Uraufführung zum Beethovenfest
Number Nine IX: Number Nine von Moritz Eggert

Strechquartett, Akkordeon-Orchester Wesseling und Mundart-Band Jedöns sowie der Komponist auf der Bühne der Bonner Oper bei der Uraufführung 999.  | Foto: Meike Böschemeyer
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  • Strechquartett, Akkordeon-Orchester Wesseling und Mundart-Band Jedöns sowie der Komponist auf der Bühne der Bonner Oper bei der Uraufführung 999.
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Bonn/Wesseling. Das schrieb der General-Anzeiger Bonn zur Uraufführung "Number Nine XI: Number Nine" des Beethoven Orchesters Bonn von Moritz Eggert am Eröffnungswochenende des Beethovenfestes Bonn: "Es geht um die Nöte eines Komponisten (Moritz Eggert). Er fühlt sich hin- und hergerissen zwischen den Erwartungen des Publikums, Nörgeleien von Kritikern und eigenem Schaffensdrang. Zweiter Hauptdarsteller: ein Musikjournalist (Axel Brüggemann, bekannt durch seinen Podcast „Alles klar, Klassik?“). ... Quälgeist ist auch das Publikum, verdorben durch zuckrige Klänge à la Hans Zimmer (oscargekrönter Hollywood-Komponist). Ein Zweiergespräch mit Brüggemann auf einem Sofa kreist um diese Themen und endet in blutigem Eklat. Eggert wird (im Video) zum Sadisten und ersetzt das Gehirn seines Kritikers durch eigene Notenblätter. Ein skurriler Moment von Machtphantasie....

Ernste Fragen, gestellt mit allerlei ironischen Winkelzügen: die Performance, die die Ausführenden boten, war ein hinreißendes Vergnügen. Am Ende („Alle Menschen werden Brüder“) allerdings stand kein Freudenausbruch. Das Motto wird durch Fotos aus zerstörten ukrainischen Städten dementiert, eine düstere Bassposaune mischt sich mit sphärischen Klängen des Chores, die Beethovensche „Freudenmelodie“ wendet sich von Dur nach Moll...
Wie schreibt Eggert im Programmheft: offene Fragen seien in der Kunst 'essenziell'.

Die Gleichberechtigung der Genres probte zuvor Eggerts Prolog-Inszenierung, ein ulkiges Mit-, Zusammen- und Gegeneinanderspielen eines Streichquartetts, der Mundart-Bänd Jedöns, dem integrativen Kültürklüngel Orkestar und dem Akkordeon-Orchester Wesseling. Fabelhaft mitreißend gespielt das alles, als Idee letztlich ein wenig plakativ. Aber das ist auch wieder so eine Kritiker-Nörgelei. Das Publikum war begeistert."

Wie alles begann

Im März 2022 rief Dr. Solveig Palm vom Netzwerk Ludwig von B. Amateurensembles aus Bonn und Umgebung zur Beteiligung bei einem ganz besonderen Musikprojekt unter dem Arbeitstitel "Nine, Nine, Nine" im Rahmen des Beethovenfestes Bonn auf. Es sollte eine Komposition des in München lebenden Komponisten Moritz Eggert mit Videos und Moderationen von Axel Brüggemann uraufgeführt werden - mit dem Beethoven Orchester Bonn und dem Kölner Kartäuserchor unter Dirk Kaftan im Opernhaus Bonn. Es sollte eine multimediale, interdisziplinäre und augenzwinkernde Referenz auf Beethovens 9. Sinfonie werden. Der „weltumarmende Gestus“ des berühmtesten Orchesterwerkes von Ludwig van Beethoven sollte sich auf der Bühne manifestieren, indem ein klassisches Orchesterkonzert mit Chor allmählich immer weitere Ebenen und Mitwirkende bekommt. Durch Videos sollte außerdem die Bonner Außenwelt „zugeschaltet“ werden. Der Komponist wollte dabei mit Klängen und Fragmenten aus dem Repertoire der Ensembles arbeiten.

Und das Akkordeon-Orchester Wesseling hat sich beworben mit zwei Videos "Celebration" und "A Fifth Of Beethoven" aus dem Jahreskonzert 2021, das ursprünglich 2020 zum 55-jährigen Bestehen des Vereins und im Beethovenjahr geplant war unter dem Motto "Nicht nur Beethoven feiert Jubiläum". Im April kam dann die Zusage vom Beethovenfest Bonn. 

