michael Stifter - Fotolia
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Kreis Euskirchen/Roitzheim - Willi Scheidhauer raucht immer noch der Kopf. Gleich drei Angebote
habe er eingeholt, viele Gespräche mit Behörden und seinem
Schornsteinfeger geführt. Sogar bei der Euskirchener Feuerwehr war
der Roitzheimer. Wesentlich schlauer war er nach allen Terminen nicht.
„Mal wollte man mir 19, mal vier, schließlich sogar 30 Rauchmelder
andrehen. Ich bin fast verrückt geworden. Und das alles wegen der
Rauchmelderpflicht“, sagt der 76-jährige Rentner.

Seit dem 1. Januar müssen auch in bestehenden Wohnungen Rauchmelder
installiert sein. Bei Neu- und Umbauten galt diese Verordnung bereits
seit dem 1. April 2013. Nach Paragraph 49, Absatz 7 der
Landesbauordnung NRW war bis zum Jahreswechsel nun in allen
Schlafräumen, Kinderzimmern und Fluren, über die Rettungswege von
Aufenthaltsräumen führen, ein Rauchmelder einzubauen.

Doch die Theorie ist in der Praxis nicht so leicht umzusetzen –
zumindest nicht im Bungalow Scheidhauers. Allein unter der
Wohnzimmerdecke verlaufen sieben Balken mit einer Dicke von 26
Zentimeter, die die Decke in Segmente einteilen. „Wenn ich auf einen
Experten gehört hätte, bräuchte ich allein für jeden Bereich
zwischen den Balken einen Rauchmelder“, erklärt der Rentner. Bei
einer Ortsbesichtigung habe der Experte zudem ausgerechnet, dass es
aus dem Schlafzimmer des Rentners drei Fluchtwege ins Freie gebe. Auch
hier müssten also laut Landesbauverordnung Rauchmelder hin. „Ich
renne aber doch nicht im Kreis, wenn es brennt. Mir reicht ein
Fluchtweg vollkommen aus“, sagt Scheidhauer. Das habe auch ein
anderer Brandschutzexperte so eingeschätzt. Scheidhauer: „Der stand
plötzlich vor meiner Tür und wollte mich beraten. Ich habe ihn auch
mal machen lassen.“ Ergebnis: Der 76-Jährige brauche neun
Rauchmelder und einen Kohlenmonoxid-Messer für das Wohnzimmer, da
dort ein Ofen steht.

„Die Rauchmelder sollten pro Stück 250 Euro kosten. Der Co-Messer
sogar 500 Euro, alles zusammen 2750 Euro. Die Dinger kommunizieren
miteinander und mit mir. Das kostet eben Geld“, sagt Scheidhauer
süffisant. Hätte er sich für diese Variante entschieden, hätte er
eine Nachricht auf sein Handy bekommen, wenn es irgendwo im Haus
brennt. „Die Feuerwehr hätte ich aber noch selbst anrufen
müssen“, sagt er. Die Feuerwehr war es dann, die den
Informations-Nebel ein wenig lichtete.

„Da bin ich wirklich gut beraten worden – vor allem ohne
kommerziellen Hintergedanken. Ich glaube, dass viele Schindluder mit
der Verordnung treiben und die Leute abzocken wollen“, so
Scheidhauer. Vier Rauchmelder habe er an den Decken angebracht. Neben
dem Ofen steht seit ein paar Wochen ein Kohlenmonoxid-Melder. Dafür
erhält der Roitzheimer Lob vom Pressesprecher der Euskirchener
Feuerwehr, Torsten Wanasek: „Die meisten Brandopfer, etwa 70
Prozent, verunglücken nachts in den eigenen vier Wänden. Gefährlich
ist dabei nicht so sehr das Feuer, sondern der Rauch. 95 Prozent der
Brandtoten sterben an den Folgen einer Rauchgasvergiftung. Rauchmelder
haben sich als vorbeugender Brandschutz bewährt.“

Der Feuerwehrmann rät, die Geräte möglichst in der Mitte der
Zimmerdecke anzubringen. Damit der Rauchmelder im Ernstfall
funktioniert, müssen die Öffnungen frei sein. Tagsüber könne ein
Brandherd meist schnell entdeckt und gelöscht werden, nachts dagegen
schläft auch der Geruchssinn, so dass die Opfer im Schlaf überrascht
werden, ohne die gefährlichen Brandgase zu bemerken, so Wanasek:
„Rund 400 Menschen sterben jährlich in Deutschland durch Brände,
die meisten in Privathaushalten. Ursache für die etwa 200 000 Brände
im Jahr ist aber im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht nur
Fahrlässigkeit. Sehr oft lösen technische Defekte Brände aus. Auch
dabei retten Rauchmelder Leben.“

Wanasek betont, dass Feuerwehrleute nicht von Tür zu Tür gehen und
kontrollieren, ob Rauchmelder angebracht worden sind. Die
Pressesprecherin der Stadt Euskirchen, Silke Winter, warnt ebenfalls
vor eventuellen Betrügern: „Es sind keine Mitarbeiter der
Verwaltung unterwegs, die die Installation kontrollieren.“

Laut Karl-Heinz Büser, Axa-Versicherungen, besteht nach dem 1. Januar
voller Versicherungsschutz bei einem Brand, wenn kein Rauchmelder
installiert ist. „Bevor der wegfällt, muss es einen Hinweis der
jeweiligen Versicherung geben“, so der Experte. Auch der Zülpicher
Versicherungsfachmann (LVM) Ferdinand Nagelschmitz sagt: „Das ist
wie mit Winterreifen. Wer im Winter ohne sie einen Unfall verursacht,
ist trotzdem versichert.“

- Tom Steinicke

Rauchmelder sind seit 1. Januar 2017 in allen Wohnungen in Nordrhein-Westfalen Pflicht. | Foto: Michael Stifter - Fotolia
Der Roitzheimer Willi Scheidhauer hat sich intensiv mit der neuen Rauchmelder-Verordnung des Landes NRW beschäftigt.  | Foto: Tom Steinicke
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