Wie es weiterging

Danach passierte lange nichts. Mitte Juli nahm dann  die musikalische Leiterin Anita Brandtstäter direkt Kontakt mit Moritz Eggert auf, um die Beteiligung konkret abzustimmen. Er erläuterte, es solle eine sehr dichte und verrückte Kollage entstehen: Die drei ausgewählten Ensembles und das Streichquartett reagieren nach Klicktrack auf die Einsätze des Komponisten. Manche dieser Einsätze werden extrem kurz sein, vielleicht ist es nur ein einzelner Akkord oder wenige Sekunden Musik. Weil ein reines Ausschnittspielen bei gleichzeitig anderer erklingender Musik etwas unbefriedigend sein kann, aber in der Gesamtwirkung sehr interessant, da Musikteile verschiedener Stile in kurzer Folge aufeinandertreffen, soll außerdem jedes Ensemble etwa zwei Minuten alleine auf der Opernbühne gestalten.

Parallel sollte für die Konzeption des Auftragswerkes Sinfonie Nr. 999 "Die Bönnsche" 99 Video-Ausschnitte von Bonner Musiker*innen, Bands und Ensembles zusammengetragen werden, die die Live-Performance ergänzen. Diese ursprüngliche Riesenkollage musste leider ausfallen, da der Video-Part von der Organisation des Beethovenfestes weder personell noch finanziell bewältigt werden konnte.

Da sich die drei Amateurensembles aber schon den Termin freigehalten hatten, sollte stattdessen ein "Prolog" zur zweiten in dieser Matinee geplanten Uraufführung "Number Nine IX: Number Nine" entstehen. Es wurde also keine eigenständige Komposition mehr, sondern eine Inszenierung des Komponisten mit organisierten Auf-und Abtritten in der leeren Bestuhlung des Orchesters.

Proben

Für den Prolog gab es dann zunächst am Mittwoch vor der Konzertmatinee eine szenische Trockenprobe ohne Instrumente in der Bonner Oper mit Moritz Eggert und Axel Brüggemann sowie Vertretern aller drei Amateurensembles nach einer Regieanweisung des Komponisten.

Außerdem kam Moritz Eggert am Donnerstagabend in die Aula Gartenstraße, um in einer Probe die genauen Ausschnitte festzulegen - wo sollte das Orchester alleine spielen, wann beginnen die anderen Ensembles, wo läuft etwas parallel. Das Orchester sollte sich zunächst mit dem "Mambo Tango" von Matthias Anton und Hans-Günther Kölz vorstellen, aus dem Medley "Peter Kreuder a la Carte" im Arrangement von Alois Breitfuß spielte es dann den Schlager von Marika Röck "Eine Insel aus Träumen geboren" und zum Abschluss erklang "Bella Ciao" im Arrangement von Bernd Glück - wobei da zum Schluss alle Ensembles parallel Musik machen sollten.

Schließlich standen alle dann am Samstagmorgen das erste Mal auf der Opernbühne zur Generalprobe, in der der Prolog in zwei Durchgängen geprobt wurde und auch der Übergang zum anschließeden Auftritt des Beethoven Orchesters Bonn.

Auftritt

Und am Sonntag klappte auf der Bühne alles gut - die Akustik war bei einem gefüllten Saal viel besser als bei der Generalprobe. Mitarbeiter des Beethovenfestes und der Oper unterstützten bestens. Nachdem das Streichquartett Beethoven spielte und durch Mitglieder des Kulturklüngel Orkestars dabei gestört wurde, nahmen 10 Aktive des Akkordeon-Orchesters Platz auf den vorderen Plätzen des Beethoven Orchesters - zwischen dem Streichquartett: 2 1. Stimme, 2 2. Stimme, 2 3. Stimme, 1 4. Stimme, 1 Kontrabass, 1 Schlagzeug mit "kleinem Besteck" und 1 Pianistin. Und Anita Brandtstäter am Dirigentenpult. Noch parallel zum Streichquartett begann der "Mambo Tango". Danach Songs vom Kültürklüngel Orkestar und der Mundart-Band Jedöns. Die anderen Musiker*innen agierten als begeistertes Publikum. Am Ende der "Insel aus Träumen geboren" des Akkordeon-Orchesters das "Bonn-Lied" von Jedöns mit Super Stimmung auf der Bühne und im Saal. Ergreifende Musik wieder vom Streichquartett, in die hinein das Akkordeon-Orchester zunächst die Melodie von "Bella Ciao" summte. Parallel zum Streichquartett dann das italienische Partisanenlied, Jedöns fing kurz darauf mit dem dritten Song an, das Kültürklüngel Orkestar spielte aus der Loge - totales musikalisches Chaos. In die immer lauter werdende Klangkulisse traten die Orchestermusiker auf, verdrängten die Amateurmusiker und setzten sich auf ihre Plätze. Der Konzertmeister rief "psst" zu den Musikern in der Loge, und das Orchester stimmte.

Insgesamt eine tolle Erfahrung, mit Profis zusammenzuarbeiten, die anschließend ganz begeistert vom Ergebnis waren, auch wenn es ganz anders als ursprünglich geplant lief.

LeserReporter/in:

Anita Brandtstäter aus Köln

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